Android-Smartphone ohne Google Huawei erprobt das Leben ohne Google

Berlin · Das neue Smartphone des chinesischen Herstellers erscheint nun doch in Deutschland.

 Huaweis App Gallery (links) unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum von Googles Play Store (rechts). Doch etliche bekannte Apps wie Facebook oder Spotify fehlen dort.

Huaweis App Gallery (links) unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum von Googles Play Store (rechts). Doch etliche bekannte Apps wie Facebook oder Spotify fehlen dort.

Foto: dpa-tmn/Robert Günther

() Auf den ersten Blick reiht sich das Huawei Mate 30 Pro in die Riege der Top-Smartphones der chinesischen Marke ein. Doch es ist ein höchst ungewöhnliches Gerät für den deutschen Markt: ein Android-Smartphone ohne Google-Dienste.

Die US-Sanktionen zwingen den zweitgrößten Smartphone-Anbieter der Welt, seine neuen Telefone ohne GMail, Google-Karten oder die App-Plattform Play Store auszuliefern. Für einen Teil der Google-Dienste gibt es Alternativen direkt von Huawei, bei anderen muss man auf Services weiterer Anbieter zurückgreifen.

Wenn man das Mate 30 Pro als „Huawei-Telefon“ nutzt, werden ganz schnell zwei Dinge klar. Zum einen, wie sehr man als Android-Nutzer in einer Google-Welt lebt. Egal, ob es darum geht, schnell eine Route zu planen oder die Fotos mit der Cloud zu synchronisieren. Zum anderen machen die Datenschutzhinweise der Huawei-Dienste noch einmal deutlich, was für ein weitreichender Datenzugriff hinter dem reibungslosen Ablauf der gewohnten Funktionen steckt.

Zunächst einmal begrüßt das Mate 30 Pro seine neuen Besitzer mit der Aufforderung, sich mit einer „Huawei ID“ anzumelden. Das ist Huaweis Alternative zum Google-Konto, in dem die gesammelten Einstellungen und Nutzerdaten gespeichert und verwaltet werden.

Zur Familie der Huawei-Software gehören unter anderem die App Gallery als Ersatz für die App-Plattform Google Play, die Huawei-Cloud, über die zum Beispiel Fotos online gespeichert werden, Huawei-Health zum Sammeln und Synchronisieren von Gesundheitsdaten und der Huawei-Store zum Kauf von Geräten des Konzerns.

Die Liste der „empfohlenen Apps“, die bei der ersten Anmeldung in der App Gallery, die bereits seit Jahren ohnehin auf Huawei-Geräten vorinstalliert ist, zur automatischen Installation vorgeschlagen werden, scheinen etwas willkürlich gewählt zu sein: darunter sind zwei Anwendungen zum Radiohören, eine Wetter-App, ein Solitär-Spiel und die Software des E-Mail-Anbieters GMX.

Das Kernproblem der „App Gallery“: Zum Start des Mate 30 Pro klaffen erhebliche Lücken. Huawei muss die Entwickler noch davon überzeugen, ihre Apps auch auf die Plattform des Unternehmens zu bringen. Viele in Deutschland populäre Anwendungen fehlen. So sucht man vergeblich nach der kompletten App-Familie von Facebook, angefangen mit der blauen App des Online-Netzwerks über Instagram bis hin zu den Chat-Diensten Whatsapp und Messenger.

Allein das dürfte für viele Nutzer in Deutschland ein Ausschluss-Kriterium sein. Dann stehen sie vor der Frage, welche Karten-App sie sich auf das Gerät laden sollten. Denn es fehlen nicht nur bekannte Namen wie die App Here der deutschen Autobauer, sondern auch insgesamt ist die Auswahl eher schmal.

Genauso lückenhaft ist das Angebot in anderen Bereichen. Bei Billigfliegern ist Ryanair vertreten, aber nicht Easyjet. Das populäre Spiel „Candy Crush“ kann man nicht laden, aber die Nachahmer-App „Candy Crush Mania“ eines anderen Entwicklers. Auch die MyTaxi-Nachfolge-App Free Now fehlt. Die beiden führenden Musik­streaming-Dienste Spotify und Apple Music sind nicht vertreten, dabei sind aber die kleineren Konkurrenten Deezer und Napster. Insgesamt fällt der hohe Anteil chinesischer und russischer Programme in Huaweis Gallery auf.

Zugleich betont Huawei, dass die Auswahl immer größer werde. Der Konzern nehme auch viel Geld in die Hand, um Entwickler auf die eigene Plattform zu locken. Immerhin sind Apps der Online-Händler Amazon und About You, der Preissuchmaschine Idealo, des Fotodruck-Spezialisten Cewe und der Deutschen Telekom mit „MeinMagenta“ schon dabei.

 Apps bekommen Besitzer des neuen Smartphones über die App Gallery.

Apps bekommen Besitzer des neuen Smartphones über die App Gallery.

Foto: dpa-tmn/Robert Günther

Endgültig ist der Verzicht auf die fehlenden Apps nicht, zumindest für Nutzer, die von einem anderen Smartphone des chinesischen Herstellers zum Mate 30 Pro wechseln. Sie können aktuell über einen kleinen Umweg ihre gewohnten Programme auf den neuen Huawei-Geräten installieren, indem sie über die „Klonen“-Funktion einfach beim Einrichten des neuen Geräts eine Kopie des bisherigen Huawei-Smartphones übertragen.

(dpa)
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