Mit Ironie gegen den Fremdenhass

Hannover · Immer mehr Gegner der islamfeindlichen Initiative Pegida gehen auf die Straßen. So ernst das Thema ist, besonders im Netz nehmen immer mehr Kritiker die ausländerfeindliche Gruppierung mit Spott und Häme aufs Korn.

Schneegida, Hogida, Frigida: Der Protest gegen die islamfeindliche Pegida hat im Internet ein überaus kreatives Eigenleben entwickelt. Unter Namen wie #Hogida oder #Schneegida schütten Nutzer sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter Kübel von Spott, Ironie und Häme über die selbsternannten Patrioten und Islamkritiker aus. Damit verlässt der Gegenprotest nicht nur die Straßen und Plätze, wo er deutschlandweit jeden Montag mehr Menschen bei Demonstrationen vereint. In der Anonymität des Netzes bringt er besonders einfallsreiche Kreationen zutage.

Sieben findige Fans der "Herr der Ringe"-Trilogie aus der Gegend um Stuttgart haben etwa den Pegida-Protest "Hogida - Hobbits gegen die Isengardisierung des Auenlandes" inzwischen bis in die fiktive Welt von Mittelerde getragen. Mit ironischen Kommentaren, Fotos und Bildmontagen warnen sie auf der gleichnamigen Facebook-Seite nicht etwa wie die Pegida vor einer "Islamisierung des Abendlandes", sondern vor der Bedrohung des Auenlandes, der Heimat der Hobbits Frodo und Bilbo Beutlin aus der Feder des britischen Schriftstellers John Ronald Reuel Tolkien .

Die "Hogida"-Idee sei zufällig an einem "Hobbit-Abend" entstanden, sagt Mit-Initiator Tom Schmid. Von der folgenden Resonanz seien dann aber alle überrascht gewesen: Nur zwei Tage nach der Gründung gab es 5000 "Gefällt mir"-Angaben an einem Tag - inzwischen verbucht die Seite mehr als 24 000 dieser Beifallsbekundungen. "Offensichtlich haben wir einen Nerv getroffen. Zum einen politisch, aber auch unterhalterisch. Wir sind ganz offensichtlich nicht alleine - und das tut gut", erklärt sich Schmid den Erfolg.

Für den Medienwissenschaftler Wilfried Köpke von der Hochschule Hannover basieren der Zuspruch und das Engagement auch auf der Anonymität des Netzes. "Man muss hier keine Angst haben, für seine Meinung unmittelbar diskriminiert zu werden, da man nicht wie in der realen Welt automatisch erkennbar ist", sagt er. Diese Sicherheit erlaube dann auch besonders kreative Formen des Spotts.

Das Phänomen hat sich schon im Dezember beim Wintereinbruch im #Schneegida-Protest gezeigt. Unter dem Kürzel sendeten passend zum Wintereinbruch Twitterer zahllose ironische Seitenhiebe auf die Pegida, AfD und deren Überfremdungsängste: "Wie viel Schnee kommt denn da noch, bevor man beginnt ihn (ab)zu schieben", schreibt etwa @Histaminer und @inschka twittert: "Ich habe nichts gegen Schnee, solange er sich an unser Klima anpasst und Regen ist."

Für den Soziologen Christian Papsdorf von der Technischen Universität Chemnitz bietet das Internet "eine besondere Ventilfunktion, mit der eine Meinung besonders schnell kommuniziert werden kann". Interessant sei in diesem Kontext, dass es inzwischen bereits ein Wechselspiel zwischen dem Protest im Internet und auf der Straße gebe. Dies zeigt sich etwa, wenn Slogans aus dem Netz bei den Demonstrationen auch auf Schildern auftauchen. Fotos davon würden wiederum im Internet veröffentlicht.

Dies gilt sicher auch für den Protest, der sich unter dem Kürzel Frigida im Netz formiert. Die "neue dreisilbige Bürgerinitiative" ruft ironisch zu Massenprotesten auf, an denen sich die frustrierte, stetig wachsende Mehrheit in der Bevölkerung beteiligen solle. Neben der "Entfrustifizierung" fordert sie die bundesweite Aufgabe der Hoffnungslosigkeit und augenzwinkernd die Abkehr vom Euro - ein Seitenhieb auf die AfD.

"Man darf uns ruhig als den zweiten Wecker betrachten, nachdem man den ersten verschlafen hat", erklären die Hogida-Macher ihren Ansporn. "Wir können einfach nicht dafür sein, und schon gar nicht ruhigbleiben, wenn in unserem Land menschenverachtende Inhalte in so plakativer Manier verbreitet werden."

facebook.com/hogidas

twitter.com/schneegida

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