Ein unterschätzter Infektionsherd Das Smartphone als Bazillenschleuder

Berlin · Der Handy-Bildschirm ist ein Brutplatz für alle möglichen Arten von Keimen. Gerade zur Grippesaison muss er regelmäßig gereinigt werden.

 Auch Krankheitserreger wie diese gefährliche Variante des Darmbewohners Escherichia coli wachsen auf dem Smartphone.

Auch Krankheitserreger wie diese gefährliche Variante des Darmbewohners Escherichia coli wachsen auf dem Smartphone.

Foto: dpa/HZI

Wo man geht und steht, wo man sitzt und läuft, man hat es immer in seiner Nähe: Bei der Arbeit, in der Küche, im Fitness-Club und sogar im Badezimmer. Doch auch wenn sich das Handy täglich stundenlang immer wieder in der Hand befindet – und man dazwischen Kontakt mit Türgriffen, Münzgeld oder Fahrscheinautomaten hat – wird es nur in den seltensten Fällen gereinigt. Eine regelmäßige Pflege ist jedoch wichtig, vor allem jetzt in der Erkältungszeit. Denn auf einem Mobiltelefon können sich Bakterien und Viren durch den Kontakt mit Mund und Händen, Schmink- oder Essensresten massenhaft vermehren.

Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) in Dresden hat Smartphones auf Verunreinigungen getestet. Diese hätten sich als „reinste Bakterienbiotope“ erwiesen. „Hier wurden im Schnitt 3895 Bakterien pro Quadratzentimeter gefunden. Mehr Bakterien fand man nur noch auf Spüllappen“, so das FEP. Rund 100 verschiedene Bakterienarten tummeln sich nach einer Meldung der Techniker Krankenkasse auf einem Handy. Durchschnittlich tippen wir über 2500 Mal pro Tag auf unser Smartphone. Doch nur jeder vierte Deutsche reinige die Oberfläche bewusst und intensiv.

Vor allem in der Grippezeit sei es jedoch wichtig, das Handy-Display regelmäßig zu säubern. „Wer erst die Nase putzt und dann die nächste Nachricht verschickt, muss sich über Erkältungsviren auf dem Display nicht wundern“, so die Krankenkasse. „Da sich in der Erkältungszeit Erreger auch über Türklinken, Haltegriffe in der Straßenbahn und ähnliche Herde verbreiten, landen sie unweigerlich auf dem Touchscreen.“

Schon kleinste Kratzer auf Smartphones und Tablets reichen Keimen, Pilzen und Bakterien als Versteck und Nährboden. Sie halten sich bei Raumtemperatur mehrere Tage, Sporen von Pilzen sogar mehrere Monate. „Gesunden Menschen bereiten die Keime normalerweise keine Probleme. Erhöhte Infektionsgefahr besteht aber für Menschen mit schwachem Immunsystem oder bei Erkältungswellen“, sagt Wiete Schramm, Ärztin beim TÜV Rheinland. Auch sie empfiehlt, Smartphones und Tablets regelmäßig zu reinigen.

Allerdings sollte man hier nicht nach dem Motto „Viel hilft viel“ vorgehen. „Auf jeden Fall gilt: Hände weg von scharfen Reinigern wie Spülmittel, Seifenlaugen, Alkohol oder Glasreiniger“, betont die Fachärztin für Arbeitsmedizin. Sie könnten langfristig die fettabweisende Oberfläche der Geräte beschädigen, sodass sie weniger gut zu bedienen seien. Zum Säubern der empfindlichen Touchscreens eigneten sich spezielle Hygienesprays mit keimabtötender Wirkung. Die Sprays gibt es in Drogerien, im Fachhandel oder in Apotheken. Für die tägliche Pflege von Smartphones und Tablets seien Reinigungstücher für Monitore und andere elektrische Geräte empfehlenswert. „Zur Not tut es auch ein Brillenputztuch aus Mikrofaser“, meint Schramm, weil es selbst in trockenem Zustand noch Fettschmutz aufnehme. Vorsicht allerdings vor Krümeln oder anderen Partikeln: Sie können beim Reiben Spuren hinterlassen. Eine spezielle Folie schützt Displays vor Kratzern und Keimen. Ihr Pluspunkt: Sie ist austauschbar.

Der beste Schutz vor Keimen sei allerdings immer noch das Händewaschen, denn auf Händen tummelten sich Millionen von Krankheitserregern. Weil Menschen sich häufig ins Gesicht fassen, bringen sie eigene Keime auf die Displays. Von dort gelangen sie zurück in Augen, Nase oder Mund. „Benutzt man während des Essens ein Handy oder Tablet, können winzige Essensreste zurückbleiben, die dann wieder als perfekter Nährboden für weitere Keime dienen“, sagt Wiete Schramm. Auch Cremes und Schminke begünstigten das Keimwachstum.

Die Techniker Krankenkasse gibt noch weitere Tipps rund um die Reinigung von Handys: Habe sich etwa an den Eingängen von Kopfhörern oder der Ladebuchse Schmutz angesammelt, helfe ein herkömmliches Wattestäbchen weiter. Überschüssige Flusen sollten allerdings vorher entfernt werden, damit diese nicht in den Anschlüssen hängenbleiben. Auch eine unbenutzte, weiche Zahnbürste eigne sich gut, um Schmutz aus den Anschlussbuchsen zu entfernen.

Gerade ältere Geräte haben Rillen und kleine Zwischenräume, in denen sich Staub ablagert und Keime ihr Zuhause finden. Mit einem Zahnstocher könne man vorsichtig die Rillen entlangfahren. „Bitte nicht in den kupfer- oder goldfarbenen Kontakten herumstochern!“, appelliert die TK, „da kann schnell etwas kaputtgehen.“

Wesentlich schwieriger zu reinigen als die glatte Oberfläche eines Smartphones sind natürlich die Zwischenräume bei Tastaturen. „Gerade deshalb bieten sie ein ideales Versteck für Erreger“, so die Krankenkasse. Sie weist darauf hin, dass es dafür ebenfalls im Fachhandel eine spezielle Reinigungsmasse gebe. Diese sei ähnlich wie Knetgummi beschaffen und lasse sich gut formen, um auch in kleine Lücken zu kommen. Der Vorteil: An der klebrigen Oberfläche bleiben nicht nur Krümel und Staub hängen, dank ihrer antibakteriellen Wirkung tötet sie auch Erreger ab.

Das hessische Verbraucherministerium appelliert unter der Überschrift „Unterschätzte Keimbelastung“, mit dem Handy sorgsam umzugehen. „Leider werden sie oft einfach achtlos in die Tasche gesteckt, sodass sie leicht durch den Tascheninhalt wie Kugelschreiber, benutzte Taschentücher oder Schlüssel zerkratzt und verschmutzt werden können“, heißt es. In Kratzern könnten sich dann leicht Keime ansammeln. Und noch einen Tipp gibt es aus dem Ministerium: Während des Essens sollte auf das Telefonieren verzichtet werden, denn dabei würden besonders viel Schmutzpartikel und Keime übertragen. Zudem begünstigten zurückbleibende Essensreste auf dem Handy das Wachstum von Bakterien.

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