Hoher Medienkonsum schadet kindlicher Entwicklung

Berlin · Übermäßiger Medienkonsum kann bei Kindern und Jugendlichen zu schweren Störungen der psychischen und körperlichen Entwicklung führen. Nach einer am Montag in Berlin vorgestellten Studie reichen die Folgen von Fütter- und Einschlafstörungen bei Babys über Probleme bei der Sprachentwicklung bis zu Hyperaktivität, Aggressivität und Fettleibigkeit bei Teenagern.

 Viele Kinder besitzen bereits ein eigenes Smartphone. Foto: dpa

Viele Kinder besitzen bereits ein eigenes Smartphone. Foto: dpa

Foto: dpa

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, warnte bei der Vorstellung der Studie davor, die Probleme auszublenden. Sie erinnerte daran, dass Experten in Deutschland von 600 000 Internetabhängigen und 2,5 Millionen problematischen Nutzern vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgingen. Die Zahlen stiegen rasant.

Für die Studie, die vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. durchgeführt wurde, befragten 80 Fachärzte im zweiten Halbjahr 2016 knapp 5600 Eltern und deren Kinder zum Gebrauch digitaler Medien. Demnach führe der Konsum digitaler Medien der Mutter während der Säuglingsbetreuung zu Fütter- und Einschlaf-störungen beim Säugling. Bei Zwei- bis Fünfjährigen zeige sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer halbstündigen Nutzung von Bildschirmmedien und motorischer Hyperaktivität, Konzentrationsstörungen sowie Problemen bei der Sprachentwicklung und allgemeiner psychischer Auffälligkeit. Die Häufigkeit sei hier 3,5-mal höher als bei der Vergleichsgruppe. Laut Studie benutzen 70 Prozent der Kinder im Kita-Alter das Smartphone ihrer Eltern bereits mehr als eine halbe Stunde täglich. Bei Acht- bis 13-Jährigen stellten die Forscher die gleichen Symptome bei einem Konsum von mehr als einer Stunde täglich fest. Über 16 Prozent der 13- bis 14-Jährigen zeigten Anzeichen von Mediensucht.

Uwe Büsching vom Berufsverband der Kinder -und Jugendärzte äußerte sich besorgt über mangelndes Problembewusstsein der Eltern. Er warnt auch vor negativem Einfluss auf die Hirnentwicklung. Kleinkinder hätten Ängste und überbordende Fantasie und könnten nicht klar zwischen virtueller und realer Welt unterscheiden. Es sei fatal, wenn Eltern das Smartphone benutzen, um ihre Kinder zu beruhigen oder dauerhaft zu beschäftigen. Seine Empfehlung: Handys nicht vor dem zwölften Geburtstag.

Der Kölner Psychiater Rainer Riedel fordert eine frühzeitige Einübung in den Medienkonsum. Die Nutzung solle die Lebenswelt von Familie, Freundschaft und realer Kommunikation nicht beeinträchtigen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort