Auf der Suche nach dem Selbst
Saarbrücken · Wie wirke ich auf andere? Welches Tier wäre ich? Welcher Spitzname passt zu mir? Auf all diese Fragen geben Selbsttests im Internet eine Antwort. Eine neue Variante haben Ulmer Psychologen jetzt mit der IQ-App entwickelt.
Mit der neuen IQ-App der Universität Ulm soll sich der Intelligenzquotient spielerisch in wenigen Minuten messen lassen. Die Anwendung wurde nicht nur zur reinen Unterhaltung entwickelt, sondern dient auch einem wissenschaftlichen Zweck: Forscher an der Universität Ulm wollen unter anderem prüfen, ob die Ergebnisse mit konventionellen, aufwendigen IQ-Messungen vergleichbar sind. Während man sonst Stunden für einen Intelligenztest aufbringen muss, beschränkt sich die IQ-App auf lediglich sechs Aufgaben. Anwender sollen sich zum Beispiel Wort-Zahlkombinationen merken oder Veränderungen in Zahlenreihen identifizieren. Sind die sechs Denksportaufgaben erledigt, können sich Nutzer ihr Ergebnis und Werte der Vergleichsgruppe direkt anzeigen lassen. Zudem gibt es einen zusätzlichen Persönlichkeitstest. Weitere Updates sollen folgen.
"Wir wollen herausfinden, wie aussagekräftig diese Ergebnisse sind", sagt Professor Oliver Wilhelm, Leiter der Abteilung für Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik an der Uni Ulm, der mit seinen Kollegen Christian Montag und Florian Schmitz eineinhalb Jahre an der App gearbeitet hat. "Anwender lernen in jedem Fall etwas über sich selbst und kommen mit psychologischen Messmethoden in Berührung."
Und das Interesse ist hoch: Allein in den ersten sechs Wochen haben 3500 Menschen die App heruntergeladen und den Test absolviert. Warum aber sind solche Tests so begehrt? Professor Frank Schwab, Medienpsychologe an der Universität Würzburg, führt dies vor allem darauf zurück, dass der Mensch "ein zutiefst soziales Lebewesen ist: Deshalb interessiert er sich dafür, wie ihn andere einschätzen und wie er im Verhältnis zu anderen steht."
Gerade Tests am Computer oder Smartphone seien deshalb so beliebt, weil die Barrieren niedrig sind. "Es kostet nichts, Sie müssen kein Buch kaufen und können per Zufall darauf stoßen, wenn Sie gerade im Internet ein Paar Schuhe kaufen wollen", so Professor Schwab.
Wobei die Aussagekraft solcher Persönlichkeitstests oft zu wünschen übrig lasse. "Vom Niveau her sind sie ein bisschen über dem, was Horoskope bieten, ähnlich der schlechten Psychotests, die man auch in vielen Frauenzeitschriften findet", meint Schwab. "Bei denen kommt dann so etwas heraus wie: Meistens sind Sie selbstsicher, aber manchmal auch nicht. So etwas trifft auf jeden zu, man kann sich danach immer gut fühlen, aber man hat keinen großen Erkenntnisgewinn."
Anders als ein Test mit Papier und Kugelschreiber stelle sich bei der Online-Variante jedoch die Frage, was mit den Daten passiere. "Man sollte sich schon überlegen, was mit den Antworten gemacht wird", rät der Medienpsychologe. "Ich würde jedenfalls nicht unbedingt jeden Test auf jeder Seite machen. Oder wollen Sie wirklich, dass andere erfahren, wie Sie zu privaten Dingen stehen? Oder dass irgendwelche Finanzinstitute erfahren, wie zuverlässig Sie sind?"
Wichtig sei es seiner Ansicht nach, erst zu prüfen, wie seriös die Internet-Anbieter für Selbsttests sind und ob sich die Daten im Anschluss löschen lassen - wie es etwa bei der IQ-App der Ulmer Forscher der Fall ist.
iq-app.de
Zum Thema:
Hintergrund Im Internet gibt es eine Vielzahl an Tests zu allen möglichen Themen. Schüler können beispielsweise auf der Internetseite der Studieninformation Baden-Württemberg unter was-studiere-ich.de kostenlos testen, welches Studium und welcher Beruf am besten zu ihnen passen. Wer sich Sorgen über den eigenen Alkoholkonsum macht, kann auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter kenn-dein-limit.de einen Alkohol-Selbsttest machen. Ähnlich funktioniert der Test zum Thema Computerspiel- und Internetsucht. Auf der Plattform ins-netz-gehen.de können Betroffene anhand eines Selbsttests erfahren, ob sie gefährdet sind. Die kostenlose App Big 5 Persönlichkeitstest soll den Charakter des Nutzers in einem Selbsttest analysieren. Dabei sollen fünf Eigenschaften des menschlichen Charakters erfasst werden: offen für Veränderungen, Gewissenhaftigkeit, Extrovertiertheit, Verträglichkeit und emotionale Labilität. Weitere Infos im Internet unter: www.was-studiere-ich.de , kenn-dein-limit.de, ins-netz-gehen.de. bel
