Jugendliche programmieren um die Wette

Berlin · Beim Informatik-Wettbewerb „Jugend hackt“ sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Ein Wochenende lang überboten sich Jugendliche mit ihren Ideen. Heraus kam Kreatives und Nützliches: Vom Anti-Überwachungs-Armband bis zur App, die den nächsten Mülleimer ortet.

Simon bewertet sein Projekt bescheiden: "Wir hatten ungefähr einen Tag Zeit, dafür ist es ganz gut geworden", sagt der 15-Jährige. Er und seine Mitstreiter haben einen Mini-Computer auf Rollen gebastelt, der vorwärts und rückwärts fahren kann. Eigentlich sollte der Roboter noch einen Schwenkarm bekommen, doch dazu reichte die Zeit nicht mehr. Dafür haben die fünf Jungs die Einzelteile selbst gebaut und eine Fernsteuerung per Computer entwickelt. Gar nicht schlecht für einen Tag.

Nun steuert das kleine Gefährt über einen Tisch in dem Berliner Jugendhaus, wo insgesamt 120 Jugendliche am Wochenende an ihren Apps und Rechnern gewerkelt haben. "Die Idee war, einen günstigen Roboter für Schulen zu entwickeln", erzählt Simons Teamkollege Joschua. Die Jugendlichen haben mehrere einfache PCs verbunden und können den Roboter nun per Computereingabe steuern. "Ich finde ihr Projekt wirklich beeindruckend", sagt der Mentor der Gruppe, Nicco Kunzmann. Kunzmann studiert Informatik , ihn konnten die Jugendlichen während ihres Projekts um Rat fragen. Doch programmiert haben sie alleine: "Ich habe die Tastatur nicht angefasst, die haben alles selbst getippt."

Der Mini-Computer mit fahrbarem Untersatz ist eines von Dutzenden Projekten, die die Teilnehmer in kurzer Zeit zusammengebaut haben. "Jugend hackt" heißt das Programm, das von der Open Knowledge Foundation organisiert wird. Informatikinteressierte Jugendliche sollten ein Wochenende lang Gleichgesinnte kennenlernen und gemeinsam ihre Ideen umsetzen. "Wir haben keine Vorgaben gemacht", sagte Projektleiterin Maria Reimer. Nach dem Kennenlernen am Freitag bastelten die Teams den ganzen Samstag lang an ihren Ideen.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Lisa und Larissa haben eine App programmiert, die anzeigt, wo in Berlin man seinen Müll loswerden kann. Mülleimer, Glascontainer oder Sammelstellen der Stadtwerke werden nach wenigen Fingertipps auf einer Karte angezeigt. "Nur Larissa hatte schon Erfahrungen mit App-Entwicklung", sagt Lisa. Bis ein Uhr nachts haben sie getüftelt, immer wieder online nach Tipps gesucht. "In letzter Minute haben wir's dann hingekriegt." Am Ende gewann ihre Gruppe sogar den Preis für das beste Design.

Ebenso wie andere Teilnehmer will Lisa zuhause an dem Projekt weiterarbeiten. Die 18-Jährige wird sich bald sogar noch häufiger mit Informatik beschäftigen: Kommende Woche beginnt sie ihr Studium am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut.

Das Hacking-Wochenende ermunterte die Jugendlichen, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. "Der Bedarf an Informatikern ist groß", sagte Organisatorin Reimer. Informatik wird nicht an allen Schulen angeboten, Pflichtfach ist es nur in Bayern und Sachsen. Projekte wie "Jugend hackt" wollen diese Lücke füllen. Im vergangenen Jahr fand das Programm zum ersten Mal statt, in diesem Jahr hat sich die Teilnehmerzahl verdoppelt. Immerhin 20 Prozent der Teilnehmer waren weiblich, viele konnten bereits programmieren und lernten am Wochenende Neues dazu.

"Man trifft hier Leute in seinem Alter, die sich für ähnliche Dinge interessieren", sagte die 16-jährige Zora. Ihre Gruppe hatte die Zeit genutzt, um ein vernetztes Armband zu erstellen. Ein Sensor in dem weißen Reif ist per Bluetooth mit einer Smartphone-App verbunden. Kommt der Träger in die Nähe einer Überwachungskamera, vibriert das Armband. "Die Daten haben wir aus Open Street Map heruntergeladen, Überwachungskameras waren da alle markiert", erklärte Zoras Teamkollege Jakob. Mit ihrem Armband wollen sie das Thema Überwachung spürbar machen. Gleichzeitig können sie sich auch andere Funktionen vorstellen: Beispielsweise könnte man sich vor dem nächsten Supermarkt von dem Armband ans Einkaufen erinnern lassen. Mit ein paar Programmierkenntnissen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

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