117 neue Emojis Ein Bild macht oft mehr Ärger als tausend Worte

Seelze · Emojis sollen Gefühle in der Bildschirmwelt symbolisieren. Doch sie werden oft falsch verstanden oder gar als Beleidigung ausgelegt.

 Das Zwinker-Smiley kann sowohl nett, als auch provozierend verstanden werden.

Das Zwinker-Smiley kann sowohl nett, als auch provozierend verstanden werden.

Foto: dpa-tmn

Am Anfang war das Emoticon. Punkt, Punkt, Komma, Strich – so ähnlich sahen die ersten durch Satzzeichen beschriebenen Gefühle in der digitalen Welt aus. Der Informatiker Scott Fahlman erfand sie in den 1980er Jahren. Er wollte ironisch oder lustig gemeinte Aussagen in Chats mit einem Symbol kennzeichnen. Und das :-) kam heraus.

Heute ist nichts mehr so simpel wie damals. Längst sind die Emoticons von den Emojis verdrängt worden, kleine Grafiken wie Smileys mit ihren Gesichtsausdrücken, Alltagsobjekte oder Tiere. Die Zahl nimmt unaufhaltsam zu: Allein 117 neue Emojis hat das Unicode-Konsortium 2020 vorgestellt. Es entwickelt für alle gängigen Schriftzeichen und Symbole einen digitalen Code. Die 117 neu entwickelten Emojis sollen im Laufe des Jahres nach und nach auf den Smartphones und Computern dieser Welt auftauchen. In einer Umfrage im Auftrag des IT-Branchenverbandes Bitkom gaben allerdings immerhin fünf Prozent an, von Emojis genervt zu sein.

Die Linguistin Christina Margrit Siever hat in einer Studie an der Uni Zürich die Kommunikation mit Emojis in Whatsapp-Chats untersucht. „Manche Leute sind genervt, wenn zu viele Emojis verwendet werden“, sagt sie. Einige Nutzer gaben an, die Person dann nicht ganz ernst nehmen zu können. Auch reine Emoji-Antworten, etwa Daumen hoch, können negativ ankommen und als Faulheit oder mangelnder Respekt aufgefasst werden. Missverständnisse sind programmiert.

Ein weiteres Problem: Genau wie bei Wörtern kann es auch bei Bildern zu Missverständnissen kommen. „Emojis sind nicht unbedingt global verständlich“, erklärt Siever. Da wäre zum Beispiel das „Sleepy Face Emoji“ – ein Gesicht mit geschlossenen Augen, geöffnetem Mund und einem blauen Tropfen auf Höhe der Nase.

„Im europäischen Kulturkreis wird das Emoji vermutlich als traurig interpretiert, das blaue Element wird als Träne aufgefasst.“ Das Symbol ist aber, wie viele Emojis, aus der Bildsprache japanischer Manga-Animes entlehnt und bedeutet da schlicht, dass eine Person müde ist oder schläft.

Sogar simple Symbole wie der Zwinker-Smiley können mehrdeutig sein: Der eine sieht ihn als Zeichen für einen Witz oder Ironie, die andere als neckisches Zwinkern und der nächste gar als Provokation.

Obwohl die Emojis im Unicode standardisiert wurden, kann es in der Anzeige zu Problemen kommen. Sei es, weil ein Anbieter für ein Emoji noch keine konkrete grafische Darstellung erstellt hat und es auf dem Gerät nur als Viereck mit Fragezeichen angezeigt wird, oder weil die Darstellungen der Emojis recht unterschiedlich gestaltet wurden.

Klassisches Beispiel dafür sind die aufeinandergelegten Hände, die von manchen als betend, von anderen als ein Hallo interpretiert werden. In manchen Versionen ist dahinter eine Person zu sehen. Dann ist klar, dass hier niemand einklatscht.

 Das sogenannte Sleeping Face Emoji hat mit Trauer nichts zu tun. Es steht für Müdigkeit.

Das sogenannte Sleeping Face Emoji hat mit Trauer nichts zu tun. Es steht für Müdigkeit.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

„Man kann nicht einfach sagen, Emoji X bedeutet das oder das“, sagt auch der Linguist Michael Beißwenger von der Universität Duisburg-Essen. Die Bedeutung hänge entscheidend vom jeweiligen Kontext ab, es komme also darauf an, was zuvor geschrieben wurde, mit welchen Wörtern das Symbol kombiniert wurde und in welchem Verhältnis die Chatpartner zueinander stehen.

(dpa)
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