Tierheime im Internet Hund sucht Herrchen im Internet

Homburg · In virtuellen Steckbriefen präsentieren Tierheime ihre Schützlinge. Das kann bei der Vermittlung helfen.

 Auch Katzen werden über digitale Steckbriefe vermittelt. 

Auch Katzen werden über digitale Steckbriefe vermittelt. 

Foto: dpa/Henning Kaiser

„Kalle ist ein temperamentvoller Junghund, der gerne noch etwas Erziehung genießen möchte. Er ist eine gelungene Mischung… und vor allem ist er einfach Terrier.“ Mit diesen Worten präsentiert das Homburger Tierheim den Rüden Kalle auf seiner Webseite. Immer öfter wird das Internet genutzt, um für Hund, Katze und Co. ein neues Zuhause zu suchen. Hierfür legen Tierschutzvereine und -heime digitale Steckbriefe ihrer Schützlinge auf ihren Webseiten an. Interessenten können dadurch noch vor einem Besuch wichtige Informationen über das Alter, die Herkunft und die Eigenschaften der Tiere erfahren. Das soll bei der Auswahl helfen. Durch die Informationen können sich Tierfreunde direkt mit dem Namen ihres Wunschtiers an das Tierheim wenden. So sollen die oft ehrenamtlichen Helfer entlastet werden.

Mit Hilfe der digitalen Steckbriefe werden die Tiere nach Art, Rasse, Alter und Geschlecht, möglichen Krankheiten und Charaktereigenschaften vorgestellt. Ebenso wird auf ihre Vorgeschichte eingegangen. Bilder oder Videos ergänzen die Daten. „Der Mix aus allgemeinen und spezifischen Informationen kann es leichter machen, sich einen Überblick über die Tiere zu verschaffen und eine Vorauswahl zu treffen“, erklärt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund.

Peta Deutschland und der Deutsche Tierschutzbund begrüßen das Angebot der Porträts im Internet. Durch die digitale Präsenz könnten mehr Menschen erreicht werden. So ist eine Adoption quer durch das ganze Land denkbar. Lea Schmitz ist der Meinung, dass durch das digitale Angebot das Gefühl für die tatsächliche Masse an Tierheimtieren geschärft werden kann. Es sei prima, wenn auf diese Weise mehr herrenlose Tiere ein neues Zuhause finden. Laut Jana Hoger von Peta warten ständig rund 300 000 Vierbeiner in Heimen auf ein neues Zuhause.

Das Tierheim in Homburg nutzt die Unterstützung im Internet. Dennoch steht Marion Schinkmann-Heppekausen, erste Vorsitzende des Tierheims, der Präsentation der Tiere im Internet kritisch gegenüber. Sie berichtet aus eigener Erfahrung, dass die Veröffentlichung von Informationen über das Tier im Internet die Chancen auf eine erfolgreiche Vermittlung nicht automatisch steigern würden. Auch das Gegenteil könne der Fall sei. „Oft schreckt es die Menschen ab, wenn sie das Wort ‚Krankheit‘ im Streckbrief lesen, obwohl wir im nächsten Satz erklären, was genau das für Tier und künftigen Besitzer bedeutet.“ Nach einem persönlichen Gespräch seien Interessenten meist offener gegenüber erkrankten Tieren, gibt die Vorsitzende des Tierheims an. „Für eine erste Auskunft sind die Porträts auf unserer Webseite eine gute Idee. Sie ersetzen aber kein gegenseitiges Kennenlernen von Mensch und Tier in der Realität.“, betont Schinkmann-Heppekausen.

Die Meinungen der Tierheimvertreter gehen bei diesem Thema auseinander. Maurice Schäfer vom Tierschutzverein Bingen berichtet, dass das Tierheim bereits jahrelang mit dem Onlineangebots erfolgreich sei. Durch die Steckbrief fänden die Vierbeiner in den meisten Fällen eine dauerhafte Bleibe. „Uns werden kaum Tiere zurückgegeben. Anhand der veröffentlichten Informationen im Internet können sich die zukünftigen Besitzer einen guten Eindruck über die Katzen machen und sie gezielt aussuchen.“, erklärt Schäfer.

Der Deutsche Tierschutzbund begrüßt die Internet-Steckbriefe als besonders sinnvolles Angebot in Corona-Zeiten. Viele Tierheime haben ihre Öffnungszeiten eingeschränkt oder sind für Besucher geschlossen. Wer sich für die Adoption eines Tieres interessiert, muss vielerorts Termine vereinbaren. Um sich gezielt einen Überblick zu schaffen und zu schauen, welcher Vierbeiner oder Piepmatz zu einem passen würde, böten die Porträts auf den Internetseiten der Heime eine nützliche Hilfestellung.

Lea Schmitz betont jedoch, dass die Präsentation der Tiere auf den Webseiten keine Garantie für eine Adoption bedeutet. „Es ist möglich, dass das Tier bereits vermittelt wurde oder verstorben ist.“ Den Tierheimen fehle oft die Zeit, ihre Webseiten auf den aktuellen Stand zu bringen.

Kirsten Höfer, Leiterin des Tierheims in Koblenz, berichtet, dass die Präsentation der Tiere im Internet mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. Ihr ist es wichtig, dass die Tiere mit all ihren positiven und auch negativen Facetten gezeigt werden. Das Tierheim in Koblenz setzt auf die Hilfe einer Fotografin, die gezielt versucht, den Charakter der Tiere auf Bildern einzufangen. „Uns ist eine authentische Präsentation der Tiere wichtig.“ Das bedeute auch, dass negativen Informationen nicht verschwiegen würden. Der Aufwand der digitalen Präsentation mit Bild und Text lohne sich jedoch. Besonders kranke und schwerer vermittelbare Tiere bekommen auf diesem Weg mehr öffentliche Aufmerksamkeit, um ein neues Zuhause zu finden. Das Tierheim Koblenz hat schon über die Landesgrenzen hinaus bis nach Österreich erfolgreich neue Besitzer für seine Hunde, Katzen und Kleintiere gefunden. „Wir hoffen eine Verbindung schaffen zu können, die ein Leben lang anhält. Da ist es uns der Aufwand mit schönen Bildern und einer aussagekräftigen Charakterisierung einfach wert“, betont Kristin Höfer.

 Auf ihren Webseiten präsentieren Tierheime Hunde, Katzen und Co, um ein neues Zuhause für die Vierbeiner zu suchen.

Auf ihren Webseiten präsentieren Tierheime Hunde, Katzen und Co, um ein neues Zuhause für die Vierbeiner zu suchen.

Foto: Seelenheil Photographie/Andrea Lessel/Seelenheil Photographie

Dennoch birgt das Internet.Verfahren Risiken. So kann es vorkommen, dass Bilder und Informationen ungefragt heruntergeladen und auf externen Internetseiten veröffentlicht werden. „Wir hatten bereits Fälle, in denen Hunde von uns auf unseriösen Internetseiten angeboten wurden. Als bei uns nach einem bestimmten Hund gefragt wurde, wussten wir gar nicht, woher diese Informationen kommen. Die Hunde waren schon längst adoptiert worden“, erklärt Schinkmann-Heppekausen. Wie sich herausstellte, haben die Hunde zwar im Tierheim in Homburg gelebt und waren auf der Webseite porträtiert worden. Unbekannte hatten die öffentlich zugänglichen Daten ohne Einverständnis des Tierheims.

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