Corona-Impfnachweis Hacker handeln mit gefälschten Impfpässen

Saarbrücken · Wer gegen das Coronavirus geimpft ist, hat viele Vorteile. Das nutzen Kriminelle aus. Sie bieten massenhaft gefälschte Impfnachweise im Internet an. Wer darauf eingeht, muss mit schweren Konsequenzen rechnen.

Im Internet hat der Handel mit gefälschten Corona-Impfnachweisen Konjunktur. Über Messenger-Dienste wie Telegram werden die frisierten Dokumente angeboten.

Im Internet hat der Handel mit gefälschten Corona-Impfnachweisen Konjunktur. Über Messenger-Dienste wie Telegram werden die frisierten Dokumente angeboten.

Foto: imago images/Bihlmayerfotografie/imago stock

Wer vollständig gegen Corona geimpft ist und nach dem zweiten Piks 14 Tage vergehen lässt, hat es gut. Er kann sich wie die von Covid-19 Genesenen weitgehend frei bewegen und benötigt keine Tests mehr. Dokumentiert wird diese neue Freiheit im Impfausweis, einem Heftchen, in das alle Impfungen eingetragen werden, die Ärzte im Lauf der Jahre verabreichet haben. Das können mehr als 20 sein – von Cholera über Masern bis hin zu Windpocken.

In Deutschland wird meist das ockergelbe Heft der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „internationale Impf- oder Prophylaxebescheinigung“ verwendet. Das Dokument der neuen Freiheit ist begehrt, jedoch nicht sonderlich aufwändig hergestellt. Es verfügt über keinerlei Sicherheitsmerkmale wie Wasserzeichen oder Hologramme und ist daher für Fälscher höchst einfach zu kopieren. Den offiziellen Blanko-Ausweis kann sich jeder für 4,90 Euro im Netz bestellen. Die Version mit transparenter Schutzhülle kostet etwas mehr.

Angeboten werden im Internet allerdings auch Pässe, in denen die Covid-19-Impfungen schon eingetragen sind, obwohl der Käufer ein Impfzentrum oder eine Arztpraxis in Sachen Corona noch nie von innen gesehen hat. Für 130 Euro werden sie auf dem Schwarzmarkt angeboten, schreibt die Essener Tageszeitung WAZ. „Wer mehr bestellt, bekommt Rabatt, fünf Impfpässe gibt es für 500 Euro“, so die Wochenzeitung Die Zeit. Als Anlaufstation wird häufig der Messenger-Dienst Telegram genannt. Die Schlag
wortsuche „Impfpass“ reicht aus und es ploppen etliche Vorschläge auf. Die Bezahlung wird meist in der Internet-Währung Bitcoin verlangt. Kunden aus größeren Städten werden bevorzugt, um in der Masse untertauchen zu können. Aus Saarbrücken ist nach Angaben des Landeskriminalamtes bislang noch nichts bekannt.

Wer sich auf solche illegalen Deals einlässt und erwischt wird, geht strafrechtlich ein hohes Risiko ein, warnt das Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Zum einen sei dies Urkundenfälschung, was mit einer empfindlichen Geld-, aber auch einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden könne. Wer an Corona erkrankt ist und den gefälschten Impfpass als Freischein für einen Theater- oder Kinobesuch nutzt und andere Zuschauer ansteckt, könne zudem wegen Körperverletzungs-Delikten bestraft werden. Die Bundesregierung ist außerdem dabei, mit einem neuen Gesetz juristische Schlupflöcher zu schließen.

An sensible Gesundheitsdaten kommen die Betrüger leicht heran. Sie nutzen die Mitteilungsfreude geimpfter Zeitgenossen, die in sozialen Netzwerken allen zeigen wollen, dass sie den Doppel-Piks schon hinter sich haben und ihnen Corona jetzt nichts mehr anhaben kann. Sie posten Fotos mit ihrer Adresse, die mitsamt der Personalausweis-beziehungsweise Reisepass-Nummer auf der Aufschlagseite des Impfpasses vermerkt sein muss. Der Aufkleber mit der Impfstoff-Chargennummer, der Stempel der Impfstelle und die Unterschrift des Arztes werden gleich mitgepostet, um die neue Freiheit wirklich glaubhaft zu machen. „Kriminelle nutzen die so verbreiteten Daten dazu, Impfpässe zu fälschen und diese im Netz zum Verkauf anzubieten“, heißt es bei der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes.

Anfangs hätten es manche Impfstoff-Hersteller wie der deutsche Produzent Biontech den Betrügern zudem leicht gemacht. Das Mainzer Pharma-Unternehmen habe „selbst ein Vordruckformular für die Etiketten ins Netz gestellt“, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Fälscher hätten nur die Chargennummer des Impfstoffs eintragen müssen, was durch die vielen abfotografierten und in den sozialen Medien kursierenden Impfpässe ein Leichtes gewesen sei.

Besserung verspricht der digitale Impfnachweis, den Deutschland zusammen mit der EU noch im Juni einführen will. Wenn jemand vollständig geimpft ist, soll dessen Status auf den digitalen Impfpass übertragen werden. Auch die Ergebnisse von PCR- und Schnelltests sowie eine eventuell überstandene Corona-Infektion sollen dort erfasst werden. Die Daten sollen verschlüsselt auf dem Smartphone gespeichert werden. Die Bescheinigungen, ob jemand die Corona-Vakzine bereits erhalten hat, sollen Krankenhäuser, Impfzentren, Arztpraxen und Apotheken als digitale Zertifikate ausstellen.

Diese Bescheinigung wird den Geimpften und Genesenen als QR-Code angezeigt, den er direkt mit dem Handy abscannen oder als Ausdruck mit nach Hause nehmen kann, um ihn dort in sein Mobiltelefon einzulesen. Dazu soll es eine eigene, kostenfreie App geben, möglicherweise wird sie auch in die Corona-Warn-App eingebettet. Ärzte, Krankenhäuser, Fluggesellschaften und alle Veranstalter, die ihre Dienstleistungen nur Genesenen oder vollständig Geimpften anbieten dürfen, sollen mit einer Prüf-App ausgestattet werden, um die Angaben ohne großen Aufwand kontrollieren zu können. Wie beim E-Ticket am Flughafen hält der Nutzer sein Handy an das Lesegerät. Wenn das Signal auf Grün springt und/oder sich eine Sperre öffnet, ist alles in Ordnung. Wer kein Smartphone besitzt, kann sich mit dem Papier-Ausdruck legitimieren.

Missbrauch und Ärger sind auch hier programmiert. Denn die Impfdaten werden nicht zentral gespeichert und die digitalen Zertifikate der Krankenhäuser, Impfzentren, Arztpraxen oder Apotheken werden sofort nach der Weitergabe gelöscht. Wer sein Handy verliert oder ein neues Smartphone kauft, muss sich erneut um einen digitalen Impfnachweis bemühen. Der ockergelbe Ausweis aus Papier bleibt ebenfalls gültig. Was bedeutet, dass auch die gefälschten Dokumente nicht verschwinden werden.

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