Bewertungsportale für Arbeitgeber Auf der Suche nach dem Traumberuf

Berlin/Regensburg · Im Internet können Nutzer ihren Arbeitgeber bewerten. Jobsuchende sollten sich jedoch nicht blind darauf verlassen.

 Auf Bewertungsportalen im Internet können Nutzer ihren derzeitigen oder einen ehemaligen Arbeitgeber beurteilen.

Auf Bewertungsportalen im Internet können Nutzer ihren derzeitigen oder einen ehemaligen Arbeitgeber beurteilen.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Was andere denken, interessiert viele nicht nur bei Reisen, Restaurants und Online-Shopping, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt. Wer sich durch Bewertungsportale für Arbeitgeber wie Glassdoor, Kununu oder MeinChef klickt, kann sich anschauen, wie Mitarbeiter ihren derzeitigen oder ehemaligen Job bewerten.

Die Bandbreite auf solchen Portalen ist groß. Ein Nutzer feiert dort etwa seinen „Top Arbeitgeber“ und schreibt von Projekten, „die mich fordern, fördern und erfüllen“. Ein anderer hält sein Gehalt für „einigermaßen gutes Geld“, kritisiert aber den „Sparzwang in den Abteilungen“ und schlägt dem Unternehmen vor, für eine Verbesserung des Klimas zu sorgen. Wieder ein anderer übt harsche Kritik: Jeder Fehler werde „konsequent bestraft“ und „Mitarbeiter eingeschüchtert“.

Für Jobsuchende haben die Portale durchaus Vorteile, sagt Juliane Petrich vom Digitalverband Bitkom. „Man hat die Möglichkeit, das Unternehmen von einer anderen Seite kennenzulernen als über die zumeist sehr positive Selbstdarstellung.“ Allerdings sieht sie auch das Problem, dass frustrierte Arbeitnehmer, die das Unternehmen bereits verlassen haben, solche Bewertungsplattformen nutzen könnten, um ihrem Unmut Luft zu machen.

Kununu, die nach eigenen Angaben größte Plattform ihrer Art in Europa, hat bisher rund zwei Millionen Bewertungen zu fast 400 000 Unternehmen gesammelt. Wer dem Ex-Chef nur eins auswischen will, könne an den Kontrollen hängenbleiben: Die Anonymität der Veröffentlicher bleibe zwar gewahrt, ein Algorithmus sowie ein zusätzliches Team von Mitarbeitern überprüften bei Kununu jedoch die abgegebenen Bewertungen. Wer sich nicht an die Regeln halte, dessen Beitrag werde nicht veröffentlicht, erklärt Johannes Prüller, Sprecher der Plattform.

„Bei uns ist es zum Beispiel verboten, die Bewertung so zu formulieren, dass man Rückschlüsse auf eine bestimmte Person im Unternehmen schließen kann“, so Prüller. In diesem Fall werde der Verfasser kontaktiert und gebeten, seine Formulierung anzupassen. Auch Beschwerden von Unternehmen gehe man nach. Wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen und die moralischen Richtlinien eingehalten wurden, bleibe eine Bewertung aber stehen.

Wer sich nicht an die Richtlinien hält, könne sogar rechtlichen Ärger bekommen. Grenzen seien erreicht, wenn es weniger um eine sachliche und neutrale Darstellung gehe, sondern um Schmähkritik oder die Verbreitung von unwahren Tatsachen, erklärt Juliane Petrich. Auch das Weitergeben von Betriebsgeheimnissen könne für den Verfasser einer Bewertung unangenehme Konsequenzen haben.

Denkbar sei natürlich auch, dass die Geschäftsführung eines Unternehmens sich bei Glassdoor, MeinChef und Co. anmeldet und sich selbst und dem eigenen Unternehmen großzügig Pluspunkte gibt. Johannes Prüller ist sich sogar ziemlich sicher, dass es solche gefälschten Bewertungen gibt. Er glaubt jedoch, dass diese Taktik nicht viel bringt. „Viele Nutzer achten bei Bewertungen vor allem darauf, ob sich etwa der Arbeitsalltag flexibel gestalten lässt. Das ist den meisten wichtiger, als nur darauf zu achten, wie viele Punkte ein Unternehmen bekommen hat.“

Nur auf solche Portale verlassen sollte man sich aber nicht, warnt Bewerbungsberater Jörg Hallberg. „Man sollte derartige Beurteilungen immer abgleichen, wenn möglich, durch Gespräche mit Mitarbeitern des Unternehmens.“ Trotzdem sieht er einen positiven Nutzen in Bewertungsportalen für Arbeitgeber. „Es kann ein Indiz dafür sein, ob die Stimmung innerhalb des Unternehmens positiv oder eher kritisch gesehen wird“, so der Experte.

Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen plädiert dafür, Online-Bewertungen als subjektiv anzusehen. Er weist darauf hin, dass es sich oft um gefühlte Fakten handele. Für viele seien solche subjektiven Bewertungen inzwischen wichtiger als unabhängige Tests, sagt Tryba. Seiner Meinung nach haben solche Bewertungen oft einen viel zu hohen Stellenwert bei der Entscheidung, ob sich ein Nutzer bei einem Arbeitgeber bewirbt oder nicht.

Der Branchenverband Bitkom hat bereits 2015 bei einer Umfrage herausgefunden, dass sich drei von zehn Internetnutzern im Netz darüber informieren, wie Mitarbeiter ihr Unternehmen bewerten. Juliane Petrich rechnet damit, dass sich heute bereits mehr als drei Viertel der Jobsuchenden durch solche Bewertungen beeinflussen lassen könnten.

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