Reiseplanung im Netz Wie Hotelportale ihre Nutzer täuschen

Berlin · Viele Buchungs-Plattformen sind intransparent, da unklar bleibt, wie ihre Suchergebnisse und Bewertungen entstehen.

 Die großen Buchungsportale gehen unterschiedlich damit um, wer ein Hotel bewerten darf. Die einen erlauben es nur bestätigten Hotelgästen, bei anderen dürfen alle Nutzer Unterkünfte beurteilen.

Die großen Buchungsportale gehen unterschiedlich damit um, wer ein Hotel bewerten darf. Die einen erlauben es nur bestätigten Hotelgästen, bei anderen dürfen alle Nutzer Unterkünfte beurteilen.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Noch nie war es so einfach, eine Unterkunft zu buchen. Auf Internetplattformen können Reisende mit geringem Aufwand passende Angebote finden. Neben persönlichen Empfehlungen und Sterneklassifizierungen gehören Online-Kundenbewertungen zu den wichtigsten Orientierungshilfen. Etwa die Hälfte der Reisenden schaut sich nach Angaben des Hotelverbands Deutschland (IHA) vor der Buchung Gästemeinungen im Internet an. Unter vielen zuverlässigen Rezensionen seien jedoch auch zahlreiche Fälschungs- oder Betrugsversuche zu finden.

Im Unterschied zu offenen Portalen wie Holidaycheck, Google oder Tripadvisor lassen Booking.com, HRS und Expedia ausschließlich Bewertungen von bestätigten Hotelgästen zu. „Nur wer gebucht hat und auch tatsächlich angereist ist, kann bewerten“, erklärt HRS-Sprecherin Britta Schumacher. Auch bei Expedia ist ein Aufenthalt Voraussetzung. „So verhindern wir, dass gefälschte Hotelbewertungen eingestellt werden“, sagt PR-Managerin Svetlana Hirth.

Um individuelle Bewertungen vertrauenswürdiger zu machen, wurde im Juni 2018 eine internationale Richtlinie veröffentlicht. „Die neue ISO-Norm soll die Glaubwürdigkeit von Plattformen steigern“, sagt Markus Luthe, Geschäftsführer beim Hotelverband. Noch sei allerdings nicht klar, welche Portale planten, sich offiziell zertifizieren zu lassen.

Eine Ergänzung zu den Online-Bewertungen sieht Luthe zudem in Hotelsternen, die vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) vereinheitlicht wurden. Aus dem System hat sich die Sterneklassifizierung der Hotelstars Union entwickelt, die heute in 15 europäischen Ländern gültig ist.

Rund 40 Prozent aller Hotelbetriebe in Deutschland sind nach den Kriterien der Dehoga bewertet. Doch längst nicht jedes Hotel, das sich mit Sternen schmücke, weise eine gültige Klassifizierung vor, so Luthe. Illegal damit werbende Hotels könnten seit einiger Zeit mit spezieller Software aufgespürt werden. Rund 25 000 Hotel-Webseiten würden regelmäßig und automatisiert auf unberechtigte Sternewerbung überprüft.

Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg sieht in Sternen, Gütesiegeln und Zertifizierungen kaum Möglichkeiten, ausreichende Transparenz für Verbraucher zu schaffen: „Dass Kundenbewertungen teilweise gefälscht sind, ist ein offenes Geheimnis. Doch auch Sterne und Zertifikate beschreiben nur einen vergangenen Zustand und sagen wenig darüber aus, ob der angegebene Standard ständig verfügbar ist.“ Die Verbraucherschützerin mahnt, von den Klassifizierungen keine zu hohen Erwartungen abzuleiten. Wer auf bestimmte Angebote besonderen Wert lege, solle lieber direkt im Hotel anfragen, rät sie.

Lage, Ausstattung, Unterkunftsart – eine Vielzahl von Suchkriterien macht es möglich, das Hotelangebot in den Buchungsportalen nach persönlichen Vorlieben zu sortieren. In welcher Reihenfolge die Hotels aufgelistet werden, hängt von zahlreichen Kriterien ab. Bei HRS sollen es mehr als 80 Faktoren sein, die Einfluss darauf nehmen.

Allerdings sind nicht alle Kriterien objektiv. „Ranking booster“ heißt ein Tool, das Hotels in der Auswahlliste von HRS einen besseren Rang verschafft oder für mehr Sichtbarkeit sorgt. Dafür zahlen Hotels der Buchungsplattform eine höhere Provision. Statt der üblichen 15 Prozent würden 18 Prozent oder mehr gezahlt, bestätigt Schumacher. „Diese Möglichkeit nutzen Hoteliers in Ballungsräumen vor allem in auslastungsschwachen Zeiträumen oder als Werbung“, erläutert die HRS-Sprecherin. Für einen vorderen Platz in den Ergebnissen müssten jedoch weitere Kriterien erfüllt sein.

Generell lohnt es sich, genauer hinzusehen. Denn die entsprechenden Angebote sind bei HRS nur mit einer dezenten grauen Linie und dem Vermerk „Promo“ gekennzeichnet. Doch damit sei HRS immer noch transparenter als der Wettbewerb, so Schumacher. Tatsächlich sind bei Expedia in der Hotelliste gar keine Vermerke zu finden, die auf den Einsatz von Werbemitteln hindeuten. Lediglich im Bereich Kundenservice gibt es eine Anmerkung zur Sortierfolge: „Die Kompensation, die uns ein Hotel für Buchungen über unsere Website bezahlt, spielt ebenfalls eine Rolle bei der relativen Listung von Hotels mit ähnlichen Angeboten.“ Bei booking.com werden Unterkünfte, die zu den zahlenden Partnern gehören und als Top-Tipps angezeigt werden, mit einem „Daumen-hoch“-Symbol gekennzeichnet.

Markus Luthe sind solche Hinweise nicht deutlich genug. Diese reichten nicht aus, um im Interesse von Hoteliers und Nutzern für Transparenz und Verlässlichkeit bei Internetportalen zu sorgen. Auf Drängen des Verbandes habe die EU-Kommission daher im Frühjahr zwei Regulierungsvorschläge unterbreitet, die den Portalbetreibern konkrete Informationspflichten beispielsweise zu Rankingkriterien und zur Angebotsdarstellung auferlegen sollen.

(dpa)
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