Umstellung in Frankreich und Deutschland Das Ende des traditionellen Festnetzes

Nancy · Französische Bürger telefonieren bald nur noch übers Internet. Auch hierzulande hat die Umstellung schon begonnen.

 Immer weniger Menschen benutzen heutzutage noch die klassische Telefonleitung.

Immer weniger Menschen benutzen heutzutage noch die klassische Telefonleitung.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Die gute alte Telefonbuchse hat in Frankreich bald ausgedient. Wer bei unseren Nachbarn ab Mitte November umzieht und einen neuen Festnetzanschluss anmelden will, kann seine Gespräche nicht mehr über die traditionelle Telefonsteckdose führen, sondern nur noch über das Internet. Dafür bekommt er vom französischen Telekommunikationsunternehmen Orange eine ähnliche Box wie Kunden, die ein Gesamtpaket aus Festnetz und Internet buchen. Der Grund dafür: Die Umstellung vom tradi­tionellen Telefonfestnetz RTC (deutsch: „PSTN“) zur ­Internettelefonie. „RTC ist veraltet. Um den Kunden in Zukunft die beste Qualität für ihre Gespräche zu ermöglichen, werden wir jetzt schrittweise zum neuen Netz wechseln“, erklärt Sylvie ­Bagnuls von Orange im Elsass und dem Département Moselle. Zuerst betrifft es nur die neuen Anschlüsse, ab 2023 wird Gebiet für Gebiet landesweit umgestellt. „Wann die Umstellung im Département Moselle stattfindet, ist noch nicht entschieden“, sagt ­Bagnuls.

Ganz plötzlich kommt die Entscheidung nicht. Seit Jahren führen Pannen und Ausfälle im RTC-Netz immer wieder zu Schwierigkeiten, Ersatzteile für das veraltete System zu finden und es zu warten. 2016 kündigte Orange die vollständige Umstellung als Ziel an. Außerdem nutzen immer weniger Kunden das reine Festnetz-Abo. Laut der zuständigen Regulierungsbehörde Arcep ist die Zahl dieser Kunden in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, um Ende 2017 knapp unter zehn Millionen Abonnenten zu fallen.

Hauptsächlich handele es sich dabei um Senioren, die seit Jahrzehnten Kunden seien und keinen Bedarf an einem Gesamtabo mit Internetanschluss hätten. Diese sollen bei der Umstellung eine vereinfachte Version der Box bekommen, die ihnen einen Zugang zum neuen Netzwerk gewährleistet, um ihre Ferngespräche führen zu können, ohne dabei ein eigenes Internet-Abo abschließen zu müssen. „Es wird keine Unterbrechung der Leistungen geben. Die Kunden werden im Voraus über die Modalitäten genau informiert“, versichert Bagnuls. Außerdem soll für diese Kunden das Basis-Abonnement für 18 Euro monatlich bestehen bleiben. Orange obliegt in Frankreich die Gewährleistung eines Universaldienstes. Damit soll garantiert werden, „dass jedem Bürger der Zugang zu Festnetztelefonie zu einem erschwinglichen Tarif angeboten wird.“

Dazu gehört zum Beispiel auch die Verpflichtung, 85 Prozent der Ausfälle innerhalb von 48 Stunden zu beheben. Die Umstellung soll in Frankreich bis 2028 abgeschlossen sein. Bis dahin haben Unternehmen Zeit, auch weitere Dienste wie Fax oder Alarme umzustellen, die bisher wie die Festnetztelefonie über das alte Netz betrieben werden.

Auch Deutschland steigt seit Jahren auf Internet Protocol (IP) um. Allein im Telekom-Netz waren im Frühjahr 2018 bereits 18 Millionen Anschlüsse umgestellt. „Wir brauchen den Umstieg auf IP. Dieser universelle Code sorgt für mehr Kapazität, Leistung und Benutzerfreundlichkeit im Netz“, sagt Stefanie Halle, Pressesprecherin der Deutschen Telekom. Die bisher eingesetzte Technik und die Vielzahl von Plattformen seien historisch gewachsen. Darüber hinaus werde die Telekom in absehbarer Zeit keine Ersatzteile mehr für die herkömmliche Technik bekommen, weil auch die Systemhersteller ihre Produktpalette auf die zukunftssichere IP-Technik umstellen würden.

Auch wenn wie in Frankreich der Trend immer mehr zu kombinierten Angeboten mit Festnetztelefonie, Internet und Fernsehen geht, gibt es auch bei uns nach wie vor Menschen, die lediglich ein Telefon-Abo abschließen. Diese Kundengruppe besteht vor allem aus Senioren. Doch anders als bei Orange brauchen diejenigen, die nur telefonieren möchten, keinen Router. „Die Umstellung erfolgt im Hintergrund. Technisch möglich macht dies eine POTS-Karte, eine Kurzbezeichnung für Plain Old Telephony Service, die in Verteilern in den Vermittlungsstellen eingebaut wird. Diese spezielle Hard- und Softwarekombination kann die vertraglich vereinbarten Leistungsmerkmale eines analogen Telefonanschlusses in die IP-Sprache übersetzen“, erläutert Stefanie Halle.

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