Blinde meistern die digitale Welt

Dresden · Apps für das Smartphone und das Tablet erleichtern Blinden oft das Leben. Jan Blüher hat sich darauf spezialisiert und unter anderem eine Anwendung für die mobile Bedienung der Blindenbücherei entwickelt.

Rasch gleiten die Finger von Jan Blüher über das Display mit Hunderten von winzigen Punkten. Zeichen für Zeichen zeigt dem Blinden die Braille-Schrift, was auf dem Bildschirm seines Computers geschrieben steht. "So kann ich Mails lesen, Internetseiten und natürlich programmieren", erzählt Blüher. Der 37-Jährige verbringt viel Zeit am Computer, seitdem er sich vor drei Jahren als Programmierer mit seiner Firma visorApps in Dresden selbstständig gemacht hat. Sein Spezialgebiet: Apps für Blinde und Sehbehinderte .

Seine Blindheit hilft ihm bei der Entwicklung von speziellen Programmen für Smartphones und Tablet-PCs. "Denn ich weiß, worauf es bei der Barrierefreiheit in der digitalen Welt ankommt", sagt der promovierte Informatiker. "Da werde ich als Experte wahrgenommen."

Blühers neueste App: ein kostenloses Programm, mit dem Blinde und Sehbehinderte per Smartphone und Tablet das Onlineangebot der Blindenbücherei nutzen können. Mit der BliBu App für iOS-Geräte lassen sich Bücher in Braille-Schrift und Hörbücher bestellen sowie die Seiten nach Neuerscheinungen durchforsten - alles mit Hilfe von Sprachsteuerung. Vor allem Hörbücher sind bei Blinden gefragt. "Ich höre gern und viel Bücher", sagt Blüher.

Auch eine Art Farbscanner-App hat Blüher bereits entwickelt. Das Programm Colorvisor (4,49 Euro im App Store) liest die Farbwerte, gleicht sie mit einer Datenbank ab und teilt dem Nutzer das Ergebnis per Sprachausgabe mit. Damit dient das Mobiltelefon als Auge, das erkennt, welche Farbe die Blumen haben oder ob das Hemd zur Hose passt. Vor allem für Blinde , die wie Blüher durch eine Krankheit ihr Augenlicht verloren haben und Farben kennen, ist das eine Hilfe. "Apps können die Art, wie wir mit der Welt interagieren, noch stärker verändern, als dies bei Sehenden der Fall ist", davon ist Blüher überzeugt.

Der 37-Jährige nutzt bei der Programmierung seiner Anwendungen die sogenannte Voice-Over-Technologie von Apple , mit der Blinde und Sehbehinderte das iPhone und iPad komplett barrierefrei bedienen können. Für viele Blinde ist das Smartphone zum unverzichtbaren Begleiter geworden. Es gibt unter anderem mobile Navigationsgeräte oder Programme, die Fahrpläne vorlesen und Haltestellen in der Nähe anzeigen. "Wir haben dadurch die Möglichkeit, relativ schnell und ohne großen Aufwand Informationen abzurufen", erläutert Angela Fischer, Landesvorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Sachsen. Dennoch sieht sie Nachholbedarf: Viele Internetseiten und Apps seien nach wie vor nicht blindentauglich.

visorapps.com/de

blindenbuecherei.de

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