Das Gemüsebeet in der Umlaufbahn

Köln · Wovon sollen Astronauten auf langen Raumfahrtmissionen leben? Sie könnten Tomaten züchten, lautet ein Vorschlag. Im kommenden Jahr soll ein erstes Gewächshaus zum Test in eine Umlaufbahn geschossen werden.

 Im kommenden Jahr will die Raumfahrtorganisation Esa in einem Satelliten die Tomatenzucht im Weltraum testen. Grafik: DLR

Im kommenden Jahr will die Raumfahrtorganisation Esa in einem Satelliten die Tomatenzucht im Weltraum testen. Grafik: DLR

Ein Flug zum Mars dauert neun Monate. Allein die Reisezeit für den Hin- und Rückflug beträgt damit eineinhalb Jahre. Inklusive des Aufenthalts auf dem Roten Planeten werden die ersten Mars-Astronauten also über zwei Jahre unterwegs sein. Von allen Problemen der Technik und der Sicherheit einmal abgesehen, stellt sich da diese Frage: Wovon werden sich Raumfahrer bei Langzeitmissionen ernähren? Forscher des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) schlagen eine Gemüsezucht vor. Sie wollen in einem Satelliten mit dem schwer verständlichen Namen EU-Cropis den Betrieb von Gewächshäusern auf Mars und Mond simulieren.

Die Abkürzung "EU" leitet sich bei diesem Projekt nicht von der Europäischen Union ab, sondern von einem einzelligen Lebewesen an Bord des Satelliten , dem sogenannten Augentierchen Euglena. Diesem Einzeller ist im geschlossenen Lebenskreislauf des Satelliten die Rolle des Sauerstoff-Lieferanten zugedacht, schreibt das DLR. Cropis steht für "Combined Regenerative Organic Food Production in Space".

Der komplizierten Terminologie zum Trotz geht es um einen simplen Sachverhalt: die Aufzucht von Tomaten . Der Satellit EU-Cropis soll Ende 2017 mit einer Falcon-9-Rakete ins All fliegen. Im Gewächshaus in der Umlaufbahn werden dann 16 Kameras das Wachstum der Tomatensamen überwachen, die sich hoffentlich zu ansehnlichen Früchten der Weltraumsorte Micro-Tina entwickeln werden. Die Augentierchen sollen dafür sorgen, dass an Bord aus künstlichem Urin Pflanzendünger entsteht und überschüssiges Ammoniak abgebaut wird. Das Weltraumgewächshaus erhält eine künstliche Sonne in Form von LED-Lampen, die im 24-Stunden-Rhythmus leuchten und verlöschen. Ein Drucktank sorgt für irdische Atmosphärenverhältnisse.

Die Schwerkraft eines anderen Himmelskörpers lässt sich nur im All simulieren. Die Anziehungskraft des Mondes beträgt ein Sechstel der irdischen, auf dem Mars sind es etwa 40 Prozent. Der DLR-Satellit, der in 600 Kilometern Höhe die Erde umkreist, wird diese Gravitation durch seine Rotation simulieren. Er soll zunächst sechs Monate Mond-Schwerkraft und danach für sechs Monate Mars-Gravitation erzeugen, erklärt der DLR-Biologe Jens Hauslage, Leiter der Mission.

Eines werden die DLR-Tomatenzüchter bei ihrer EU-Cropis-Mission allerdings niemals erfahren: Wie ihre Weltraum-Tomaten denn nun schmecken. Eine Rückkehr des Gemüse-Satelliten zur Erde ist nicht vorgesehen. Am Ende seiner Mission wird das kosmische Gewächshaus beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre mitsamt seiner Ernte verglühen.

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