Im Halbschlaf durch die Lüfte

Seewiesen · Vögel können auf dem Weg in die Winterquartiere oder auf der Suche nach Nahrung tagelang fast ohne wirklichen Schlaf auskommen. Sie schalten in dieser Zeit einfach Teile ihres Gehirns ab.

 Fregattvögel können tagelang über dem Ozean kreisen. Foto: Voirin/MPG

Fregattvögel können tagelang über dem Ozean kreisen. Foto: Voirin/MPG

Foto: Voirin/MPG

Fregattvögel beherrschen eine Kunst, um die sie mancher Mensch beneiden wird, hat ein vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen geleitetes Forscherteam herausgefunden. Die Tiere, die tagelange Jagdausflüge unternehmen, können gleichzeitig wach sein und schlafen. Sie sind in der Lage, einen Teil ihres Hirns zur Ruhe zu schicken.

Auch andere Vogelarten bleiben ohne Unterbrechung Tage in der Luft. Wie können sie da schlafen, ohne abzustürzen oder mit anderen Tieren zu kollidieren? Um diese Frage ging es in der von Niels Rattenborg geleiteten Studie. Die Fähigkeit, einen Teil ihres Gehirns abzuschalten, beherrschen auch Enten, erklärt das Max-Planck-Institut. Die Tiere schliefen in der Regel mit beiden Gehirnhälften, Enten am Rand eines fliegenden Schwarms hielten jedoch das nach außen gerichtete Auge offen und nur die dazugehörige Gehirnhälfte sei in dieser Zeit aktiv.

Das Forscherteam untersuchte Fregattvögel, die auf den Galapagos-Inseln brüten. Die großen Seevögel patrouillieren bei ihren Jagdausflügen tagelang über dem Ozean, um fliegende Fische und Tintenfische zu jagen. Die Forscher statteten einige Tiere mit Geräten aus, die Gehirnaktivität und Flugparameter speichern. Die Aufzeichnungen hätten Überraschendes zutage gefördert. Wenn sich Fregattvögel nachts in kreisenden Bewegungen in den aufsteigenden Luftströmungen nach oben schrauben, bleibe meist nur die Gehirnhälfte wach, die mit dem in Flugrichtung blickenden Auge verbunden ist. Die mit dem anderen Auge verbundene Hälfte schlafe. So sähen die Vögel, wohin sie fliegen und könnten Zusammenstöße vermeiden, sagt Rattenborg.

Nachts hätten die Geräte allerdings auch minutenlang eindeutige Schlafmuster im gesamten Gehirn registriert, während die Vögel im Gleitflug über dem Meer schwebten. Fregattvögel zeigten im Flug ähnliche Schlafmuster wie an Land. Sie schliefen allerdings im Flug durchschnittlich nur 42 Minuten pro Tag. Knapp sechs Minuten habe die längste ununterbrochene Schlafphase gedauert.

Zurück an Land werden die Tiere dann zu Langschläfern und schlafen über zwölf Stunden pro Tag. Warum Menschen und viele andere Tiere so stark unter Schlafmangel leiden, während einige Vögel scheinbar problemlos mit viel weniger Schlaf umgehen, bleibe vorerst ein Mysterium, erklärt Rattenborg.

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