Facebook ist kein Familien-Album
Mainz · In den sozialen Medien wollen sich viele Menschen von ihrer besten Seite präsentieren. Dazu gehört oft auch die Inszenierung von Familienglück. Doch sind Kinder beteiligt, müssen Eltern einiges berücksichtigen.
Kaum auf der Welt, schon bei Facebook : Viele Eltern veröffentlichen fleißig Fotos ihrer Kinder in sozialen Medien. Als eine Form von Selbstdarstellung bezeichnet das der Medienpsychologie Philipp Masur von der Uni Hohenheim. "Als junge Eltern identifiziert man sich auch über seine Kinder. Man möchte zeigen, was man erreicht hat." Nach der Hochzeit und dem schönen Urlaub sei das Hochladen von Kinderfotos der nächste Schritt, so der Wissenschaftler. Komme ein Bild gut an, bestärke das die Eltern. "Sie bekommen etwas zurück, indem die Leute kommentieren und liken." Sie seien stolz auf die positiven Kommentare anderer Nutzer.
Aber dürfen Eltern Fotos ihrer Kinder eigentlich im Internet veröffentlichen? Schließlich haben auch Kinder ein Recht am eigenen Bild. "Grundsätzlich muss jeder gefragt werden", sagt Carsten Ulbricht, Rechtsanwalt für Internet- und Social-Media-Recht aus Stuttgart. "Je nach Alter können Kinder aber noch nicht selbst entscheiden, daher übernehmen die Eltern das für sie." Beide Erziehungsberechtigten müssten sich einig sein. Hat nur ein Elternteil das Sorgerecht, dürfe dieser allein bestimmen.
In der Regel geht man davon aus, dass Kinder etwa ab dem 14. Lebensjahr die notwendige Einsichtsfähigkeit besitzen, um über die Veröffentlichung von Fotos mitzubestimmen. "Unter 14 Jahren können die Eltern im Grundsatz allein entscheiden", sagt Ulbricht. "Sobald ein Kind 14 ist, muss es ausdrücklich gefragt werden", sagt Ulbricht. Dann könne es auch das Löschen von bereits im Netz publizierten Bildern verlangen. Vom 14. bis zum 18. Lebensjahr sind sowohl die Eltern als auch das Kind zuständig.
Spätestens wenn sie volljährig sind, könnten Kinder gegen ihre Eltern und die Veröffentlichung der Fotos auch rechtlich vorgehen, sagt Karsten Gulden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht aus Mainz . Basis sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Kind könnte sogar eine Unterlassung verlangen und notfalls gerichtlich erzwingen, die Bilder zu entfernen, erläutert der Jurist.
Wer Konflikte vermeiden will, sollte seine Kinder am besten um Erlaubnis fragen, sobald sie verstehen, worum es geht. Probleme sehen die Juristen bei Scheidungskindern und Patchworkfamilien, wenn Ex-Partner oder neue Lebensgefährten ungefragt Bilder posten: "In diesen Konstellationen sind künftig Klagen denkbar", so Gulden.
Vor allem eines gilt es laut den Experten zu bedenken: "Ist ein Foto erst einmal veröffentlicht, haben Sie keine Kontrolle mehr darüber", sagt Ulbricht. Die Bilder ließen sich leicht von Dritten herunterladen und weiterverwenden. "Im Teenageralter sind Jugendlichen viele Kinderfotos unangenehm, vor allem wenn Mitschüler sie sehen." So manches Kind werde deswegen gehänselt oder gemobbt. "Und man weiß nie, was irgendwann mal wieder hochkommt", sagt Ulbricht.
Auch Kinder könnten sich in ihrer Privatsphäre verletzt fühlen, wenn Eltern Fotos von ihnen online stellen, gibt Philipp Masur zu bedenken. "Das ist eine Art Vertrauensbruch." "Wenn jemand unbedingt Kinderfotos veröffentlichen will, dann zumindest zugangsbeschränkt", empfiehlt Carsten Ulbricht. Die Gefahr, dass jemand Kopien macht, bestehe aber immer: Wird ein Foto dann neu hochgeladen, bleibt es online, auch wenn das Ursprungsbild gelöscht wird.