Das Ende des Festnetzes

Saarbrücken · In Zukunft soll Telefonieren nur noch über das Internet möglich sein: Bis 2018 sollen alle deutschen Anschlüsse auf IP-Telefonie umgestellt werden. ISDN und analoge Anschlüsse sind dann Vergangenheit.

 Bis spätestens 2018 sollen alle Telefone über Internet-Leitungen miteinander verbunden sein. Bislang sorgt die Umstellung bei Verbrauchern jedoch für Ärger. Foto: Fotolia

Bis spätestens 2018 sollen alle Telefone über Internet-Leitungen miteinander verbunden sein. Bislang sorgt die Umstellung bei Verbrauchern jedoch für Ärger. Foto: Fotolia

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Seit einiger Zeit informiert die Telekom ihre Kunden über das anstehende Ende ihres Analog- oder ISDN-Anschlusses und die Umstellung auf internetbasierte Telefonie . Wer nicht freiwillig wechselt, dem droht im schlimmsten Fall sogar die Kündigung.

Das Kürzel IP steht für Internet Protokoll, ein Standard für den Datenverkehr im Internet . Mit ihm können weltweit Datenpakete mit unterschiedlichen Inhalten wie Sprache, Text oder Musik über das Internet verteilt werden. Bereits sechs der insgesamt 20 Millionen Telekomkunden in Deutschland nutzen die IP-Technik, bis 2018 soll es nur noch internetbasierte Telefonanschlüsse geben.

Doch nicht immer geht der Wechsel des Telefonanschlusses so problemlos über die Bühne, wie die Telekom es auf ihrer Homepage bewirbt. Unter anderem im Online-Service-Forum des Unternehmens beschwert sich eine beachtliche Zahl von Kunden , dass ihr Anschluss wegen der Umstellung stunden-, tage- und sogar wochenlang lahmgelegt war. Die Telekom selbst räumt Störungen der IP-Telefonie im August vergangenen Jahres ein, von denen rund zehn Prozent ihrer IP-Kunden betroffen waren. Und auch in diesem Jahr waren schon mehrfach Hunderttausende Anschlüsse über mehrere Stunden lahmgelegt, wie das Verbrauchermagazin Teltarif berichtete. 60 000 Kunden werden laut Telekom wöchentlich auf die neue Technik umgestellt. In "95 Prozent aller Fälle geht der Wechsel glatt", sagte ein Sprecher der Telekom gegenüber der SZ. Das bedeutet, dass rund 12 000 Kunden Monat für Monat mit Problemen kämpfen.

Doch warum überhaupt der bundesweite Wechsel auf die IP-Technik? Die Telekom begründet dies unter anderem mit möglichen Engpässen bei den Ersatzteilen. Außerdem stelle IP sicher, dass "Nutzer weltweit mit völlig unterschiedlichen Geräten wie Fernseher, Telefon, Handy oder PC Daten untereinander austauschen können", sagt Ingo Hofacker, Gesamtverantwortlicher der Telekom Deutschland für die bundesweite Umstellung.

Vorteile für die Anbieter

Tatsächlich bringe die Umstellung auf die neue Technik zahlreiche Vorteile - jedoch vor allem für die Anbieter, sagt Katja Henschel von der Verbraucherzentrale Sachsen. "Sie müssen zum Beispiel kein eigenes Telefonnetz mehr unterhalten. Es genügt eine DSL-Leitung, um die Nutzer sowohl mit Internet als auch mit Telefon zu versorgen." Die Vorteile für Kunden sind dagegen meist mit weiteren Angeboten des Unternehmens verknüpft, etwa dem Telekom Smart Home, bei dem der Nutzer zum Beispiel die Heizung oder technische Geräte im Haushalt über sein Telefon steuern kann.

Verbraucherschützerin Henschel warnt davor, dass Kunden beim Telefonieren via IP künftig sowohl von einer funktionierenden Software des Anbieters als auch der Übertragungsqualität der DSL-Leitung abhängig sein werden. "Jedem dürften kurzfristige Ausfälle des Internets bekannt sein. Mit derartigen Störungen müssen Kunden jetzt auch bei einem IP-basierten Telefonanschluss rechnen", sagt die Verbraucherschützerin.

Um die Kunden trotz solcher Nachteile zu einer Umstellung zu bewegen, fordert die Telekom sie zunächst schriftlich zum Wechsel in einen der neuen Tarife auf. Angeschrieben würden jedoch nur Kunden , deren Vertrag in einigen Monaten auslaufe und die einen ISDN-Anschluss hätten, so die Telekom. Wer auf die Anschreiben nicht reagiert und dem Wechsel auf die IP-basierte Telefonie nicht zustimmt, dem wird gekündigt. In 53 deutschen Großstädten soll die Umstellung sogar bereits im kommenden Jahr vollzogen werden.

IP-Telefonie ist sicherer



Eine Wahl haben Festnetz-Telefonierer ohnehin nicht: Andere Anbieter verwenden schon seit Jahren überwiegend oder sogar ausschließlich IP-Telefonie. Einen gesetzlichen Anspruch auf alte Telefonleitung gibt es nicht. Auch gegen gelegentliche Störungen lasse sich juristisch nichts unternehmen, sagt Henschler.

Um den Datenschutz brauchen sich die Kunden weniger zu sorgen, sagt Stefan Nürmberger vom Zentrum für IT-Sicherheit (Cispa) der Saar-Universität. "IP ist auf jeden Fall sicherer als analoge Telefonie ." Da gebe es nämlich abhörsichere Verschlüsselungen, während es beim Analog-Telefon ausreiche, im Keller einen Lautsprecher an das Telefonkabel anzustöpseln.

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