Droht das Zwei-Klassen-Internet?

New York · Geht es nach der EU, sollen alle Internetnutzer gleich behandelt werden. Doch das Prinzip der Netzneutralität könnte ins Wanken geraten, sollten sich Berichte über die Pläne der US-Behörde FCC bewahrheiten.

Es ist gerade drei Wochen her, dass das EU-Parlament in Brüssel beschloss, im Internet keine Sonderbehandlung zu erlauben. Alle Dienste sollen gleich sein, keiner bevorzugt behandelt werden. Experten fassen das unter dem Begriff Netzneutralität zusammen. Doch wie neutral das weltweite Netz in Zukunft wirklich ist, entscheiden nicht die Europäer allein.

Schnelles Netz für Firmen

Übereinstimmenden Medienberichten des "Wall Street Journal" und der "New York Times" zufolge will die US-Kommunikationsbehörde FCC den Weg für bezahlte Überholspuren im Netz nun möglicherweise freimachen. Der Vorstoß sei Teil einer Neufassung der Regeln zur Netzneutralität. Unternehmen wie Disney, Netflix oder Google sollen demnach die Möglichkeit bekommen, ihre Dienste mit garantierter Übertragungsgeschwindigkeit zum Kunden zu bringen. Dafür müssten die Firmen den Internetanbietern einen Aufpreis zahlen. So könnte etwa ein Video-Streamingdienst sicherstellen, dass Nutzer seine Filme ohne Ruckeln sehen können. Allerdings ist bisher unklar, wie die neuen Regeln der US-Behörde im Detail aussehen sollen. FCC-Chef Tom Wheeler dementierte die Berichte gestern. In einem Blog auf der Internetseite der FCC erklärte er, es sei "eine große Menge von Fehlinformationen bezüglich des neuen Entwurfes im Umlauf." Dieser sei keine grundsätzliche Abkehr von der Netzneutralität, so Wheeler. Es werde keine Diskriminierung einzelner Inhalte geben.

Stau in der zweiten Klasse

Träte die Regelung in der Form, wie sie in den US-Medien berichtet wird, in Kraft, wäre dies allerdings eine Abkehr vom bisherigen Prinzip der Gleichheit, nach dem alle Datenpakete im Internet identisch behandelt werden müssen. Verfechter der Netzneutralität befürchten, dass ohne diese Regel kleinere Firmen benachteiligt würden. Sie könnten sich die Extra-Zahlungen an die Internetanbieter womöglich nicht leisten und müssten dann mit einer schlechteren Übertragungsqualität rechnen. Die Schaffung einer garantierten Qualitätsklasse benachteilige zwangsläufig andere Angebote. "Der Kern eines 'kommerziell angemessenen' Standards ist Diskriminierung", sagte Michael Weinberg von der Verbraucherschutz-Gruppe Public Knowledge.

Die FCC will ihre Pläne am 15. Mai veröffentlichen, bereits gestern sollen sie intern an verschiedene Kommissionen verteilt worden sein.

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