Urheberrechte Fotografen kämpfen gegen Bilderklau im Netz

Saarbrücken · Im Internet werden jeden Tag millionenfach Urheberrechte missachtet. Betroffene wollen sich das nicht länger gefallen lassen.

  Dieses Foto machte Hobbyfotograf Sebastian Voltmer von Polarlichtern in Norwegen. Jahre später entdeckte er es in einem Schmuckstück von einer chinesischen Firma. Niemand hatte ihn vor der Nutzung um Erlaubnis gefragt.

Dieses Foto machte Hobbyfotograf Sebastian Voltmer von Polarlichtern in Norwegen. Jahre später entdeckte er es in einem Schmuckstück von einer chinesischen Firma. Niemand hatte ihn vor der Nutzung um Erlaubnis gefragt.

Foto: Sebastian Voltmer

Der ambitionierte Hobbyfotograf und gelernte Filmemacher Sebastian Voltmer aus Saarbrücken staunt gelegentlich nicht schlecht, wenn er Bilder entdeckt, die er einst selbst geschossen hat und die heute um die Welt gehen – allerdings nicht unter seinem Namen. So hatte er vor acht Jahren im Norden Norwegens die Gelegenheit, Polarlichter aufzunehmen, die wie eine kosmische Lasershow den Nordhimmel über ihm zum Leuchten brachten. Bei dem Foto, das er zu seinem Favoriten erkor, verfremdete er das Polarlicht-Spektrum mit einem Fischaugen-Objektiv, bei dem die Umrisse der Bäume den S-förmigen Lichtbogen umkreisen. Jahre später entdeckte Voltmer sein Foto auf einem Medaillon, das eine chinesische Firma im Internet feilbot. Die S-Form des Nordlichts hatten die Bilddiebe in Yin und Yang umgedeutet, ein beliebtes Motiv der chinesischen Philosophie.

Mal kurz ein Foto herunterzuladen ohne Rücksicht auf Urheberrechte und Honorare, scheint offenbar gang und gäbe zu sein. Voltmer und viele, denen es ähnlich geht, ärgert das schon lange. Die Hamburger Fotografin Sandra Schink wurde seine Mitstreiterin. Auch sie nervt, dass viele Hobbyfotografen, die sich mit der Bildgestaltung richtig Mühe geben, das Ergebnis ihrer Arbeit im Netz letztlich unter Wert verramschen oder gar verschenken. Außerdem würden sie selten systematisch nach ihren Bildern suchen, um das zu unterbinden. Schink blickt auf 30 Jahre Fotohandwerk zurück und setzt „als digitale Nomadin“ alles ins Bild, was ihr vor die Linse kommt. Vor drei Jahren ließ sie ihrem Frust freien Lauf. Sie startete auf ihrem Blog (fotoatelier.hamburg) einen Aufruf an alle, den massenweisen Missbrauch ihrer Fotorechte nicht mehr länger zu dulden. Jedes Bild habe seinen Wert, sie dürften nicht verschenkt werden und man sollte es sich nie gefallen lassen, wenn Fotos geklaut werden – „bei aller Eitelkeit nicht“.

 Vor gut drei Jahren haben Voltmer und Schink die Facebook-Gruppe „Was ist mein Foto wert?“ gegründet. Der privaten Gruppe, bei der man sich gesondert anmelden muss, gehören inzwischen fast 1000 Mitglieder an. Sie geben sich gegenseitig Tipps zu Fragen rund um Honorare oder Urheberrechte. So fragt der Wehrführer einer Freiwilligen Feuerwehr an, ob die Brandbekämpfer die von einem Hobbyfotografen geschossenen Porträts der Wehrkameraden für eine Broschüre verwenden dürfen. Ein anderer ärgert sich dagegen schwarz, weil eine Bewertungs-Plattform für Hotels und Restaurants ungefragt das Foto eines Cafés hochgeladen hat, das er als sein Bild wiedererkannt hat.

Noch mehr wurmt es die Profis, die von ihrer Fotoarbeit leben müssen, dass der Bilderklau im Internet floriert und sie gegen die Hobbyfotografen ausgespielt werden – frei nach dem Motto „Die machen es doch umsonst“. „Wir erteilen der Gratiskultur im Netz eine Absage“, macht der Bundesverband professioneller Bildanbieter (BVPA) deutlich. „Jeder, der Fotos oder Grafiken aus dem Netz verwendet, muss sich vergewissern, dass der Schöpfer dieser Werke mit einer Nutzung einverstanden ist und gegebenenfalls ein Honorar dafür zahlen“ so der Verband.

Das Urheberrechtsgesetz „ist ziemlich eindeutig“, schreibt der Mainzer Rechtsanwalt Niklas Plutte, der sich mit seiner Kanzlei auf Internet- und Urheberrecht spezialisiert hat. „Bei unerlaubter Verwendung fremder Bilder ist der Verletzer verpflichtet, Schadensersatz an den Rechteinhaber zu zahlen, wenn er schuldhaft gehandelt hat“, betont er.

Doch das Fahnden im Netz nach Fotos, die man selbst geschossen hat, ist wie die berühmte Suche einer Stecknadel im Heuhaufen. Der Zeitschrift Impulse zufolge landen allein auf Facebook täglich rund 400 Millionen Fotos. Drei Milliarden Bilder werden pro Tag im Web geteilt, so der Internet-Markenforscher Brandwatch.

Doch wie findet man seine Fotos? Das gängigste Verfahren nachzusehen, ob eigene Bilder irgendwo aufgetaucht sind, ist die Bildersuche über Google Images. Die Suchmaschine bietet mehre Optionen, wie man Fotos sucht, speichert und herunterlädt. Über erweiterte Einstellungen ist es möglich, die Recherche einzugrenzen.

 Geld verdienen mit der Kunst anderer: Voltmers Bild wurde kurzerhand zum Kettenanhänger.

Geld verdienen mit der Kunst anderer: Voltmers Bild wurde kurzerhand zum Kettenanhänger.

Foto: Sebastian Voltmer

Inzwischen gibt es auch Suchmaschinen, die nach womöglich illegal verwendeten Fotos fahnden. Eine davon ist das Berliner Start-up Copytrack. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz sei die Bilderkennung inzwischen so ausgefeilt, dass auch Verfremdungen „kein Problem darstellen“, heißt es in der Eigenwerbung. Die Anmeldung bei Copytrack ist kostenlos. Geld fließt, wenn ein Foto entdeckt wurde und der Bildverwerter die Rechnung zahlt oder ein Inkasso-Büro eingeschaltet wurde. Wenn Anwälte bemüht werden, die Honorare eintreiben sollen, oder das Ganze vor Gericht landet, ist das Unternehmen auch am Erfolg beteiligt. Die Schadensumme gestohlener Bilder ist gewaltig. Sie liegt laut Copytrack bei 532 Milliarden Euro – täglich.

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