Bitcoin und Co. Im Dickicht der Kryptowährungen

Saarbrücken · Bitcoin, Dogecoin und Ethereum sind nur drei von vielen Digitalwährungen auf dem Markt. Ein Überblick.

 Auf dem Markt gibt es viele Kryptowährungen. Dabei können Kunden schnell den Durchblick verlieren.

Auf dem Markt gibt es viele Kryptowährungen. Dabei können Kunden schnell den Durchblick verlieren.

Foto: Getty Images/istock/gopixa

Das Geld, das im Internet erschaffen wird, macht Menschen zu Mördern – zumindest in „Montecrypto“, dem jüngsten Krimi von Tom Hillenbrand. Im wahren Leben ist ähnliches noch nicht bekannt, doch wer in Bitcoin und andere Kryptowährungen investiert, „muss einen guten Kardiologen zur Hand haben“, riet jüngst Handelsblatt-Herausgeber Hans-Jürgen Jakobs. Vor wenigen Tagen löste sich eine Billion US-Dollar in Nichts auf, weil die Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum um 30 beziehungsweise 50 Prozent abschmierten, nachdem sie zuvor einen Höhenflug hingelegt hatten. Von diesem Absturz erholen sich die digitalen Währungen nur langsam.

Doch statt innezuhalten, geht es in der Spielcasino-Welt der virtuellen Parallel-Währungen immer verrückter zu. Stets wird neues Kryptogeld im Internet mittels komplexer mathematischer Modelle geschaffen, und die Investorengemeinde greift weiter zu. Ein Beispiel dafür ist der Dogecoin, dessen Münz-Maskottchen die japanische Hunderasse Shiba Inu zeigt. Eigentlich sollte es eine Spaßwährung werden, die ihr Gründer Jackson Palmer 2013 ins Leben rief. Inzwischen wurden mehr als 130 Milliarden Dogecoins geschürft, deren Marktwert bei über 33 Milliarden Euro liegt. Doch Vorsicht: Anders als bei den Kryptogeld-Klassikern wie Bitcoin, wo bei 21 Millionen Münzen (Coins) Schluss ist, gibt es bei der Währung mit dem drolligen Hundegesicht keine Begrenzung nach oben. Nach Angaben des Digital-Wirtschaftsmagazins t3n „entsteht bei Dogecoin jede Minute ein neuer Block mit 10 000 neuen ,Doge‘“, wie die einzelnen „Münzen“ dort genannt werden. Dennoch ist ihr Wert seit Jahresbeginn um mehrere 1000 Prozent gestiegen.

Dabei steckt nichts dahinter, was diese Wertsteigerung rechtfertigt. Das Kryptogeld mit der Hundeschnauze ist eine sogenannte Meme. Der Begriff leitet sich von dem griechischen Wort „mimema“ ab, was soviel wie „imitieren“ heißt. Der Dogecoin ist daher ein Imitat von „echtem“ Kryptogeld wie dem Bitcoin. Inzwischen kursieren im Internet viele solcher Memen – sie heißen auch Altcoins (alternative Kryptowährungen) – und warten darauf, von Leuten, die Geld gehortet haben, gekauft zu werden. Sie tragen Namen wie Mona-Coin, Safe Moon, Banano oder Wownero. Die Internetseite www.blocktrainer.de glaubt, dass es Tausende sind, zu finden auf Portalen wie CoinMarketcap oder Coingecko. Jeden Tag sollen fünf hinzukommen, schätzt das Fachmagazin Cointelegraph. Eine Meme-Währung entstand sogar, weil ihr Schöpfer zu tief ins Glas geguckt hatte. So soll der bekannte „Hodle“-Coin eigentlich hold (englisch für halten) heißen, doch reichlich Whisky sorgte für den Schreibfehler.

Die Erschaffung neuer Kryptowährungen ist inzwischen nicht mehr so schwer wie am Anfang. Es ist zwar unerlässlich, dass die Technik der Kryptografie (Verschlüsselung) benutzt wird, um Transaktionen mit dem virtuellen Geld sicherzumachen. Außerdem werden wie zur Geburtsstunde des Bitcoins, der 2008 als erstes Kryptogeld das Licht der Welt erblickte, immer noch sogenannte Blockchains benutzt, um sicherzustellen, dass niemandem, der Bitcoins erhält, Falschgeld angedreht wird. Diese Blockchain (Blockkette) ist eine komplette und chronologische Liste aller Transaktionen, die jemals in Bitcoin getätigt wurden. Neue Überweisungen kommen immer wieder in Blöcken zu dieser Liste hinzu. Jeder junge Transaktionsblock enthält ein Protokoll über vorhergehende Blöcke, sodass Manipulationsversuche schier unmöglich sind. Die Serie von unveränderlichen Datensätzen inklusive Zeitstempeln wird von einem dezentralen Netzwerk von Computern verwaltet, die keiner einzelnen Organisation oder Person gehören.

Doch um eine neue Kryptowährung ins Leben zu rufen, muss inzwischen keine komplett neue Blockchain mehr angelegt werden. Mit Ethereum, hinter dem Bitcoin inzwischen die zweitwichtigste virtuelle Währung, erblickte 2015 eine Blockkette das Licht der Computerwelt, die nicht allein auf das Schürfen (Mining) von Ethereum-Münzen zugeschnitten ist. Ethereum ist vielmehr ein System, dessen Quellcode – das Herzstück einer jeden Software – öffentlich ist. Mit der Ethereum-Blockchain kann beispielsweise nach Wahlen auch die manipulationssichere Stimmauszählung organisiert werden.

Das Ethereum-Netzwerk erlaubt es zudem, weitere Währungs-Kupons, sogenannte Token, zu erzeugen. Der Startup-Zeitschrift Brutkasten zufolge kann ein cleverer Informatiker binnen einer Stunde einen solchen Kupon auf Basis der Ethereum-Blockchain programmieren. Sie heißen ERC 20-Token und sind zunächst nur interne Verrechnungseinheiten innerhalb der Blockchain-Galaxy von Ethereum. Eine Gebrauchsanweisung zum Programmieren eines ERC 20-Token findet man beispielsweise auf der Internetseite des Software-Beratungshauses Axom.

Um Token in eine neue Kryptowährung zu verwandeln, müssen sie potenziellen Käufern angeboten werden. Dies geschieht über einen sogenannten ICO (Initial Coin Offering), vergleichbar mit dem Börsengang einer neuen Aktie. Dabei wird die neue Währung ähnlich einem Börsenprospekt den Interessenten vorgestellt und der Zeitpunkt festgelegt, wann der ICO beendet ist. Man muss dann nur noch Investoren finden, die bereit sind, dafür Geld auszugeben. ICO-Plattformen sind neben Ethereum selbst „Waves“ „NEO“ und „NEM“.

Doch Vorsicht: Wer mit Token oder einer neuen Kryptowährung echtes Geld einsammeln will, muss die Wertpapier-Bestimmungen der einzelnen Länder ernst nehmen. Die Aufsichtsbehörden verstehen hier keinen Spaß. Daher warnt Axom bei seiner Token-Bastelanleitung auch, dass „die Erstellung simpel, seine Ausgabe allerdings potenziell mit rechtlichen Implikationen verbunden ist“.

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