Gesetz gegen Hass im Netz Eine halbe Million Beiträge voller Hass

Berlin · Seit dem 1. Januar müssen soziale Netzwerke rechtswidrige Inhalte per Gesetz löschen. Jetzt ziehen sie erstmals Bilanz.

 Hass im Internet sei kein Phänomen der Zeit, sondern ein Dauerzustand, sagt Gerd Billen vom Bundesjustizministerium.

Hass im Internet sei kein Phänomen der Zeit, sondern ein Dauerzustand, sagt Gerd Billen vom Bundesjustizministerium.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

() Zum Jahresbeginn trat es in Kraft: Das umstrittene Gesetz gegen Hass im Internet, das soziale Netzwerke dazu verpflichtet, Beschwerden über rechtswidrige Inhalte umfassender zu bearbeiten und entsprechende Kommentare schneller zu entfernen. So müssen offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde gelöscht oder gesperrt werden, in weniger eindeutigen Fällen gilt eine Frist von sieben Tagen. Wer dieser Forderung wiederholt und systematisch nicht nachkommt, dem drohen Strafen in Millionenhöhe.

Ein halbes Jahr später ziehen die großen sozialen Netzwerke eine erste Bilanz. Beim Kurznachrichtendienst Twitter gingen im Zusammenhang mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) knapp 265 000 Beschwerden ein. Beim Videodienst Youtube wurden zwischen Januar und Juni knapp 215 000 Inhalte gemeldet. Und bei Facebook waren es 1704 Beiträge. Die Konzerne sind verpflichtet die Zahlen bekannt zu geben. Bußgelder musste keine der drei Plattformen zahlen.

Auffällig ist, dass die Zahl der Beschwerden bei Twitter und Youtube deutlich höher ist, als bei Facebook. Ein Grund dafür ist der unterschiedliche Meldeweg. Während die Nutzer bei Twitter und Youtube direkt in der Meldefunktion des Beitrags das NetzDG als Grund angeben können, muss bei Facebook ein spezielles Formular ausgefüllt werden, das recht schwierig zu finden ist. Das Bundesjustizministerium kritisiert den „komplizierten Beschwerdeweg“ bei Facebook.

„Deutlich wird: Es gibt Beschwerden – und zwar nicht wenige“, sagt Gerd Billen vom Bundesjustizministerium. Leider sei Hasskriminalität kein „Phänomen der Zeit“, sondern ein Dauerzustand. Dennoch sorgt das NetzDG immer wieder für Kritik. Gegner argumentieren, dass es die Betreiber dazu verleite, aus Angst vor Bußgeld grenzwertige Inhalte eher zu sperren. Das könne zu Zensur führen. In den Anfangstagen war etwa ein Satire-Beitrag der Zeitschrift „Titanic“ auf Twitter gelöscht worden.

Die Zahlen zeigen, dass ein Großteil der gemeldeten Inhalte hierzulande nicht entfernt oder blockiert wird. Bei Twitter kam es nur bei etwas mehr als jeder zehnten Beschwerde zu solchen Konsequenzen. Bei Youtube wurden etwa 27 Prozent der gemeldeten Inhalte entfernt, da sie gegen die entsprechenden NetzDG-Straftatbestände oder die Richtlinien des Videodienstes verstießen. 92 Prozent davon wurden innerhalb von 24 Stunden gesperrt oder gelöscht. Bei Facebook wurden von den 1704 gemeldeten Beiträgen 362 geblockt oder entfernt. Wenn die Netzwerke nicht schnell genug reagieren, können sich Nutzer über ein Online-Formular auf der Webseite des Bundesamts für Justiz beschweren (Infobox).

Dort ist die erwartete Beschwerdewelle allerdings ausgeblieben. Im ersten Halbjahr seien über das Online-Formular erst 526 Anzeigen eingegangen, berichtet die Bonner Behörde. Die Prognosen gingen nach Angaben eines Sprechers des Bundesamtes von 25 000 Fällen im Jahr aus.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Berlin (dpa) Besitzer vieler aktueller Huawei-Smartphones finden die Video-Anwendung VLC Media Player nicht mehr im Google Play-Store. Der App-Entwickler Videolan erklärt auf seinem Twitter-Profil, er habe den Download aus Googles Appstore entfernt, weil der Energiesparmodus in neueren Huawei-Geräten die Wiedergabe von Videos über den VLC-Player abgebrochen habe. Dies habe dazu geführt, dass die Anwendung im Play-Store zu viele schlechte Bewertungen erhalten habe.
Berlin (dpa) Besitzer vieler aktueller Huawei-Smartphones finden die Video-Anwendung VLC Media Player nicht mehr im Google Play-Store. Der App-Entwickler Videolan erklärt auf seinem Twitter-Profil, er habe den Download aus Googles Appstore entfernt, weil der Energiesparmodus in neueren Huawei-Geräten die Wiedergabe von Videos über den VLC-Player abgebrochen habe. Dies habe dazu geführt, dass die Anwendung im Play-Store zu viele schlechte Bewertungen erhalten habe.