Wettbewerbshüter schreiten ein Kartellamt legt Facebook an die Leine

Bonn · Das soziale Netzwerk hat durch seine Datensammlung einen unfairen Wettbewerbsvorteil, erklärt die Bonner Behörde.

 Facebook will seine Nutzer immer weiter vernetzen. Das Bundeskartellamt will die Datensammlung des Konzerns nun einschränken.

Facebook will seine Nutzer immer weiter vernetzen. Das Bundeskartellamt will die Datensammlung des Konzerns nun einschränken.

Foto: picture alliance / dpa/Jens Wolf

Das Bundeskartellamt hat Facebook untersagt, außerhalb des eigenen Online-Netzwerks Daten zu sammeln, weil es darin einen unfairen Wettbewerbsvorteil sieht. Facebook besitze in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung und missbrauche sie, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt.

Nach dem Verbot dürfe Facebook Daten, die das Netzwerk auf fremden Internetseiten gesammelt hat, nicht mehr mit Informationen zusammenführen, die bei den Nutzern auf der eigenen Plattform erhoben werden. Die Behörde betrachte dabei etwa auch die Fotoplattform Instagram und den Kurznachrichtendienst WhatsApp, die ebenfalls zum Konzern gehören, als unerlaubte Drittquellen. Facebook könne dort zwar weiterhin Daten sammeln, dürfe sie aber nicht mit seinen Nutzerprofilen verknüpfen, urteilte das Kartellamt.

Das Online-Netzwerk habe nun zwölf Monate Zeit, sein Verhalten zu ändern und müsse innerhalb von vier Monaten Lösungsvorschläge präsentieren. Innerhalb eines Monats könne das Unternehmen Beschwerde gegen die Entscheidung des Kartellamts beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen. ­Facebook machte bereits deutlich, dass es sich vor Gericht wehren wolle.

Der Konzern argumentierte, dass das soziale Netzwerk zwar beliebt sei, aber keine marktbeherrschende Stellung habe. Das Unternehmen bestritt zudem, dass es gegen die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoße. Außerdem seien für die Aufsicht über ihre Einhaltung die Datenschutzbehörden und nicht Wettbewerbshüter zuständig. Facebook widersprach auch der Ansicht der Behörde, konzerneigene Plattformen wie ­WhatsApp und Instagram als fremde Datenquellen zu behandeln.

Das Bundeskartellamt machte deutlich, dass es bei seiner Untersuchung nur um jene Daten gehe, die Facebook außerhalb des eigenen Netzwerks sammele. Informationen, die bei der Nutzung von Facebooks eigener Plattform anfallen, seien bisher ausdrücklich nicht Gegenstand der Untersuchung, betonte die Bonner Behörde.

Facebook erhebe Daten etwa mithilfe der „Gefällt-mir“-Taste, mit der Nutzer des Netzwerks deutlich machen können, dass ihnen ein Beitrag auf der Plattform gefällt. Andere Unternehmen können auf ihren Seiten und Apps diesen Knopf ebenfalls integrieren. Wenn Nutzer diesen Schalter betätigen, erhalte der Konzern aus Menlo Park zusätzliche Daten, die das Netzwerk für Werbezwecke verwende, so die Behörde. Als problematisch sehen die Wettbewerbshüter ebenfalls den Dienst Facebook Analytics an, mit dessen Hilfe Werbekunden genaue Einblicke in das Verhalten der Nutzer erhalten könnten.

Ein zentraler Kritikpunkt des Kartellamts ist, dass Nutzer der Datenerhebung „als Gesamtpaket“ zustimmen müssten, um Facebook überhaupt nutzen zu können. Die fremden Daten verknüpfe das Netzwerk dann mit Informationen über die Nutzer von seiner Plattform. Das Kartellamt sieht darin gleich mehrere Probleme. Zum einen könne sich der Nutzer der Zusammenführung der Daten nicht entziehen, weil er angesichts der Marktmacht wenig Alternativen zu Facebook habe. Deshalb betrachteten die Wettbewerbshüter auch die Einwilligung zur Datenverarbeitung als nicht wirksam. Um auf fremden Internetseiten Daten zu sammeln, müsste das soziale Netzwerk zunächst von jedem Nutzer eine explizite Einwilligung einfordern, betonte das Bundeskartellamt.

Aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung werde Facebook auch „für Werbekunden immer unverzichtbarer“, urteilte die Behörde. Das könne dem Wettbewerb und den Werbekunden schaden, die auf einen „mächtigen Anbieter“ träfen. Der Konzern argumentierte im Gegenzug, dass Nutzer der Verwendung der auf anderen Seiten erhobenen Daten zur Personalisierung der Werbung widersprechen könnten.

Facebooks Vormachtsstellung ergibt sich nach Ansicht des Kartellamts dadurch, dass das Unternehmen auf dem Marktplatz für soziale Netzwerke keinen Konkurrenten habe. Dabei zählte das Amt Berufsnetzwerke wie Xing und ­LinkedIn, sowie Kurznachrichtendienste wie WhatsApp, aber auch Plattformen wie Snapchat, Twitter oder YouTube nicht dazu. „Zu Facebook gibt es aus unserer Sicht keine Alternativen“, sagte Mundt.

Bei Netzwerken, die ähnlich wie Facebook funktionieren, waren in den vergangenen Jahren diverse Konkurrenten wie StudiVZ oder Google+ nach und nach in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Aus Sicht von Facebook müssten aber die anderen sozialen Medien, die das Kartellamt außen vor lässt, mit in die Betrachtung einbezogen werden.

Facebook hat in Deutschland laut eigenen Angaben rund 30 Millionen Nutzer, die mindestens einmal im Monat aktiv sind. 23 Millionen Menschen greifen täglich auf den Dienst zu. Das Online-Netzwerk argumentierte, 40 Prozent der Nutzer sozialer Medien verwendeten Facebook gar nicht, das habe auch das Bundeskartellamt selbst festgestellt.

Die Wettbewerbshüter begründeten ihre Einschätzung der Marktbeherrschung unter anderem mit „Netzwerkeffekten“. Sprich, wo bereits viele Nutzer sind, kämen weitere hinzu. Außerdem falle es vielen Anwendern schwer, einen Dienst zu verlassen, wenn es keine Alternativen gebe, argumentierte die Bonner Behörde.

Facebook gab im Gegenzug zu Bedenken, dass der Konzern die fremden Daten auch nutze, um die Sicherheit der eigenen Plattform zu gewährleisten. Zum Beispiel könnten so gefälschte Nutzerprofile entlarvt werden, behauptete das amerikanische Unternehmen.

Das Online-Netzwerk geriet zuletzt in die Kritik, als es ankündigte, die Kurznachrichtendienste ­WhatsApp und Facebook Messenger sowie die Kommunikationsfunktion von Instagram zusammenlegen zu wollen. Ebenfalls Kritik hagelte es, als bekannt wurde, dass Facebook zahlreiche Nutzer, auch Minderjährige, für den Zugriff auf ihre persönlichen Daten bezahlt hatte.

(dpa)
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