Entscheidung erwartet Gmail-Urteil könnte zu mehr staatlicher Überwachung führen

Luxemburg · Eine für heute erwartete Entscheidung des EU-Gerichtshofs (EuGH) könnte dazu führen, dass Anbieter von Webmail-Diensten wie Googles Gmail in Deutschland Überwachungs-Schnittstellen für Behörden einrichten müssen.

 ARCHIV - ILLUSTRATION - 04.07.2018, Berlin: Auf dem Bildschirm eines iPhones sieht man das Logo der Gmail-Applikation. Google hat die umstrittene Praxis verteidigt, dass App-Entwickler die digitalen Postfächer beim Dienst GMail scannen können. Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - ILLUSTRATION - 04.07.2018, Berlin: Auf dem Bildschirm eines iPhones sieht man das Logo der Gmail-Applikation. Google hat die umstrittene Praxis verteidigt, dass App-Entwickler die digitalen Postfächer beim Dienst GMail scannen können. Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Fabian Sommer

Der EuGH in Luxemburg soll die Frage beantworten, ob Gmail ein Telekommunikationsdienst im Sinne des deutschen Telekommunikationsgesetzes ist.

Die Netzagentur will bereits seit 2012 erreichen, dass Google Gmail bei ihr als Telekommunikationsdienst anmeldet. Damit einher gingen Verpflichtungen beim Datenschutz sowie der „öffentlichen Sicherheit“. Dazu gehören auch Schnittstellen für den Datenzugriff von Ermittlungsbehörden in gesetzlich geregelten Fällen. Google wehrt sich dagegen.

Ausgangspunkt für die Entscheidung ist die Definition eines Telekommunikationsdienstes in einer EU-Richtlinie, auf der das deutsche Gesetz basiert. Demnach werden von Telekommunikationsdiensten – üblicherweise gegen eine Gebühr – Signale über das Telekommunikationsnetz übertragen. Google argumentiert, es biete den Kunden keine Internetzugänge an, betreibe die Netze nicht, vermittele den Nutzern keinen Zugang dazu und kontrolliere nicht die Datenübertragung.

Die EU-Richter wurden vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen eingeschaltet, um zu klären, ob auch E-Mail-Dienste, die über das Internet laufen, von der Richtlinie erfasst werden. Außerdem soll die Frage beantwortet werden, wie das Merkmal „gewöhnlich gegen Entgelt erbracht“ auszulegen ist. Gmail ist in der Grundversion kostenlos.

In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Köln die Klage von Google gegen die Bescheide der Netzagentur abgewiesen. Im Berufungsverfahren rief das Oberverwaltungsgericht im vergangenen Jahr den EuGH an.

Netzagentur-Chef Jochen Homann hatte bereits deutlich gemacht, dass es hier nicht nur um Gmail, sondern auch die grundsätzliche Regulierung von Webdiensten geht. Die Grenzen zu traditionellen Telekommunikationsdiensten würden zunehmend verschwimmen, sagte Homann im vergangenen Jahr der Financial Times und nannte dabei neben Gmail explizit den Chatdienst Whatsapp. „Viele Nutzer können überhaupt keinen Unterschied erkennen.“ Es könne nicht richtig sein, dass Anbieter traditioneller Telekom-Dienste Regulierungsvorgaben einhalten müssten, während das für Firmen, die vergleichbare Dienste über das Internet bereitstellen, nicht gelte.

Whatsapp wird von vielen Nutzern als SMS-Alternative genutzt. Der zu Facebook gehörende Dienst ist verschlüsselt und nicht für die Sicherheitsbehörden zugänglich, da selbst Whatsapp den Inhalt nicht sieht. Auf herkömmliche SMS haben die Behörden mit richterlichem Beschluss dagegen Zugriff. Die Telekommunikationsanbieter mussten dafür Schnittstellen einrichten.

(dpa)
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