Flucht aus den Fängen von Facebook

Saarbrücken · Seitdem bekannt wurde, dass WhatsApp von Facebook übernommen wurde, überlegen viele Nutzer, dem Kurznachrichtendienst den Rücken zu kehren. Bei der Konkurrenz sorgen die Aussteiger für einen Boom.

Vergangene Woche hat Facebook den Messenger-Dienst WhatsApp gekauft. 19 Milliarden Dollar (14 Milliarden Euro) waren Facebook-Gründer Mark Zuckerberg die App und die rund 465 Millionen WhatsApp-Nutzer wert. Als der Deal bekannt wurde, beteuerten Mark Zuckerberg und WhatsApp-Mitgründer Jan Koum, dass es keinerlei Änderungen an der App geben werde. Gestern stellte Koum dann die neue Telefon-Funktion von WhatsApp auf dem Mobile World Congress in Barcelona vor. Bis Ende des Jahres sollen mit WhatsApp auch Anrufe möglich sein. Ansonsten soll sich aber nichts ändern, sagte Koum.

20 Millionen Umsteiger

Die WhatsApp-Nutzer reagieren auf den Kauf gespalten. Laut einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Advise überlegen 25 Prozent der Anwender, ob sie den Dienst in Zukunft nicht mehr nutzen. 19 Prozent sind unentschlossen, ob sie zu einem anderen Anbieter wechseln sollen. Fünf Prozent aller WhatsApp-Nutzer haben sich aber bereits entschieden, auf andere Chat-Dienste umzusteigen.

Über die Umsteiger freuen sich derzeit besonders die Entwickler der Chat-App Telegram. Am Wochenende veröffentlichten sie auf Twitter die Nachricht: "Das ist verrückt. Wir erhalten 100 neue Registrierungen pro Sekunde. Wir versuchen, die Probleme mit der Datenverbindung nach Europa zu vermeiden." Die Server, über die die Kommunikation der Telegram-Nutzer abgewickelt wird, hielten dem enormen Andrang allerdings nicht lange stand. Wenige Stunden nach der ersten Nachricht berichteten die Entwickler in einer weiteren Meldung von Verbindungsproblemen in Europa, ausgelöst durch die "Lawine neuer Nutzer".

Telegram gleicht im Aufbau WhatsApp. Über eine Internetverbindung können auf andere Geräte Nachrichten, Bilder oder Videos geschickt werden. Um den Dienst verwenden zu können, müssen sich Nutzer mit ihrer Handynummer registrieren und erhalten dann einen vierstelligen Freischalt-Code per SMS. Ist dieser eingegeben, ist der Nutzer angemeldet und kann Nachrichten verschicken. Als sich aber 100 neue Nutzer pro Sekunde registrieren wollten, kam das SMS-System der Telegram-Entwickler nicht mehr mit. "100 SMS pro Sekunde sind zu viel. Wir suchen nach einer Lösung", teilten die Entwickler auf Twitter mit.

Am vergangenen Montag waren die Telegram-Server dann vollständig überlastet. Fast fünf Millionen Nutzer haben sich nach Angaben der Entwickler an diesem Tag für die Nachrichten-App registriert. Telegram wurde damit in Apples App Store zur beliebtesten App in 48 verschiedenen Ländern. Als Konsequenz mussten die europäischen Server von Telegram für zwei Stunden abgeschaltet werden, damit diese erweitert werden konnten, um den Nachrichtenverkehr der vielen Nutzer bewältigen zu können.

Auch die Messenger-App Threema hat ihre Nutzerzahlen in den vergangenen Tagen steigern können. Nach eigenen Angaben ist die Zahl der Threema-Anwender von 200 000 auf 400 000 gestiegen. Das Besondere an Threema ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Nachrichten. Durch diese Technik können die Nachrichten nur von Absender und Empfänger gelesen werden. Fangen Dritte die Nachrichten ab, können sie den Inhalt nicht lesen. Eine solche Verschlüsselung soll laut den Entwicklern auch mit Telegram möglich sein.

Weitere Alternativen

Auch die SZ-Leser im sozialen Netzwerk Facebook sind geteilter Meinung. So schreibt Gisela Vannier: "Es bleibt alles beim Alten." Und Erkut Dogan meint, dass man sich konsequenterweise auch bei Facebook abmelden müsse, wenn man WhatsApp ersetze. "Daher wird alles weiter genutzt wie bisher", schreibt er. Jessica C Cornish nutzt statt Whats-App den kostenlosen Dienst Viber, der auch Telefonate ermöglicht. Tobias Maurer ist zu My Enigma gewechselt. Ein Messenger-Dienst, der die Nachrichten ähnlich wie Threema verschlüsselt.

Zu diesem Thema hat die Internet-Redaktion eine Diskussion auf der SZ-Facebook-Seite eröffnet. Sie ist unter www.facebook.com/saarbrue-ckerzeitung zu finden.

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