Neue Regeln für Netflix und Co. EU legt Online-Videodienste an die Leine

Brüssel · Streamingdienste müssen künftig Werbung besser kenntlich machen und mehr europäische Filme zeigen.

 In Zukunft gelten für Anbieter von Filmen und Serien im Internet – beispielsweise Netflix oder Amazon Prime – strengere Jungendschutzregeln.

In Zukunft gelten für Anbieter von Filmen und Serien im Internet – beispielsweise Netflix oder Amazon Prime – strengere Jungendschutzregeln.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Fernsehen ist out, Videoplattformen wie Netflix oder Amazon Prime sind in. Doch bisher läuft der Wettbewerb in der EU nach unterschiedlichen Regeln ab. In der kommenden Woche will das Europäische Parlament die Internet-Dienste an die Leine legen. In Sachen Jugendschutz und Angebot müssen viele Anbieter nachbessern – und auch Youtube-Stars sind von den Neuregelungen betroffen.

Dass die Tatort-Kommissare stets mit dem neuesten Automodell ihrer Region zum Einsatz fahren, fällt schon gar nicht mehr auf. Product Placement, also die lukrative Platzierung von Produkten in Spielfilmen, Serien und Magazinen, gilt längst als wirkungsvolle Form der Werbung, muss aber auch so gekennzeichnet werden – und sei es nur im Abspann. Wenn die über Youtube bekannt gewordene Dagibee dagegen in ihren Videos Schmink- und Pflegeprodukte in die Kamera hält, ist sie bisher fein raus. Ob der Youtube-Star, dessen Makeup-Tipps in Deutschland über vier Millionen Mädchen folgen, von den Herstellern mit Geld oder Waren gesponsert wird, bleibt ihre Sache. Diese Freiheit läuft aus, wenn das Europäische Parlament in der kommenden Woche die neue Richtlinie für audiovisuelle Medien wie erwartet annimmt. Für Fernsehen und Streaming-Dienste sowie Videoplattformen gelten künftig die gleichen Regeln – bei der strikten Trennung von Werbung und Inhalt ebenso wie beim Jugendschutz und der Überprüfung des Alters der Nutzer. Diese müssen nämlich plattformübergreifend gelten. Jugendgefährdende Inhalte sollen gekennzeichnet werden – wie bereits im Fernsehen, so auch künftig bei Netflix, Amazon Prime und anderen. Eine vorherige Kontrolle, ob von Filmen, Clips oder sonstigen Beiträgen, findet nicht statt. Eltern sollen aber die Möglichkeit bekommen, Filtersysteme für ihre Sprösslinge aktivieren zu können.

Vor allem die Film- und Seriendienste müssen sich aber noch sehr viel weitergehend umstellen. Bisher haben sie gerade mal 18 bis 24 Prozent an europäischen Filmproduktionen im Angebot. Sobald die neuen Regeln in Kraft treten, ist eine Quote von rund 30 Prozent Pflicht. Wer da nicht mitzieht, kann sich freikaufen: Statt ein Drittel des Kataloges mit EU-Produktionen zu bestücken, kann ein Unternehmen auch entsprechende Zuschüsse an den Filmförderfonds der Union bezahlen. Dieser unterstützt filmische Projekte in den Mitgliedsstaaten. In Deutschland hatte Netflix schon versucht, sich gegen eine derartige Abgabe zu wehren – vergeblich. Nun schreibt die EU sie endgültig für alle Staaten der Gemeinschaft fest. Für die Fernsehsender gilt bereits eine ähnliche Vorgabe: Sie haben 50 Prozent ihres Programms mit europäischen Produktionen zu füllen.

Neu werden auch die Werbezeiten im TV geregelt. Zwar dürfen nach Inkrafttreten der neuen Vorgaben zwischen 18 Uhr und Mitternacht wie bisher höchstens 72 Minuten Reklame über die Bildschirme flimmern. Sie dürfen aber flexibler verteilt werden, so lange es bei maximal einer Unterbrechung alle 30 Minuten bleibt. Für den Zuschauer dürfte das trotzdem nicht lustig werden: Experten rechnen damit, dass die Sender nun noch intensiver ausgerechnet in der Hauptsendezeit umfangreiche Werbeblöcke ausstrahlen werden. Wenn das Europäische Parlament die runderneuerte Richtlinie in der nächsten Woche angenommen hat, bleiben den Mitgliedstaaten 20 Monate, um sie in nationales Recht umzusetzen. Erst dann treten die Regelungen in Kraft.