Ein Surf-Roboter für die Venus

Cleveland · Unseren Nachbarplaneten Venus zu untersuchen, ist wesentlich schwieriger als den Mars zu erforschen. Die Venus hat eine dichte Atmosphäre, und auf ihrer Oberfläche ist es über 450 Grad heiß. Ein Vorschlag, über den die Raumfahrtplaner der Nasa nachdenken, sieht nun vor, einen Roboter zur Venus zu senden, der sich von einem Segel treiben lässt.

Auf einem Surfboard mit Rädern und einem Segel eine Küste entlangzurasen - für die meisten Kitebuggy-Fahrer ist das die Erfüllung des Traums von grenzenloser Freiheit. Davon inspiriert arbeiten US-Raumfahrtingenieure an einem automatischen Gefährt, das die Oberfläche der Venus erkunden soll. Auf dem Nachbarplaneten weht der Wind unablässig aus Westen und es gibt riesige, von erkalteter Lava eingeebnete Regionen. Ideale Bedingungen für Kitebuggy-Fahrer, wären da nicht andere Hindernisse. Zum Beispiel die Temperatur von über 450 Grad Celsius.

Die tollkühne Idee zu einem Venus-Kitebuggy hatte der Raumfahrtingenieur Geoffrey Landis vom Glenn-Forschungszentrum der US-Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa in Cleveland (Ohio). Seit über einem Jahrzehnt sucht er nach Möglichkeiten, die Atmosphäre und die Oberfläche der Venus mit Robotern zu studieren.

Das ist keine leichte Aufgabe. Der Planet besitzt eine sehr dichte Atmosphäre, deren Druck am Boden fast dem in tausend Meter Meerestiefe auf der Erde entspricht. Dazu die Hitze. Nur viermal gelang es in den 1970er und 80er Jahren sowjetischen Landesonden, Oberflächenbilder und Messdaten zu gewinnen. Diese Sonden ähnelten Taucherglocken. Sie sendeten nur einige Stunden - kein Vergleich zu den Marsrobotern, die inzwischen seit mehreren Jahren über den äußeren Nachbarplaneten der Erde rollen. Die meisten Kenntnisse über die Venus-Oberfläche verdanken Forscher daher Raumsonden, die aus der Umlaufbahn heraus die Atmosphäre und die Oberfläche beobachten. Einige grundlegende Fragen konnten sie aber nicht beantworten. Gibt es auf der Venus noch immer aktive Vulkane? Gab es in der Vergangenheit einmal Wasser auf der Oberfläche und wenn ja, wann und wie ist es verschwunden? Und schließlich die wohl wichtigste Frage: Warum entwickelten sich die Zwillingsplaneten Venus und Erde so unterschiedlich? Wertvolle Erkenntnisse versprechen Bodenerkundungen durch Roboter-Fahrzeuge. Wegen der extremen Umweltbedingungen kommen die für den Mars entwickelten Rover aber für eine Venus-Erkundung nicht in Frage. Venus-Rover müssen hitzebeständiger, leichter und stabiler sein.

"Zephyr" soll all diese Anforderungen erfüllen. Es ist ein dreirädriger Roboter mit einem Dreieckssegel aus hitzeresistenten Verbundfasern und mit knapp zwölf Quadratmetern Segelfläche. "Es gibt nur zwei bewegliche Teile, um das Segel zu setzen", so Landis. Zephyr hat 250 Kilogramm Masse, sein Segelmast reicht bis in 5,4 Meter Höhe. Daran angebracht sind mehrere Kameras, die eine räumliche Rundumsicht und Navigation erlauben sollen.

Solarzellen sorgen ausschließlich für die Energieversorgung der wissenschaftlichen Experimente. Der Wind sollte ausreichen, um den Segelroboter mit Fußgängergeschwindigkeit über den Boden zu bewegen, so die Berechnungen. Täglich könnte er etwa 15 Meter zurücklegen - was etwa der Geschwindigkeit des durch Solarenergie betriebenen Mars-Rovers Opportunity entspricht. Damit der Computer des Roboters in der Höllenhitze auf der Venus funktioniert, benötigt Zephyr eine neue, auf Silizium-Karbid und Silizium-Nitrid basierende Elektronik. Maximal könnte er täglich acht Stunden lang Daten von der Venus-Oberfläche mittels eines Relais-Satelliten zur Erde übertragen. Ziel ist es, Zephyr bis zu 50 irdische Tage Daten senden zu lassen. Einen konkreten Termin für eine solche Mission gibt es bei der US-Raumfahrtagentur Nasa nicht. Der segelnde Roboter zählt jedoch zu den Top-Kandidaten auf der Liste der Planetenforscher für Projekte in den kommenden zwei Jahrzehnten

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HintergrundUnser Nachbarplanet Venus ist fast so groß wie die Erde. Er kann sich bis auf 41 Millionen Kilometer der Erde nähern. Die Venusatmosphäre enthält vor allem das Treibhausgas Kohlendioxid und kaum Sauerstoff.

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