Ein tödlicher Windstoß

Göttingen · Der Flugpionier Otto Lilienthal gilt als weltweit erster Pilot eines Segelflugs. Sein tödlicher Absturz im Jahr 1896 zeigt aber auch, wie gefährlich der Flugsport ist. Über ein Jahrhundert später soll nun die Ursache geklärt werden.

 Mit einem solchen Flugmodell verunglückte im Jahr 1896 der Flugpionier Otto Lilienthal. Foto: DLR

Mit einem solchen Flugmodell verunglückte im Jahr 1896 der Flugpionier Otto Lilienthal. Foto: DLR

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"Opfer müssen gebracht werden." Dieser markige Spruch steht auf dem Grabstein des Flugpioniers Otto Lilienthal. Er gilt als erster Pilot des Luftfahrtzeitalters. Bedauerlicherweise gilt er auch als sein erstes Todesopfer. Im August 1896 verunglückte Lilienthal in Berlin beim Test eines von ihm entwickelten Gleitflugzeugs tödlich. Seine Entwicklungsarbeiten gelten als bahnbrechend für die Konstruktion der Tragflächen.

Die Ursachen des Absturzes am 9. August 1896 sind niemals geklärt worden. Nun haben sich Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) dem Gleitflugzeug des Flugpioniers, ein Vorläufer der modernen Segelflugzeuge, angenommen und einen Nachbau seines sogenannten Normalsegelapparats in einem Göttinger Windkanal getestet. Die aerodynamische Qualität der Konstruktion sei über jeden Zweifel erhaben, erklärte das DLR danach.

In weiteren Untersuchungen solle nun geklärt werden, welche Rolle die Manövrierfähigkeit des Gleiters beim tödlichen Absturz Lilienthals gespielt hat. Der nach den Originalplänen des Lilienthal-Museum in Anklam angefertigte Segler habe sich im Windkanal als eine erstaunlich stabile und flugfähige Konstruktion erwiesen. "Der Gleiter hat Windgeschwindigkeiten bis 36 Kilometer pro Stunde standgehalten und Datensätze geliefert, die Lehrbuchcharakter haben", erklärte Professor Andreas Dillmann, Leiter des DLR-Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik.

Die ermittelte Gleitzahl - sie drückt das Verhältnis zwischen Höhenverlust und horizontaler Flugstrecke aus - entspreche der eines typischen Segelschulflugzeuges der 1920er und 1930er Jahre. Ein Konstruktionsfehler des Seglers sei damit als Unfallursache ausgeschlossen.

Der Berliner Flugpionier habe seinen Flieger durch Bewegungen der Beine gesteuert. Das habe viel Ähnlichkeit mit Übungen des Barrenturnens und sei ebenso anstrengend. Durch die Bewegung des Piloten verschiebe sich der Schwerpunkt des Fluggeräts. Senkt sich seine Nase, wird es schneller, hebt sie sich, wird der Segler langsamer.

Nach den ersten Untersuchungen deute deshalb vieles darauf hin, dass der Pilot bei einer überraschenden Böe nicht stark genug gegensteuern konnte und die Kontrolle verlor. "Lilienthals Gleiter konnte gut und sicher bei Windstille oder Gegenwind fliegen. Für andere Windverhältnisse wie die Thermik an seinem Absturztag reichte die Manövrierfähigkeit einfach nicht aus", erklärt Dillmann.

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