Wenige Nutzer und Anwendungen Die sichere Digitalpost schwächelt noch

Berlin · Rechtsverbindlich und zuverlässig: De-Mail soll der neue Standard für sichere elektronische Kommunikation werden. Die Technologie hat viele Vorteile, doch Jahre nach dem Start fristet das Angebot ein Schattendasein.

 Die im Jahr 2012 gestartete De-Mail ermöglicht rechtssicheren elektronischen Briefverkehr. 

Die im Jahr 2012 gestartete De-Mail ermöglicht rechtssicheren elektronischen Briefverkehr. 

Foto: Friso Gentsch/dpa/Friso Gentsch

Die Idee hinter De-Mail klingt überzeugend: Deutschland soll sicher und schnell digital kommunizieren können. Bürger sollen sich so mit Behörden, Gerichten oder Banken austauschen und Versicherungen mit ihren Kunden. Arbeitgeber könnten sich Gehaltsabrechnungen per Post sparen und sie stattdessen per geschützter E-Mail in ein gesichertes Postfach senden. Das Potenzial ist groß, aber an der Umsetzung hakt es. De-Mail hat sich trotz vieler Unterstützer aus Bund, Behörden und Unternehmen seit dem Start im Jahr 2012 bis heute nicht durchgesetzt. Was läuft schief?

Für Tim Gerber von der Computer-Fachzeitschrift „c‘t“ liegt der Grund für den ausbleibenden Erfolg darin, dass zu wenige Unternehmen die Technologie nutzen, besonders Banken, Versicherungen und Telekommunikationsanbieter. „Dass die Unternehmen angesichts des hohen Missbrauchspotenzials noch immer auf unsichere E-Mails setzen, anstatt die sichere De-Mail anzubieten, leistet Betrug und anderen Straftaten Vorschub“, kritisiert er.

De-Mail funktioniert so: Für Privatkunden gibt es Anbieter wie die Telekom oder 1&1 mit Web.de und GMX, bei denen Nutzer sich für De-Mail registrieren können. Zertifizierte Anbieter sind ebenso T-Systems und Mentana Claimsoft. Bisher ist die Technologie für Verbraucher überwiegend kostenlos. Mit Personalausweis oder Reisepass muss sich jeder neue Anwender gegenüber seinem Anbieter identifizieren. Hier gibt es unterschiedliche Verfahren. Anschließend erhalten Neukunden ihre De-Mail-Adresse. Diese kann wie folgt aussehen: max.mustermann@t-online.de-mail.de. Nun kann mit der sicheren und rechtsverbindlichen Digitalpost losgehen.

In der Handhabung gleichen De-Mails ihren herkömmlichen Pendants, erläutert das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Sie verfügen jedoch über wichtige Eigenschaften, die E-Mails fehlen: Die Identitäten von Absender und Adressat können eindeutig nachgewiesen und nicht gefälscht werden.

Seit dem Start des Angebots 2012 haben sich nach Angaben des offiziellen Informationsportals zur De-Mail in Deutschland mehr als eine Million Nutzer registriert. Dennoch hält sich der Zuspruch in Grenzen. Bisher versenden Banken, Versicherungen und Behörden sensible Informationen in erster Linie per Briefpost. Dies bestätigt etwa der Bundesverband deutscher Banken. Eine Sprecherin erklärt auf Nachfrage, es gebe einfach zu wenig Kundeninteresse an De-Mail.

Somit fristet der digitale Standard für sichere Kommunikation Jahre nach dem Startschuss ein Schattendasein: Private wie öffentliche Organisationen halten sich zurück, weil es kaum Menschen gibt, die De-Mails in Empfang nehmen. Gleichzeitig vermisst die Gruppe der Internetnutzer, die sich auf die nicht mehr ganz neue Technologie einlassen will, konkrete Anwendungen.

Aus Sicht des IT-Branchenverbands Bitkom müssten die Bürger besser über die De-Mail informiert werden. So könnten sie die Vorteile des digitalen Prozesses im Vergleich zur bisherigen Praxis erkennen, sagt Rebekka Weiß vom Bitkom. Das komplizierte Anmeldeverfahren schrecke zwar ab. Dieses sei aber dem hohen Sicherheitsstandard geschuldet, erläutert sie.

De-Mail hat laut Bitkom eine Perspektive. Das Kommunikationsmittel gelte als Baustein auf dem Weg zum sogenannten E-­Government, also zu einem modernen, digitalen und bürgernahen Staatsapparat.

Doch auch Bundesbehörden kommunizieren, obwohl für sie De-Mail-Zugänge eigentlich bereits Pflicht sind, untereinander oft noch über die klassische E-Mail, kritisiert Gerber. Bei Unternehmen fordert er, die Kommunikation per De-Mail verpflichtend einzuführen, sobald Geschäfte über das Internet getätigt werden.

Das BSI empfiehlt De-Mail vor allem dort, wo es auf vertrauliche und verbindliche Kommunikation ankomme. Etwa bei Krankmeldungen, Behördenanträgen oder Schadensmeldungen. Fachjournalist Gerber rät Verbrauchern sogar ganz grundsätzlich zur De-Mail: „Wo immer man sie nutzen kann, sollte man sie nutzen.“ Sie sei nachweissicher etwa bei Kündigungen und deutlich günstiger als die klassische Briefpost mit entsprechenden Zusatzleistungen wie Einschreiben oder Rückschein. De-Mail werde sich daher durchsetzen und langfristig die klassische Post weitgehend ersetzen, ist Gerber überzeugt.

(dpa)
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