Ein Passwort fürs ganze Internet

Saarbrücken · Es endet oft im Chaos: Für viele Webdienste und Apps mussten Nutzer bisher ein eigenes Konto anlegen. Facebook lockt nun mit einem bequemen Generalausweis fürs Netz. Datenschützer sind alarmiert. Eine Alternative setzt sich bislang nicht durch.

Über Facebook anmelden, über Facebook registrieren: Immer mehr Smartphone-Apps und Webseiten fordern Nutzer genau dazu auf. Wer nicht Folge leistet, dem bleibt häufig sogar der Zugang verwehrt. Das Facebook-Konto hat sich längst zu einem eigenständigen digitalen Ausweis entwickelt, genannt Facebook-Connect. Die Idee hinter diesem Generalausweis nennt sich Single-Sign-On (sinngemäß: Einmal-Anmeldung).

Nicht nur Facebook, sondern unter anderem auch Google, Microsoft, Amazon, Twitter und die Deutsche Telekom bieten solche Lösungen an. Sie alle funktionieren gleich. Nutzer legen nicht mehr überall einen eigenen Zugang an, sondern weisen sich bei anderen Webdiensten und Apps bequem über ein zentrales Konto aus.

"Wenn ich bei allen Diensten, die ich verwende, mit unterschiedlichen Zugangsdaten registriert bin, birgt das enormen Aufwand, wenn ich gezwungen bin sie zu ändern. Deshalb sind Single-Sign-On-System grundsätzlich eine gute Sache", sagt Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Allerdings dominiert Facebook mit 60 Prozent Nutzeranteil derzeit bereits klar den europäischen Markt der digitalen Ausweise, noch vor Google-Plus-Sign-In mit rund 19 Prozent, berichtet das amerikanische IT-Portal Techcrunch. Auf der jüngsten Entwicklerkonferenz seines sozialen Netzwerks Anfang Mai verkündete Milliardär Mark Zuckerberg dann auch nichts weniger, als Facebook zum Fundament der mobilen Welt machen zu wollen. Millionen Apps von Drittanbietern für Smartphones und Tablets müssten dafür nicht direkt über Facebook laufen. Das Netzwerk will sie künftig vor allem über Facebook-Connect an sich binden. "Ich halte das für bedenklich, weil der Konzern sich darüber weitere Daten einheimst. Es ist sehr problematisch, dass mittlerweile einige Dienste nur noch über ein Facebook-Konto zu nutzen sind", sagt Glatzner. Ihm zufolge sollten sich Nutzer deshalb genau überlegen, ob sie dem Konzern ihre persönlichen Daten anvertrauen.

Neu ist die Idee der Einmal-Anmeldung nicht. Die gemeinnützige Open-ID-Stiftung entwickelte bereits im Jahr 2005 einen freien Standard. "Milliarden von Menschen nutzen Open-ID bereits, ohne es zu wissen, denn er wurde unter anderem in den Seiten von Google, Microsoft und Yahoo eingebaut", erklärt Stiftungsdirektor Thomas Lodderstedt.

Bei Open-ID kann der Nutzer neben großen Firmen einen von etlichen kleineren Web-Diensten wählen, wie etwa cloudid.de, und sich dort seinen persönlichen Open-ID-Link erstellen. Damit meldet er sich dann bei allen Seiten an, die den Standard unterstützen. Doch abseits der Internetriesen setzte sich Open-Id bisher nicht als unabhängiger Netzausweis durch. "Die Eingabe eines langen Links als Nutzer-Nummer erschließt sich maximal einem Computerexperten", erklärt sich Lodderstedt den Misserfolg. Verbraucherschützer Glatzner gibt zu: "Mir fällt auf Anhieb keine Webseite ein, wo ich das sichtbar nutzen kann."

Im Februar verabschiedete die Open-ID-Stiftung nun einen Nachfolger, den neben Google auch schon die Telekom verwendet. Nutzer sollen OpenID-Connect künftig einfacher handhaben können, verspricht Lodderstedt. Er hofft auf breite Akzeptanz im Netz: "Wir brauchen OpenID-Connect, weil nicht jeder Facebook vertraut und mit einem freien Standard auch der Dominanz einer Firma entgegengewirkt wird."

cloudid.de

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