Die Geldbörse im Smartphone

Saarbrücken · Nur wenige Verbraucher zahlen an der Kaufhaus-Kasse mit dem Handy. Vodafone, Teléfonica und die Deutsche Bank versuchen nun, Kunden mit neuen Apps von den Vorteilen zu überzeugen. Bisher sträuben sich aber viele Verbraucher wegen Datenschutz-Bedenken gegen die Technologie.

 In Deutschland ist das Bezahlen per Smartphone wenig bekannt – doch immer mehr Händler bieten die Zahlmethode an.

In Deutschland ist das Bezahlen per Smartphone wenig bekannt – doch immer mehr Händler bieten die Zahlmethode an.

Foto: Fotolia

Die Deutschen lieben ihre Münzen und Scheine. In 80 Prozent aller Fälle griffen sie 2015 an der Kasse zum Bargeld, um ihre Rechnung zu begleichen. Zu diesem Schluss kommt die Deutsche Bundesbank in einer Studie. Dabei könnten es Kunden einfacher haben. Seit 2002 ist es möglich, im Vorbeigehen mit dem Handy an der Kasse kontaktlos zu bezahlen. Doch noch zeigen Verbraucher wenig Interesse. Vodafone , Teléfonica und die Deutsche Bank wollen in diesem Sommer dem bargeldlosen Bezahlen per Smartphone auf die Sprünge helfen.

Damit Kunden ihre Rechnungen mit dem Smartphone kontaktlos an der Kasse begleichen können, muss das Gerät mit einem NFC-Chip ausgestattet sein. NFC steht für "Near Field Communication" (Nahfeldkommunikation). Die Technik eignet sich für den Austausch von Daten über sehr kurze Strecken per Funk. Wenn der Kunde an der Supermarktkasse vorbeigeht, muss er nur sein Handy an ein Lesegerät halten. Das liest die Daten aus und bucht die Einkäufe ab. Nach einer Studie des Verbandes Bitkom waren Ende 2015 rund 80 000 Kassenterminals mit NFC-Lesegeräten ausgestattet. Das entspreche gut zehn Prozent aller Anlagen in Deutschland. So bieten Aldi Süd und Nord die Bezahlart an, ebenso wie Lidl und Karstadt . Zwar haben in einer Bitkom-Umfrage 32 Prozent der Teilnehmer die Technik bereits für Einkäufe benutzt. Aber 36 Prozent gaben an, noch nie davon gehört zu haben.

Der Konzern Teléfonica plant aus diesem Grund einen Zwischenschritt. Im Spätsommer will das Unternehmen seine App O2-Banking für Android und iOS Geräte veröffentlichen. Wer die Anwendung nutzt, erhält eine kostenlose O2-Bankkarte. In der Karte ist ein NFC-Chip verbaut, über den alle Einkäufe laufen sollen. Da der Chip mit dem Konto unter der O2-Banking App registriert ist, werden die Beträge dort abgebucht. Noch vertraue Télefonica nicht auf die Bekanntheit der NFC-Chips in Handys, sagt eine Firmensprecherin. Die Kunden würden das kontaktlose Bezahlen über eine gängige Kreditkarte zunächst besser akzeptieren.

Zuversichtlicher ist da die Deutsche Bank . Seit Ende April hat das Geldhaus seine Anwendung Deutsche Bank Mobile freigeschaltet. Allerdings zunächst nur für Apple Smartphones . Ab dem dritten Quartal soll die App auch für das Betriebssystem Android erscheinen. Abgebucht wird von einem registrierten Konto.

Eine Runderneuerung für seine App Vodafone Wallet kündigte der Mobilfunkanbieter Vodafone an. Künftig kooperiert das Unternehmen mit dem Internet-Bezahldienst Paypal. Der Kunde soll ein Konto bei Paypal einrichten und anschließend mit der App Vodafone Wallet verknüpfen. Paypal dient als Schnittstelle zwischen dem NFC-Chip und dem Girokonto des Anwenders, das beim Bezahldienst registriert ist. Wenn der Kunde an der Kasse kontaktlos bezahlen will, bucht der Chip die fällige Summe per Paypal vom Girokonto ab.

Barbara Steinhöfel von der Verbraucher-Zentrale Rheinland-Pfalz sieht noch einige Hindernisse, bis die NFC-Technologie wirklich ins Bewusstsein der Verbraucher dringt. "Noch bieten zu wenige Händler die Bezahlart an, als dass die Kunden darauf aufmerksam werden", sagt sie. Zudem blieben deutsche Verbraucher an der Ladenkasse lieber anonym und wollten keine Datenspuren hinterlassen. Und die fallen eben bei Überweisungen per NFC an. Die NFC-Chips in den Smartphones seien aber so ausgelegt, dass der Chip keinen Zugriff auf Daten des Gerätes hat. Dabei unterscheide sich NFC nicht von einer herkömmlichen Kreditkarte. Verbraucher sollten allerdings bei den Apps , die den Bezahl-Vorgang abwickeln, immer prüfen, auf welche Daten diese zugreifen wollen.

Viele Nutzer fürchten aber, dass Unbefugte die Daten im Vorbeigehen auslesen oder sie sich einen Virus einfangen könnten. Zumindest gaben das 37 Prozent der Befragten in einer Studie des Digitalverbandes Bitkom an. Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sagt allerdings, dass trotz der grundsätzlich bestehenden Gefahren niemand auf diese Technologie verzichten müsse. Ein Antiviren-Programm helfe zum Beispiel, sich vor gängigen Schadsoftware zu schützen. Zudem behielten Kunden grundsätzlich die Kontrolle über alle Rechnungen. Alle Abbuchungen über NFC müssten sie mit einer PIN bestätigen. Von alleine könne der Chip keine Daten auf ein anderes Handy übertragen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort