Besuch bei Bennu
Washington · Könnte das Leben gewissermaßen aus dem Weltall auf die Erde gefallen sein? Diese Frage soll eine Nasa-Raumsonde untersuchen, die ausgerechnet nach dem altägyptischen Gott des Todes benannt ist. Osiris soll in der kommenden Woche starten.
In einem ScienceFiction Film aus den 1970er Jahren löst eine Raumsonde eine verheerende Epidemie unter der Bevölkerung einer US-Kleinstadt aus. Sie hatte tödliche Mikroben aus dem All zurück zur Erde gebracht. Nun soll zumindest ein Teil dieses Szenarios Realität werden. Die Nasa will mit ihrer Sonde Osiris-Rex Bodenproben eines fremden Himmelskörpers zur Erde bringen. Das Risiko, dass dabei gefährliche Krankheitserreger auf die Erde gelangen könnten, schätzt die US-Raumfahrtbehörde allerdings als minimal ein.
Voraussichtlich Anfang September wird die Mission starten. Sie soll mit der Rückkehr von Osiris zur Erde im Jahr 2023 enden. "Mindestens 60 Gramm Staub wollen wir von der Oberfläche eines Planetoiden zur Erde bringen", erklärte Dante Lauretta, Nasa-Chefwissenschaftler der Osiris-Rex-Mission, dem Raumfahrt-Internetportal Space.com. Die Forscher treibt die Hoffnung an, das eingesammelte Material könnte organische Kohlenwasserstoff-Moleküle enthalten - und möglicherweise auch Aminosäuren und Proteine, die Vorstufen des Lebens.
Es ist nicht das erste Mal, dass Wissenschaftler versuchen, Bodenproben eines Kleinplaneten zur Erde zu bringen. Bereits vor elf Jahren startete die japanische Sonde Hayabusa, die Staub von der Oberfläche des Kleinplaneten Itokawa aufsammeln sollte. Im Jahr 2010 kehrte Hayabusa auch tatsächlich zur Erde zurück. Sie hatte jedoch nur wenige Krümel der fremden Materie an Bord. Deren Analyse lieferte keine Hinweise auf organisches Material. Möglicherweise war es einfach nicht der richtige Planetoid.
Auf der Oberfläche von Bennu, so der Name des von den Nasa-Forschern als Ziel der Mission ausgewählten Himmelskörpers, haben die Astronomen bereits Oberflächenformationen entdeckt, in denen sie größere Mengen an Kohlenwasserstoffen vermuten. Auf der Erde sind sie Bausteine des Lebens. Allerdings können sie sich auch auf anorganischem Weg bilden. Um das zu unterscheiden, bedarf es aufwendiger Labordiagnosen. Deshalb entschied sich die Raumfahrtagentur Nasa, Bodenproben des Planetoiden zur Erde zu holen.
Die Nasa gibt als frühestmöglichen Starttermin den 8. September an. 39 Tage bleibt das Startfenster für die Atlas-5-Rakete mit der fast zwei Tonnen schweren Osiris-Rex-Sonde offen. Nach einem gelungenen Start wird die Raumsonde den Planetoiden nicht direkt ansteuern. Sie wird in einem weiten Bogen ein Jahr später noch einmal an der Erde Schwung holen, um Bennu im Oktober 2018 zu erreichen.
Auf seiner Bahn um die Sonne begleitet sie ihn bis Juni 2021 und wird ihn mit Kameras und anderen Instrumenten untersuchen. Schließlich soll sich die Sonde bis auf Armeslänge dem 500 Meter großen Planetoiden nähern. Ein Roboterarm wird dann Bodenproben schürfen, ohne dass die Sonde die Oberfläche berührt.
Eine Milliarde US-Dollar (880 Millionen Euro) lässt sich die Nasa die Mission kosten. Nasa-Chef Charles Bolden bezeichnet sie als Test für bemannte Raumflüge zu interplanetaren Kleinkörpern, die regelmäßig die Bahn der Erde kreuzen. Die Nasa untersucht Strategien, um Kollisionen solcher Himmelskörper mit der Erde zu verhindern. Im Fall des 1999 entdeckten Kleinplaneten Bennu besteht eine minimale Wahrscheinlichkeit einer Kollision mit der Erde um das Jahr 2182. Ein spanisches Forscherteam beziffert sie mit einer Quote von 1 zu 800. Der Einschlag eines so großen Brockens könnte ein Gebiet von Portugal bis zum Ural und vom Nordkap bis in die Sahara zerstören. Die globalen Folgen wären vermutlich noch dramatischer als beim Einschlag, der vor 65 Millionen Jahren zum Untergang der Dinosaurier führte.
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Hintergrund Der Kleinplanet Bennu braucht etwas mehr als ein Jahr für einen Sonnenumlauf. Alle sechs Jahre nähert er sich der Erde auf seiner Umlaufbahn bis auf wenige Millionen Kilometer. Es gibt über 7000 ähnliche kosmische Kleinkörper, die regelmäßig die Erdbahn kreuzen. 29 von ihnen haben mehr als 200 Meter Durchmesser. Auf fünf davon könnte es Wassereis und Kohlenwasserstoffe geben. US