Wenn Meinungen auseinander gehen Hotel-Bewertungen können in die Irre führen

Berlin · Immer mehr Menschen setzen bei der Urlaubsplanung auf die Hotel-Bewertungen anderer Internet-Nutzer. Aber jeder Reisende hat andere Erwartungen an die Traumunterkunft. Das spiegelt sich auch in den Meinungen im Netz wider.

 Auch auf schöne Fotos auf den Webseiten der Hotelbetreiber sollten sich Nutzer bei der Reiseplanung nicht grundsätzlich verlassen.

Auch auf schöne Fotos auf den Webseiten der Hotelbetreiber sollten sich Nutzer bei der Reiseplanung nicht grundsätzlich verlassen.

Foto: Thomas Reinhardt

Hotelbewertungen spielen bei Reisebuchungen im Internet eine immer größere Rolle, denn Urlauber vertrauen auf die Erfahrungsberichte anderer. Wer auf den großen Portalen wie Booking, Expedia und Holidaycheck unterwegs ist, dem fällt allerdings auf, dass es im Netz kaum wirklich schlechte Bewertungen gibt.

In der Vergangenheit seien Hotelbewertungen noch aussagekräftig gewesen, meint Axel Jockwer, Experte für Online-Touristik. Die einzelne Bewertung verliere aber immer mehr an Bedeutung. „Es ist mittlerweile wirklich bei jedem Hotelbetreiber angekommen, dass Werbung ohne Bewertungen nicht mehr funktioniert“, so der Tourismus-Fachmann. Deshalb werde die Darstellung auf den Webseiten mittlerweile häufig so angepasst, dass jedes Hotel möglichst gut dasteht. Wie groß der Unterschied zwischen einer Bewertung von 9,3 und 8,2 wirklich ist, lässt sich allerdings oft kaum abschätzen.

„Wenn ein Hotel zu 99 Prozent weiterempfohlen wird, sollten Nutzer vorsichtig sein“, so Jockwer. Denn es gebe keine Unterkunft, die alle Arten von Reisenden anspricht, warnt der Experte. Dafür seien die Ansprüche und Erwartungen einfach zu verschieden.

Die Bewertungen kommen bei fast allen Portalen ähnlich zustande. Nutzer geben nach dem Besuch eines Hotels auf der Webseite eine Bewertung ab. Zunächst wird meist eine Gesamtnote vergeben. Danach haben Urlauber die Möglichkeit, Einzelheiten vom Besuch zu erzählen. Außerdem lassen sich häufig einzelne Kategorien wie Lage, Zimmerausstattung oder Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten. Diese Bewertungen sind für viele Reisende immer noch sehr wichtig. „Urlauber vertrauen anderen Urlaubern“, sagt Susanne Nguyen, Sprecherin des Online-Reiseportals Tripadvisor. Laut einer Untersuchung des Branchenverbands Bitkom nutzen rund 28 Prozent aller Reisenden Bewertungen im World Wide Web bei der Buchung eines Hotels.

Gekaufte oder gefälschte Bewertungen seien entgegen der Sorge einiger Nutzer in der Regel kein großes Problem, versichert Nguyen. Tripadvisor überprüfe automatisch alle abgegebenen Urteile. Verdächtige Bewertungen, die auf diese Weise nicht entdeckt werden, könnten Nutzer dem Anbieter melden.

Axel Jockwer bestätigt, dass gekaufte Bewertungen eine untergeordnete Rolle spielen. Er sieht das Problem an anderer Stelle: „Es gibt einen Anteil von Bewertungen in einer Grauzone.“ Diese entstehe dadurch, dass Hotelbetreiber zum Beispiel gezielt Gäste zu einer Bewertung motivieren, die vom Aufenthalt ohnehin begeistert waren.

Der Tourismus-Experte gibt Tipps, mit denen Urlauber ein für sich geeignetes Hotel ausfindig machen können. So sollten sich Nutzer auf ein bis zwei Hotel- und Bewertungsportale beschränken, anstatt das Netz querbeet zu durchsuchen. Auch Filter für bestimmte Kategorien und Wünsche erleichterten bei der Fülle an Bewertungen die Suche nach dem richtigen Hotel erheblich. Urlauber sollten sich fragen, was ihnen wirklich wichtig ist und dann diese Aspekte in die Suche mit einbeziehen. Drei ausführliche Bewertungen zu lesen, reiche oft schon aus, um das Hotel grob beurteilen zu können, so Jockwer.

Nutzer sollten auch auf die Sprache der Bewertungen achten, da sie von Wortwahl, Zeichensetzung und Satzbau Rückschlüsse auf die Person ziehen könnten, die eine Bewertung geschrieben hat.

Das Bildmaterial, das andere Urlauber hochgeladen haben, sei allerdings in der Regel aussagekräftiger als die Bilder von der Hotelwebseite. Deshalb müssten Reisende genau hinschauen, woher die Fotos im jeweiligen Bewertungsportal stammen.

Meist lieferten die Portale nur wenige Informationen über den Verfasser einer Bewertung, sagt Jockwer. Denn oft seien nur Basisdaten zu den Nutzern hinterlegt. Alter und Geschlecht reichten jedoch oft nicht aus, um zu erkennen, ob die Bewertung den Ansprüchen des Hotelsuchenden entspricht. „Prinz Charles und Ozzy Osbourne sind beide Briten und gleich alt, haben aber mit Sicherheit andere Vorstellungen von einem perfekten Hotel.“

Axel Jockwer selbst war maßgeblich am Aufbau von Holidaycheck beteiligt. Er berichtet, dass es bei den Portalen noch viel zu tun gebe. „In Zukunft sollten die Filtermechanismen stärker ausgebaut werden.“ Die Menge an Bewertungen helfe dabei nicht sonderlich. Besser sei es, nach Reisetypen zu unterscheiden, etwa zwischen alleinreisenden Geschäftsleuten oder Familien mit Kindern. In Ansätzen gebe es das schon. In Zukunft könnten Filter noch besser dabei helfen, das Wunschhotel zu finden.

Laut Bitkom-Tourismusreferentin Miriam Taenzer stehen die Portale für Hotelbewertungen immer stärker in Konkurrenz zu Internetgrößen wie Google oder Amazon. „In den USA hat Amazon gerade einen eigenen Hotelfinder gestartet. Und Google spricht Nutzer offensiver an als klassische Hotelbewertungsportale.“

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