Schach im Internet Die Schachwelt sucht einen Weg ins Internet

Berlin · Die Corona-Krise hat den Trend zu digitalen Angeboten verstärkt. Doch die Branche kämpft noch mit technischen Problemen.

 Schachpartien im Internet werden derzeit immer beliebter.

Schachpartien im Internet werden derzeit immer beliebter.

Foto: dpa/Frank Augstein

Millionen Partien werden Tag für Tag auf den größten Schach-Servern Chess.com und Lichess gespielt. Die Weltklasse hat auch online einen dichten Turnierkalender, angeführt von der Magnus Carlsen Chess Tour des Weltmeisters auf der Hamburger Plattform chess24. Weil die Schach-Olympiade wegen der Corona-Krise frühestens im Sommer 2021 am Brett stattfinden kann, trägt der Weltschachbund Fide vom 22. Juli an einen Nationenwettbewerb im Internet aus.

Auch Schachunterricht ist online gefragter denn je. Trainer wie Niclas Huschenbeth aus Berlin oder Georgios Souleidis aus Hamburg bedienen eine rasch wachsende Kundschaft auf Youtube und Twitch. Auf dem durch Videospiele groß gewordenen Streamingdienst, Twitch, behaupten sich neuerdings auch Kanäle, die sich dem 1500 Jahre alten Brettspiel verschrieben haben.

Unter denen, die mangels echter Turniere mit Liveübertragungen im Internet begonnen haben, ist auch die Erfurter Großmeisterin Elisabeth Pähtz. Kürzlich lief auf Twitch das Schauturnier Pogchamps. Bekannte Streamer wie der Berliner Kevin Teller alias Papaplatte versuchten sich im Schach, um dadurch ein neues, junges Publikum für den Denksport zu gewinnen.

„Online-Schach ist eine Ersatzdroge, es hat sich aber auch schon ein bisschen abgenutzt“, sagte der Präsident des Niedersächsischen Schachverbandes, Michael Langer. „Einige werden künftig nur noch online spielen, andere wollen sich so schnell wie möglich wieder mit ihren Vereinskameraden treffen.“ Sorgen bereiten ihm „traditionelle Vereine, die um ihren Spielabend und ihre Mannschaftskämpfe organisiert sind. Wer sich nicht nur aufs Spielen fokussiert, sondern schon bisher auch Trainings organisiert hat, wird die Krise überstehen.“

Der SC ML Kastellaun und die Schachsparte ESV Rot-Weiß Göttingen haben dank Videotraining und virtuellen Clubräumen zuletzt sogar Mitglieder dazu gewonnen. Aktive Vereine nutzen Plattformen von Facebook bis Discord. „Schach wird sich in jedem Fall verändern. Corona beschleunigt nur Entwicklungen, die ohnehin schon laufen“, stellt Langer fest. Für eine Bilanz sei es aber viel zu früh. „Im Herbst 2021 wird messbar sein, was Corona angerichtet hat.“

Die Zukunft des organisierten Schachs könnte in einer Kombination von Brett und online bestehen. Auch die Mitsprache von Spielern und Vereinen kann online leicht verbessert werden, wie der Deutsche Schachbund zuletzt durch öffentliche Videokonferenzen vorgemacht hat.

Einige Vereine, Verbände und Schulschachanbieter arbeiten bereits darauf hin, Brett und Internet zu verbinden, wie Langer beobachtet. Doch dabei müsse ein noch ungelöstes Problem angegriffen werden. Bislang gegen es im Online Schach kein Verfahren, das Betrug sicher verhindern kann. Bei einem Schachturnier wacht ein Schiedsrichter über die Einhaltung der Regeln. Den gibt es nicht, wenn sich die beiden Spieler nicht im selben Raum gegenübersitzen

(dpa)
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