Die heimlichen Helfer der Karies-Keime

Karies ist eine Infektionskrankheit. Doch wie aggressiv die Bakterien, die den Zahnschmelz zerstören, zu Werke gehen, hängt von der Zusammensetzung des Zahnbelags eines Menschen ab.

 So sieht unsere Zahnplaque in extremer Vergrößerung unter einem Elektronenmikroskop aus. Die Kariesbakterien Streptococcus mutans (hier gelb eingefärbt) sind bis zu zwei Mikrometer (tausendstel Millimeter) groß. Braun gefärbt ist auf dieser Aufnahme der Pilz Candida albicans. Foto: Rohde/HZI

So sieht unsere Zahnplaque in extremer Vergrößerung unter einem Elektronenmikroskop aus. Die Kariesbakterien Streptococcus mutans (hier gelb eingefärbt) sind bis zu zwei Mikrometer (tausendstel Millimeter) groß. Braun gefärbt ist auf dieser Aufnahme der Pilz Candida albicans. Foto: Rohde/HZI

Foto: Rohde/HZI

Braunschweig. Karies ist das Werk von Bakterien. Der Auslöser dieser Infektionskrankheit, Streptococcus mutans, ist ein Keim, der leider bei fast allen Menschen im Speichel lebt. Das Bakterium ernährt sich von Kohlenhydraten und scheidet als Stoffwechselprodukt Säuren aus, die den Zahnschmelz auflösen. Doch bei seinem zerstörerischen Werk ist es nicht allein. Es hat Helfer in der Zahnplaque, die bei seinen Bohrarbeiten offenbar eine wichtige Rolle spielen, berichtet das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig.

Entscheidend sei, so das HZI, wie der klebrige Film zusammengesetzt ist, den Streptococcus mutans auf unseren Zähnen bildet, um dort Halt zu finden. Ein wichtiger Partner des Bakteriums sei dabei der Hefepilz Candida albicans. "Wir haben uns das Zusammenspiel von Streptococcus mutans und Candida albicans genauer angeschaut und festgestellt, dass das Bakterium im Beisein des Pilzes seine Virulenz verändert", so Professor Irene Wagner-Döbler vom HZI. Das bedeutet: Dieses Bakterium wird in Anwesenheit des Pilzes gefährlicher.

Gefährliches Duo

Bakterien können über chemische Signale kommunizieren. Sie reagieren dabei zum Beispiel auf Botenstoffe anderer Mikroorganismen in ihrer Umgebung. Die Pilze produzieren Signalmoleküle, die den Stoffwechsel der Bakterien verändern. Sie führen zum Beispiel dazu, dass im Erbgut des Bakteriums Gene aktiv werden, die die Produktion antibiotischer Substanzen ankurbeln, erklärt Dr. Helena Sztajer. Mit diesen Wirkstoffen eliminiert Streptococcus mutans wiederum andere Bakterien in seiner Nachbarschaft. Außerdem könne die Zahnmikrobe in Zusammenarbeit mit dem Pilz leichter fremdes Erbgut aufnehmen und so selbst Widerstandskraft gegen fremde Antibiotika erlangen.

Das Zusammenspiel zwischen den Karies-Bakterien und den 300 anderen Arten von Mikroorganismen in der Zahnplaque sei allerdings extrem kompliziert, so Irene Wagner-Döbler. Welche Effekte im Biotop Gebiss die Entwicklung der Karies verstärken und bremsen, sollen weitere Studien zeigen, so das HZI. Die Erkenntnisse seien nicht nur für die Zahnmedizin wichtig, sie stünden für einen neuen Ansatz bei der Ursachenforschung vieler Krankheiten. Suchten die Forscher früher zumeist nach einem einzigen Auslöser, so zeichne sich nun ab, dass eine Krankheit aus dem Zusammenspiel vieler Faktoren entstehe.

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