Aus für Roaming-Gebühren
Brüssel · Zusatzkosten für den Mobilfunk im EU-Ausland sollen bald ein Ende haben: Die Aufschläge für Surfen, SMS und Telefonieren fallen binnen zwei Jahren. Auch zum Thema Netzneutralität gab es eine Einigung in Brüssel.
Rechtzeitig zur Feriensaison 2017 tritt endlich in Kraft, was die EU-Politiker seit fast zehn Jahren versprechen: Die umstrittenen Roaminggebühren fallen weg. Ab dem 15. Juni 2017 werden die Mobilfunkunternehmen die Zuschläge, mit denen sie ihre Aufwendungen für das Vermitteln von Anrufen, SMS und mobilem Datenverkehr untereinander berechnen, aufgeben. "Die Mitgliedstaaten mussten letztlich erkennen, dass es den Bürgern nicht zu erklären ist, warum die hohen Aufschläge für Telefonate im Ausland weiterhin erhoben werden, wenn gleichzeitig der freie Verkehr von Waren und das grenzenlose Reisen immer wieder propagiert werden", kommentierte die SPD-Fachfrau Constanze Krehl.
Nach einer weiteren Senkung der bisherigen Aufschläge im April kommenden Jahres auf dann fünf Cent für Telefonate pro Minute, zwei Cent für SMS und fünf Cent für ein Megabyte Daten (alle Angaben plus Mehrwertsteuer) werden die Gebühren dann tatsächlich fallen - und manch Kuriosum beenden. Der SPD-Europapolitiker Jo Leinen hatte erst kürzlich ein Beispiel für den europäischen Alltag gebracht: "Entlang der saarländisch-lothringischen Grenze gibt es Fälle, wo die Menschen vor der Türe das deutsche Netz empfangen und im Garten einen französischen Anbieter haben, für den sie Roaminggebühren bezahlen müssen." Sein Kommentar: "Absolut unzeitgemäß."
Eigentlich wollten die EU-Volksvertreter die lästigen Aufpreise bereits 2015 kippen. Die EU-Kommission hatte das Jahr 2016 vorgeschlagen. Doch die Mobilfunkfirmen machten klar, dass sie den Wegfall milliardenschwerer Zusatzeinnahmen nicht wegstecken können, wenn sie gleichzeitig zum Ausbau des Netzes gezwungen wären. Die EU gab schließlich nach.
Netzneutralität bleibt gewahrt
Gleichzeitig verständigten sich die EU-Institutionen auf einen weiteren Durchbruch: Die Netzneutralität muss gewahrt bleiben. Dahnter versteckt sich die Idee, dass Internetanbieter ihre Datenpakete gleichberechtigt durch ihre Leitungen schicken müssen, unabhängig davon, woher sie stammen oder welchen Inhalt sie haben. Mehrfach hatte es Vorstöße gegeben, um eigene Bezahl-Inhalte bevorzugt zu transportieren. Auf diese Weise wollten die Konzerne nicht nur ihre TV-Programme, sondern eben auch eigene Datentransfers beschleunigen dürfen, andere dafür bremsen.
Nun hat Brüssel klar gemacht: Wer Spezialdienste wie Fernsehprogramme über das Netz transportieren will, darf dies tun - vorausgesetzt, es gibt genügend freie Kapazitäten. Auf keinen Fall dürfen andere Daten dafür ausgebremst werden.
Die Befürchtung, es könne deshalb zu Staus im Netz kommen, wies die EU zurück. Es sei Sache der Unternehmen, für entsprechende Leitungen zu sorgen.
Meinung:
Weg mit den Gebühren
Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes
Als die frühere Brüsseler Kommissarin für Telekommunikation, Neelie Kroes , einmal nach den Roaminggebühren gefragt wurde, antwortete sie: "Man muss bezahlen, um angerufen zu werden. Wo gibt es denn sowas?" Sie hatte Recht.
Auch wenn die Mobilfunk-Konzerne immer wieder auf entstehende Kosten für das Vermitteln von Anrufen, SMS oder Daten mit ihren ausländische Partnern hinwiesen, war nicht zu verstehen, dass diese Union zwar einen grenzüberschreitenden Binnenmarkt errichtet hat, aber beim Telefonieren Grenzen wie vor zweieinhalb Jahrzehnten bestehen. Zumal die Begründung der Unternehmen mehr und mehr an den Haaren herbeigezogen war, weil man immer häufiger den Mobilfunk zwischen Mutter und Tochter im eigenen Kommunikationskonzern abwickelte.
Nun fallen die lästigen Aufschläge endlich - wenn auch erst in zwei Jahren. Dennoch hat das jahrelange Beharren der Institutionen der Europäischen Union für Entlastung der Verbraucher gesorgt. Was bisher schon an Auslandspaketen und Sonder-Kontingenten angeboten wird, ist ein Ergebnis des Drucks, den Brüssel gemacht hat. Europa bürgernah - die Roaminggebühren sind ein Beispiel dafür.