Hacker sprengen Regierungs-Webseiten

Berlin · Über mehrere Stunden hinweg haben Kriminelle gestern unter anderem die Internetseiten des Bundestags und der Kanzlerin lahmgelegt. Zu dem Anschlag hat sich eine Hackergruppe „CyberBerkut“ aus der Ukraine bekannt.

Wer gestern Vormittag etwas auf der Internetseite des Bundestages oder der Bundesregierung suchte, bekam nur die Antwort "Error", Fehler. Über Stunden hinweg tobte ein Cyber-Angriff, der größte dieser Art, der bisher registriert wurde. Durch massenhafte Anfragen von außen wurde der Server gezielt überlastet. Eine prorussische ukrainische Hacker-Gruppe übernahm öffentlich dafür die Verantwortung. Von den deutschen Sicherheitsbehörden wurde daszunächst nicht bestätigt.

Betroffen waren außer den Seiten bundesregierung.de und bundestag.de auch der persönliche Webauftritt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) bundeskanzlerin.de, die Internetseiten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) auswaertiges-amt.de und diplo.de sowie eine nur für Journalisten zugängliche Webseite des Bundespresseamtes. In ihrer Erklärung begründete eine Gruppe namens "CyberBerkut" die Aktion mit dem Besuch des ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk, der am Mittwoch in Berlin ankam und dort heute Gespräche führt. Jazenjuk möchte neue Kredite, mit denen er seinen blutigen Krieg in der Ostukraine fortsetzen wolle, hieß es. Die Bundesregierung solle die Hilfen für das "kriminelle Regime" in Kiew einstellen. "Berkut" war auch der Name einer berüchtigten Spezialeinheit des ukrainischen Innenministeriums unter dem jetzt nach Russland geflohenen Präsidenten Janukowitsch.

Allen betroffenen Seiten ist gemeinsam, dass sie technisch von einem externen Dienstleister, der Berliner Firma "Babiel" betrieben werden. Auf deren Server richteten sich die "Denial of Service "-Attacke, der simulierte Überlastungsangriff. Das Nationale Cyber-Abwehrzentrum in Bonn und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) arbeiteten gestern mit Hochdruck an dem Problem; nach und nach machten sie die Seiten wieder zugänglich. Über den Verursacher der Störung mochte ein BSI-Sprecher zunächst nichts sagen, die Ermittlungen liefen. Angreifer könnten jedoch nicht in jedem Fall zurückverfolgt werden.

Die internen Kommunikationssysteme von Parlament und Regierung waren nicht betroffen, es ging nur um öffentliche Informationsangebote.

Das ist sonst nicht immer so, ganz im Gegenteil. Das BSI spricht in einer Statistik, die unserer Zeitung vorliegt, für das Jahr 2014 von tausenden ungezielten Angriffen auf das Regierungsnetz pro Tag, von denen 15 bis 20 "hochwertig" seien und täglich einer einen nachrichtendienstlichen Hintergrund habe. Dazu kämen pro Monat 60 000 verseuchte E-Mails, die in den Sicherheitssystemen hängen bleiben.

Erst Ende des vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass über den infizierten USB-Stick einer Referatsleiterin, die damit verbotener Weise über das Wochenende zu Hause an ihrem PC an einer Rede gearbeitet hatte, offenbar ein Angriff auf die Datennetze des Kanzleramtes durchgeführt werden sollte, der im letzten Moment entdeckt wurde. Hier wurden amerikanische Nachrichtendienste als Quelle vermutet. Nach den USA und Großbritannien haben vor allem China und Russland bei Hacker-Techniken mächtig aufgerüstet. Auch Nordkorea ist aktiv, wie jüngst eine Attacke auf Sony zeigte. Erst im Dezember hatte die Bundesregierung ein IT-Sicherheitsgesetz auf den Weg gebracht, um Wirtschaft, Infrastruktur und Politik besser vor Cyber-Angriffen zu schützen.

bundesregierung.de

bundestag.de

bundeskanzlerin.de

auswaertiges-amt.de

diplo.de

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