Keine Extrakosten im EU-Ausland Ein Jahr ohne Roaming-Gebühren

Brüssel/Düsseldorf · Morgen jährt sich das Ende der Extrakosten für Smartphone-Dienste im EU-Ausland zum ersten Mal. Die Bilanz fällt positiv aus.

 Noch vor einem Jahr konnte es teuer werden, im Urlaub nach Hause zu telefonieren oder zu surfen. Seit dem 15. Juni 2017 sind die sogenannten Roaming-Gebühren im EU-Ausland jedoch passé: Verbraucher können ihr Telefon zu den gleichen Preisen nutzen, wie in ihrem Heimatland.

Noch vor einem Jahr konnte es teuer werden, im Urlaub nach Hause zu telefonieren oder zu surfen. Seit dem 15. Juni 2017 sind die sogenannten Roaming-Gebühren im EU-Ausland jedoch passé: Verbraucher können ihr Telefon zu den gleichen Preisen nutzen, wie in ihrem Heimatland.

Foto: dpa/Daniel Naupold

Ein Anruf bei der Familie im Urlaub oder der Versand eines Strandfotos an Freunde in der Heimat – noch vor einem Jahr konnte das ganz schön ins Geld gehen. Am 15. Juni 2017 traten in der EU jedoch neue Regeln in Kraft, nach denen die sogenannten Roaming-Gebühren entfallen. Die mögliche Ersparnis für deutsche Handynutzer wurde damals nach Angaben der EU-Kommission auf durchschnittlich 144 Euro pro Jahr geschätzt.

Die Verbraucher scheinen sich schnell an das günstige Telefonieren im Ausland gewöhnt zu haben. Bei Vodafone etwa sind Datennutzung und Telefonminuten von deutschen Kunden im EU-Ausland seit dem Wegfall der Roaming-Regulierung deutlich gestiegen, wie das Unternehmen mitteilt. Genaue Zahlen werden nicht genannt, laut Vodafone gleiche sich das Nutzungsverhalten von Roaming-Teilnehmern jedoch nach und nach dem im Heimatland an. Telefonieren wie zu Hause – das Ziel der EU-Kommission in Brüssel scheint sich zu erfüllen.

Der Weg dorthin war allerdings lang und verworren. Schon vor elf Jahren, im Juli 2007, trat in der EU der sogenannte Eurotarif in Kraft. Ausgehende Anrufe durften maximal 49 Cent pro Minute kosten, eingehende Anrufe höchstens 24 Cent. Von da an fielen die Kosten stetig: 2009 etwa lagen die Höchstkosten bei 43 Cent beziehungsweise 19 Cent pro Minute. Es folgten weitere, niedrigere Obergrenzen, bis das Roaming schließlich komplett abgeschafft werden sollte.

Einen Vorschlag der EU-Kommission, wonach Anbieter das kostenfreie Roaming im EU-Ausland auf 90 Tage befristen könnten, wurde 2016 auf Anordnung des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker wieder kassiert. 90 Tage waren ihm nicht genug. Im September 2016 legte die Kommission dann mit einem neuen Vorschlag nach, im April 2017 stimmten Europaparlament und EU-Staaten dem endgültigen Antrag zu. Und seit Mitte Juni 2017 fallen die Extrakosten bei der Smartphone-Nutzung in EU-Ländern schließlich ganz weg.

Die EU-Kommission feiert das als großen Erfolg und als Beweis für lebensnahe Entscheidungen aus Brüssel. Als ähnlicher Verkaufsschlager gelte in der EU höchstens noch das Studentenaustauschprogramm Erasmus: „Die Ergebnisse des ersten Jahres ohne Roaminggebühren in der EU sind außergewöhnlich: Wir haben einen beträchtlichen Anstieg der Roaming-Anrufe und der Datennutzung erlebt“, sagt der zuständige EU-Kommissar und Vizepräsident Andrus Ansip. Das scheinen auch Zahlen der europäischen Regulierungsstelle für elektronische Kommunikation vom März dieses Jahres zu bestätigen. Demnach stieg etwa der Internet-Datenverkehr bei Roaming-Dienstleistern im dritten Quartal 2017 um nahezu 150 Prozent.

Wenn Mobilfunk-Kunden im Ausland surfen oder telefonieren, nutzen sie dafür in der Regel die Netze ausländischer Anbieter. Die stellen dem eigenen Provider diese Nutzung in Rechnung. Damit EU-Bürger im Ausland zum gleichen Preis wie zu Hause mobil surfen können, mussten diese Vorleistungen zwischen den Mobilfunkanbietern drastisch sinken. Bei Datenvolumen von 50 Euro pro Gigabyte auf inzwischen maximal sechs Euro. Eine weitere Reduzierung sieht die EU-Verordnung in den kommenden Jahren vor.

Für deutsche Mobilfunkanbieter machte sich der Wegfall der Roaming-Verordnung im letzten Jahr  in den Bilanzen bemerkbar. Das Unternehmen Telefónica etwa rechnet für 2018 nach eigenen Angaben mit Umsatzeinbußen in Höhe von 30 bis 50 Millionen Euro. Auch Vodafone machte im vergangenen Geschäftsjahr 1,4 Prozent Umsatzverluste durch Regulierungsvorgaben geltend.

Die Bilanz von Verbraucherschützern ist derweil durchweg positiv. „Der prophezeite Bärendienst am Verbraucher durch steigende Preise ist ausgeblieben“, sagt Lina Ehrig vom Bundesverband der Verbraucherzentrale in Berlin. Sie bezieht sich auf vorangegangene Befürchtungen, die Mobilfunkanbieter würden ihre Preise anheben, um die Verluste nach dem Wegfall der Roaming-Gebühren auszugleichen. Auch Ursula Pachl, stellvertretende Chefin des europäischen Verbraucherschutzverbands Beuc, sagt: „Verbraucher brauchen keine Sorgen mehr zu haben, wenn sie im Urlaub nach dem Weg suchen, per Videochat die Familie anrufen oder während einer Geschäftsreise Daten herunterladen.“

Unabhängig vom Wegfall der Roaming-Gebühren weisen die EU-Regeln aus Sicht der Verbraucherschützer jedoch noch immer eine Schwachstelle auf: Anrufe aus dem Heimatland in ein anderes EU-Land können sehr teuer werden. Doch auch das hat bald ein Ende: Erst in der vergangenen Woche einigten sich Unterhändler des Europaparlaments, der EU-Länder und der EU-Kommission darauf, diese Kosten künftig zu deckeln. Demnach dürfen Anrufe ins EU-Ausland künftig nur noch maximal 19 Cent pro Minute kosten. Laut Lina Ehrig sei das ein weiterer maßgeblicher Erfolg für Verbraucher.

(dpa)
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