Online-Fitnessstudios im Test Das Wohnzimmer wird zum Fitnessstudio

Berlin · Die Stiftung Warentest nahm Online-Trainingsprogramme unter die Lupe – Nur zwei schnitten gut ab.

 Viele Hobbysportler nutzen zu Hause sogenannte Online-Fitnessstudios. Laut Stiftung Warentest sind nur wenige Angebote ihr Geld wert.

Viele Hobbysportler nutzen zu Hause sogenannte Online-Fitnessstudios. Laut Stiftung Warentest sind nur wenige Angebote ihr Geld wert.

Foto: Getty Images/ istock/filadendron

Während der Corona-Pandemie waren Fitnessstudios über Monate geschlossen. Doch Sport treiben wollten viele Deutsche trotzdem. Daher boten viele Studios online ihre Kurse an. Auch virtuelle Fitnessstudios und -Videos haben seit dieser Zeit Hochkonjunktur. Die Stiftung Warentest hat fünf Anbieter genauer unter die Lupe genommen und zusätzlich drei deutschsprachige Kanäle auf der Videoplattform Youtube getestet.

Alle Angebote sind über Webseiten erreichbar. Vier der fünf Anbieter hatten zusätzlich eine App. Binnen weniger Minuten sei die Anmeldung erledigt. „Wie im klassischen Studio schließen Nutzer ein Abo ab. Preise und Laufzeiten unterscheiden sich deutlich“, erklären die Tester. Die günstigsten Plattformen seien Gymondo und My Fitness Videos, die für drei Monate Schwitzen im Wohnzimmer 39 Euro verlangen. Fitnessraum schlägt mit 45 Euro zu Buche und pur-life kostet 69 Euro. Teuerster Anbieter im Vergleich war Bodyshape mit 90 Euro für drei Monate. „Alle Studios bieten ein kostenloses Probe-Abo an“, erklärt Stiftung Warentest.

Die Verbraucherorganisation erwartete „eine Beratung zu individuellen Voraussetzungen und Trainingszielen“. Doch außer Gymondo hätten die Vergleichskandidaten zu wünschen übrig gelassen. Bis auf My Fitness Video fragten laut Tester alle Anbieter Informationen zu Alter, Geschlecht und Gewicht des Sportlers ab, aber das beeinflusse die Auswahl der geeigneten Kursen kaum, stellten die Verbraucherschützer fest. „Unsere Fitnessprofis bekamen nur wenige zu ihren Vorgaben passende Programme empfohlen.“

Vor allem My Fitness Videos habe quasi keine individuellen Möglichkeiten angeboten, was die Tester  als mangelhaft bewerteten. Als Positivbeispiel hebt die Verbraucherorganisation den Anbieter Gymondo hervor: „Das Portal bietet etwa einen Test an, mit dem Kunden ihr persönliches Fitnesslevel herausfinden können.“ Das sei vergleichbar mit der persönlichen Beratung im Fitnessstudio vor Ort. Die Organisation mahnt jedoch Menschen mit Vorerkrankungen zur Vorsicht, da keiner der Anbieter auf gesundheitliche Risiken hinweise oder Beschwerden abfrage. Theodor Stemper, Sportwissenschaftler an der Universität Wuppertal, rät bei Unsicherheit einen Arzt zu fragen. Zudem sollten Sportler immer langsam anfangen. Grundsätzlich empfehle Stemper aber zwei bis drei Sporteinheiten pro Woche à 30 bis 45 Minuten einzuplanen.

 Aber auch die Motivation sei prinzipiell sehr wichtig, heißt es auch von der Stiftung Warentest „Der Trainingserfolg hängt auch von einer motivierenden Begleitung ab.“ Die übernehme in einem Fitnessstudio ein Trainer. Diese Kontrollinstanz fehle bei virtuellen Sportangeboten. Nur zwei Internet-Studios böten eine gute Lösung an. Bei pur-life könne der Nutzer einen Chat konsultieren und Gymondo überprüfe den Leistungsfortschritt unter anderem mit einem regelmäßigen Fitnesstest. Ähnliche Unterschiede stellten die Tester bei der Anzahl der Kurse fest. Der Anbieter Bodyshape, der sich sein Abo am teuersten bezahlen lässt, biete nur 78 Kurse an, während pur-life 8000 unterschiedliche Einheiten im Programm hat. Zwischen 1624 Kursen könnten Nutzer von Fitnessraum wählen. Die günstigsten Anbieter liefern 800 Kurse (Gymondo) beziehungsweise 450 Kurse (My Fitness Video) zur Auswahl.

Überzeugen konnten die virtuellen Studios vor allem mit ihren aufwendigen Videos mit „sinnvollen, gut verständlichen“ Trainingseinheiten. „Zum Teil leiten mehrere Trainer einen Kurs an und können so verschiedene Schwierigkeitsstufen vermitteln“, so die Verbraucherorganisation. Die Livekurse ließen zur Überraschung der Tester zu wünschen übrig. Sie wirkten weniger professionell und der Kursaufbau sei häufig nicht optimal.

Beim Training sollten Sportler auch auf ihre Ernährung achten, empfiehlt Sportwissenschaftler Stemper. Daher wurden beim Vergleich auch die Ernährungsprogramme der Anbieter unter die Lupe genommen. Während Gymondo und Bodyshape fundierte Informationen sowie Ernährungspläne und Rezepte lieferten, klammere My Fitness Video den Bereich Ernährung aus. Auch Videos auf der Plattform Youtube können eine Möglichkeit sein, eine Trainingseinheit im Wohnzimmer zu absolvieren. Die Kanäle sind gratis und meist durch Werbung finanziert. Qualitativ lieferten die drei getesteten Anbieter jedoch „überwiegend nur eine befriedigende Kursqualität, wenngleich einige Videos unsere Tester durchaus überzeugten“, urteilt Stiftung Warentest.

Von den fünf Online-Studios waren die Verbraucherschützer am Ende nur von zwei Angeboten überzeugt. Gymondo und Fitnessraum, die mit der Gesamtnote „Gut“ bewertet wurden, boten „eine gute Alternative zum klassischen Fitnessstudio“, urteilten die Tester. Wer kein Geld ausgeben wolle, könne auch auf Youtube-Videos zurückgreifen: „Legt man wenig Wert auf Hilfestellung und Betreuung, sind sie in Ordnung“, urteilt Stiftung Warentest und empfiehlt die Kanäle Happy and Fit Fitness und Gabi Fastner.

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