Die Kosten des Datenverkehrs Das Smartphone, der Umweltsünder

Saarbrücken · Die Infrastruktur für das Internet verschlingt riesige Mengen an Energie. Und für Mobiltelefone zahlt die Natur einen hohen Preis.

 In vielen Haushalten führen Smartphones ein kurzes Leben und verstauben dann in der Schublade – obwohl sich die wertvollen Rohstoffe wiedergewinnen lassen.

In vielen Haushalten führen Smartphones ein kurzes Leben und verstauben dann in der Schublade – obwohl sich die wertvollen Rohstoffe wiedergewinnen lassen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Der moderne Mensch will mobil sein. Außerdem will er nachhaltig leben, damit er sich auch in ein paar Jahrzehnten noch in einer halbwegs intakten Umwelt bewegen kann. Diese beiden Wünsche geraten allerdings leicht in einen Konflikt. Was passiert, wenn er akut wird, lässt sich zum Beispiel an den Verwerfungen beobachten, die die Automobilindustrie jüngst erschütterten.

Weniger offensichtlich als beim Personen- und Güterverkehr sind die Klimakosten des Datenverkehrs. Anders als Autos, deren Auspuffrohre beständig an ihren Energieverbrauch gemahnen, funktionieren die Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) auf den ersten Blick emissionsfrei. Da raucht nichts, da riecht nichts, da rußt nichts. Und doch weisen Wissenschaftler schon länger darauf hin, dass das Internet bereits jetzt den gleichen CO2-Ausstoß wie der weltweite Flugverkehr verantwortet. Und eine gerade veröffentlichte Studie der kanadischen McMaster University prophezeit, dass 2020 das Smartphone unter den IKT-Geräten das umweltschädlichste sein wird.

Wie kann das sein? Soll das bisschen Akkuladung, das die Taschencomputer zum Laufen bringt, ähnlich verheerend wirken wie Tonnen von Kerosin? Nicht der Strom, der für die Hardware der Geräte benötig wird, ist das Problem, sondern der für ihre Software. Mobile Dienste und immer mehr Daten werden in riesigen, stromfressenden Serverfarmen erzeugt und gelagert. „Jede Textnachricht, jeder Anruf, jedes hoch- oder heruntergeladene Video läuft über ein Rechenzentrum“, erklärt Lotfi Belkhir von der McMaster University. „Rechenzentren verbrauchen genau wie Telekommunikationsnetze viel Energie und der Strom dafür kommt meist immer noch aus fossilen Brennstoffen. Es ist ein Energieverbrauch, den man nicht sieht.“

Mobilität durch Elektrizität – was als Zukunft des Straßenverkehrs gilt, ist also nicht per se gut für die Umwelt. Um nachhaltig zu sein, müsse der Strom für die Rechenzentren, die „Fabriken des digitalen Zeitalters“, aus erneuerbaren Energien gewonnen werden, fordert etwa Greenpeace. Die Umweltschutz-Organisation evaluiert regelmäßig die Nachhaltigkeitsanstrengungen großer Internet-Firmen. Mehrfacher Sieger ist Apple, das mit einem Anteil von 83 Prozent erneuerbarer Energie für seine Rechenzentren weit vorne liegt.  Auch Facebook (67) und Google (56) werden von Greenpeace als verhältnismäßig sauber eingestuft. Samsung, weltweit Spitzenreiter beim Absatz von Smartphones, kommt laut Greenpeace hingegen nur auf einen Anteil von elf Prozent.

Ist diese Rangliste alles, woran sich Verbraucher, die Wert auf umweltschonende Kommunikation legen, orientieren müssen? Reicht es, ein Smartphone mit einem Apfel darauf zu kaufen, um guten Gewissens telefonieren und surfen zu können? Ganz so einfach ist es nicht. Ein großer Teil der Umweltkosten des Smartphones fällt bereits an, bevor der Nutzer es überhaupt in den Händen hält. Denn auch wenn seine monolithische Optik es kaum erahnen lässt, sind in einem Smartphone laut Bundesumweltministerium 60 Stoffe verbaut, darunter 30 Metalle. Aus Umweltsicht besonders problematisch sind die sogenannten Seltenen Erden, die, obwohl eigentlich gar nicht selten, meist nur in geringer Konzentration vorkommen, und darum sehr aufwendig abgebaut werden müssen.

Das Umweltbundesamt rät deshalb, ein Smartphone möglichst lange zu nutzen und darauf zu achten, dass sich der Akku des Geräts austauschen lässt. Und in puncto Mobilität mahnt die Behörde zur Mäßigung. Auf ihrer Webseite schreibt sie: „Daten über eine Mobilfunkverbindung zu übertragen, verbraucht deutlich mehr Energie als über einen stationären Anschluss mit LAN oder WLAN. Wenn Sie die Wahl haben, nutzen Sie einen stationären Anschluss.“

Ein rundum positives Bild von der Wirkung digitaler Technologien auf die Klimabilanz malt der Branchenverband Bitkom. Laut einer von ihm in Auftrag gegebenen Studie könnten dank digitaler Technologien die CO2-Emissionen in Deutschland langfristig halbiert werden. Große Einsparpotenziale sieht der Verband gerade im Verkehrssektor, in dem die CO2-Emissionen durch Digitaltechnik um knapp 40 Prozent verringert werden könnte. Helfen sollen etwa vernetzte Verkehrsleitsystem und mobile Parkplatz-­Apps, die Staus und sinnlose Fahrten quer durch die Stadt stoppen.

Auch die dafür nötige Infrastruktur braucht jedoch Strom. Laut einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wird der Energiebedarf der Telekommunikationsnetze in den nächsten Jahren um ein Drittel steigen, von 18 auf 24 Terrawattstunden. Fürs Erste bleibt es also dabei: Mobilität hat ihren Preis – besonders für die Umwelt.

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