Flugzeugdaten im Internet

Saarbrücken · Flugverkehrsdaten, die für die Flugsicherung gedacht sind, kann jeder Nutzer problemlos im Internet abrufen. Die Pilotenvereinigung Cockpit sieht solche Online-Dienste kritisch. Verboten sind sie aber nicht.

Der Absturz von Flug MH 17 der Malaysia Airlines wurde bereits wenige Minuten nach dem Unglück von aufmerksamen Internetnutzern über den Kurznachrichtendienst Twitter und die Seite reddit.com gemeldet. Sie erstellten Nachrichten, in denen darauf hingewiesen wurde, dass nahe der ost-ukrainischen Grenze ein Flugzeug vom Radar verschwunden sei.

Wie konnten private Internetnutzer genaue Infos über den Luftverkehr in den umkämpften Gebieten der Ukraine erhalten? Wer nun an Hacker denkt, die sich illegal Zugriff zu Flugsicherungsanlagen verschafft haben, liegt falsch. Des Rätsels Lösung heißt flightradar24.com, radarvirtuel.com oder planefinder.net.

Auf diesen Internetseiten können Nutzer in Echtzeit den Flugverkehr im internationalen Luftraum verfolgen. Die Flugzeuge werden entsprechend ihrer Größe und ihres Typs als kleine Symbole auf einer virtuellen Weltkarte dargestellt. Klickt der Nutzer ein Symbol an, werden ihm der Name des Flugs, das Rufzeichen der Maschine, die aktuelle Geschwindigkeit und Flughöhe, die genaue Position in Breiten- und Längengraden sowie Abflug- und Ankunftsort angezeigt.

Die im Internet frei zugänglichen Daten unterscheiden sich nicht von denen, die die Mitarbeiter der Flugsicherung auf ihren Bildschirmen sehen, erklärt Markus Wahl, Vorstand der Pilotenvereinigung Cockpit. "Wir sehen solche Seiten sehr kritisch und fordern, dass diese Daten nicht jedermann im Internet zur Verfügung stehen", sagt Wahl. Wer plane, ein Flugzeug abzuschießen, erhalte durch solche Online-Dienste "Schützenhilfe", so der Cockpit-Vorstand weiter. Man könne sich einfach ein Flugzeug auf der digitalen Karte aussuchen und erhalte dann alle für einen Abschuss notwendigen Daten.

Alles legal

Woher die Informationen stammen, erklären die Betreiber von flightradar24.com ausführlich auf ihrer Internetseite. ADS-B nennt sich eine Funktechnologie, über die Flugzeuge kontinuierlich alle wichtigen Informationen über den aktuellen Status der Maschine aussenden. Sie gehört zur Standardausstattung moderner Passagierflugzeuge und wird neben dem klassischen Radar zur Flugsicherung auf der ganzen Welt verwendet. "Dieses Funksignal ist aber nicht verschlüsselt", erklärt Markus Wahl. Das sei den Fluglinien zu teuer. Somit kann jeder, der einen entsprechenden Empfänger hat, das Signal abfangen und die Daten auslesen.

Empfangsstationen, die das ADS-B-Signal verarbeiten können, gibt es für rund 800 Euro in Online-Shops. Nach Angaben der flightradar24-Betreiber kann auch ein DVB-T-Stick, der eigentlich zum digitalen Fernsehempfang am Computer gedacht ist, in eine kostengünstige Alternative zum ADS-B-Empfang umgewandelt werden. Mit einem Programm, das flightradar24.com zum Download anbietet, können die Flugdaten dann dem Online-Dienst zur Verfügung gestellt werden. Aktuell könne flightradar24.com auf die Daten von rund 3000 ADS-B-Empfängern zugreifen, so die Betreiber. 99 Prozent des europäischen Luftraums seien auf diese Weise abgedeckt. Ähnlich sei die Situation unter anderem in den USA, Kanada, Brasilien, Russland und dem Mittleren Osten.

Verboten sei das alles nicht, sagt Markus Wahl von Cockpit. "ADS-B ist an sich ein sehr gutes und sehr sinnvolles System. Es hat aber einfach nichts im Internet verloren."

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