Nutzerverfolgung von Android In den Fängen des Datenkraken

Saarbrücken · Wer ein Android-Smartphone benutzt, wird auf Schritt und Tritt verfolgt. Selbst dann, wenn der Nutzer widerspricht.

 Das Betriebssystem Android und sein Mutterkonzern Google sind bekannt dafür, viele Nutzerdaten zu sammeln. Standortdaten eines Smartphones werden sogar dann übermittelt, wenn keine SIM-Karte eingelegt ist.

Das Betriebssystem Android und sein Mutterkonzern Google sind bekannt dafür, viele Nutzerdaten zu sammeln. Standortdaten eines Smartphones werden sogar dann übermittelt, wenn keine SIM-Karte eingelegt ist.

Foto: dpa/Christoph Dernbach

Wer im Internet etwas bei einer Suchmaschine eingibt, sich in sozialen Netzwerken bewegt oder auch nur auf einen Link klickt, hinterlässt dabei Spuren. Mittlerweile hat sich eine eigene Industrie entwickelt, die diese Daten sammelt, auswertet und daraus Persönlichkeitsprofile erstellt. Diese werden an Werbefirmen verkauft, die damit auf den potenziellen Kunden zugeschnittene Angebote verschicken können. Besonders bei scheinbar kostenlosen Diensten zahlen Nutzer auf diese Weise häufig mit der Preisgabe ihrer Daten.

Google ist eines dieser Unternehmen, die dieses Gewerbe betreiben. „Googles Geschäftsprinzip basiert darauf, dass die Daten seiner Nutzer das Geschäft sind“, sagt Hans-Christian Dirscherl vom Fachmagazin PC-Welt. Dazu verfügt der Konzern mittlerweile über ein beachtliches Arsenal an Werkzeugen. Zum Google-Imperium gehört etwa die mit großem Abstand beliebteste Suchmaschine der Welt, der E-Mail-Dienst Google Mail, die Videoplattform Youtube, der Browser Chrome und der Online-Dienst Analytics.

Und noch ein Schwergewicht gehört zum Portfolio des Unternehmens: Android. Mobilgeräte mit diesem Betriebssystem dominieren seit Jahren den Markt. Wie das Marktforschungsunternehmen Kantar Worldpanel errechnet hat, kommen Android-Geräte hierzulande aktuell auf einen Marktanteil von fast 82 Prozent. Und das, obwohl Android und sein Mutterkonzern seit langer Zeit den Ruf haben, mit den Daten ihrer Nutzer nicht allzu sorgsam umzugehen.

„Smartphones liefern Google besonders viele Daten – vor allem, wenn das Android-Betriebssystem mit vorinstallierten Google-Diensten wie dem Play-Store genutzt wird“, sagt Hauke Gierow vom IT-Fachportal mobilsicher.de. Das sei auch dann der Fall, wenn Nutzer keine weiteren Dienste oder Apps von Google verwendeten.

Besonders problematisch werde das bei sogenannten Standortdaten, erklärt Gierow. Diese zeichnen punktgenau auf, wo sich der Nutzer gerade befindet. Das kann für die Funktion einiger Apps wichtig sein, beispielsweise von solchen, die das örtliche Wetter anzeigen oder Routen berechnen. Allerdings lassen sich mit ihnen auch Bewegungsprofile erstellen, die jeden Aufenthaltsort der letzten Monate enthalten. Wer das nicht möchte, deaktiviert in der Regel die Standortfreigabe.

Das klingt zwar theoretisch gut, bringt Android-Nutzern in der Praxis aber wenig. Denn, wie eine Untersuchung des US-amerikanischen Magazins Quartz ergeben hat, sammelt Google die Standortdaten auch gegen den klaren Widerspruch seiner Kunden. Sogar dann, wenn keine SIM-Karte in das Gerät eingelegt ist. „Seit Anfang 2017 haben Android-Geräte die Positionen von Funkmasten in der Nähe des Telefons gesammelt und den so ermittelten Standort an Google weitergesendet“, sagt Keith Collins, IT-Experte bei Quartz. „Dadurch hat Google Zugriff auf Bewegungsprofile und Standortdaten bekommen, die weit über das hinausgehen, was Kunden erwarten dürften.“

Als Reaktion auf die Enthüllungen durch Quartz hat Google im November 2017 Stellung zu den Vorwürfen bezogen. Man habe die erhobenen Daten weder genutzt noch gespeichert und werde die gerätespezifische Erfassung einstellen. Das Verfahren habe lediglich dazu gedient, die Geschwindigkeit und Qualität von Nachrichtenzustellungen zu verbessern. Künftig würden Android-Telefone solche Daten nicht mehr verschicken, zumindest nicht so, dass Nutzer nicht widersprechen könnten.

„Es ist mir nicht klar, wie die Erfassung von Funkmasten dazu dienen kann, Nachrichten effizienter zu versenden“, sagt Keith Collins. „Bestimmte Gruppen, wie etwa Opfer häuslicher Gewalt, schalten die Standortfreigabe in dem Glauben ab, ihren Aufenthaltsort verborgen zu haben.“ Bei der Art, wie Google diese Daten gesammelt habe, sei hingegen absolut nicht gewährleistet, dass sich Dritte nicht Zugang dazu verschaffen könnten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort