Konkurrenz für Bargeld und Kreditkarte Apple Pay und Google Pay im Alltagstest

Berlin · Die beiden Smartphone-Bezahlsysteme sind jetzt auch in Deutschland verfügbar. Doch bislang werden sie hierzulande kaum genutzt.

 Mittlerweile können Kunden in zahlreichen Geschäften mit dem Handy bezahlen.

Mittlerweile können Kunden in zahlreichen Geschäften mit dem Handy bezahlen.

Foto: dpa-tmn/Jonas Werner-Hohensee

107 Euro Bargeld und fast immer eine Girokarte – das steckt im deutschen Durchschnitts-Portemonnaie. Ginge es nach den Wünschen von Apple-Pay-Chefin Jennifer Bailey, bräuchten die Menschen hierzulande gar keinen Geldbeutel mehr. Zum Schlussspurt im Weihnachtsgeschäft hat der iPhone-Konzern auch in Deutschland sein Smartphone-Bezahlsystem eingeführt. Apple-Konkurrent Google ist seit Sommer mit Google Pay auf dem Markt.

In der Praxis unterscheiden sich die beiden Systeme nur im Detail. Sowohl auf einem Android-Smartphone als auch auf dem iPhone ist eine Kredit- oder Girokarte in wenigen Minuten hinzugefügt – vorausgesetzt, dass die jeweilige Karte auch unterstützt wird. Apple geht hier mit der Deutschen Bank, der Hypo-Vereinsbank, N26, Comdirect, American Express und sieben weiteren Banken und Finanzdienstleistern an den Start. Bei Google sieht die Liste ähnlich aus, nur dass dort statt der Deutschen Bank die Commerzbank mit an Bord ist. Über den Online-Bezahldienst Paypal können aber auch andere Girokonten mit Googles System verbunden werden. Bei Apple und Google kann man mit Hilfe der Guthabenkarte des Anbieters VIM das Smartphone zum Bezahlen einsetzen.

Das Smartphone zur virtuellen Geldbörse zu machen, ist also eine vergleichsweise einfache Aufgabe. Doch wo lässt sich diese überhaupt einsetzen? Bargeld wird in Deutschland nahezu überall akzeptiert. Lokale, die nur noch Kartenzahlungen zulassen wie das „Public Coffee Roasters“ in Hamburg, sind hierzulande aber die absolute Ausnahme, während es in Schweden oder China gang und gäbe ist, dass Bargeldgeldzahlungen abgelehnt werden.

Den Smartphone-Bezahlsystemen kommt zugute, dass die Europäische Union bereits vor drei Jahren die Gebühren für Giro- und Kreditkarten gedeckelt hat. Sie darf nun bei Girocards nicht mehr als 0,2 Prozent der Zahlungssumme betragen. Bei Kreditkarten ist der Betrag auf 0,3 Prozent begrenzt, zuvor waren es zum Teil weit größere Anteile.

Danach führten auch Discounter wie Aldi, Lidl und Netto elektronische Registerkassen ein, die nicht nur Kreditkarten akzeptieren, sondern auch kontaktloses Bezahlen mit Hilfe der Funktechnik NFC ermöglichen. Quasi alle NFC-Kassen – über 820 000 in Deutschland, können damit auch Zahlungen über Smartphones entgegennehmen. Manchmal erscheint hier noch eine Fehlermeldung. Das solle sich aber mit Updates in den kommenden Wochen erledigen, so die Anbieter.

An der Kasse ernten Nutzer derzeit manchmal noch kritische Blicke, wenn sie statt der gewohnten Plastikkarte das Smartphone oder gar die Smartwatch verwenden wollen. Dabei ist insbesondere die ­Apple Watch praktisch. Sie muss nur morgens einmal entsperrt werden, danach kann man sie ohne weitere Legitimationsnachweise zum Zahlen verwenden. An der Kasse tippt man doppelt auf den Knopf an der Seite der Uhr, danach ist sie eine Minute lang für den Bezahlvorgang freigeschaltet. Auf dem iPhone muss man dagegen jede Zahlung mit dem Fingerabdruck (TouchID), der Gesichtserkennung (FaceID) oder der iPhone-PIN bestätigen. Ähnlich bequem funktioniert das auch bei Android-Smartwatches.

Die Blicke der Kassierer hellen sich auch schnell wieder auf, wenn sie sehen, wie flott man mit dem Smartphone oder der Smartwatch den fälligen Betrag beglichen hat – deutlich schneller jedenfalls, als Scheine und Münzen passend aus der Geldbörse zu suchen.

Google Pay setzt dabei die Bedienungshürde noch etwas niedriger als Apple an. Auf einem Android-­Smartphone mit NFC-Chip werden Beträge bis 25 Euro in der Regel ohne zusätzliche Erkennungsmethode freigegeben, so wie bei einer kontaktlosen Kredit- oder Girokarte. Bei höheren Beträgen werden aber auch auf den Android-Geräten Fingerabdruck, PIN oder die Gesichtserkennung fällig.

Bei der Sicherheit müssen sich Apple Pay und Google Pay nicht hinter anderen Bezahlverfahren verstecken. Bei beiden System werden nicht die eigentlichen Kreditkartendaten gespeichert und an den Händler übertragen, sondern nur eine virtuelle Kreditkartennummer. Damit sollen die Daten nicht für Betrugsversuche missbraucht werden können. Sollte das Smartphone gestohlen werden, löscht die Bank nur das virtuelle Gegenstück und muss nicht die eigentliche Kreditkarte sperren.

Wie sieht es bei den verschiedenen Bezahlverfahren mit dem Schutz der Privatsphäre aus? Hier gilt das Bargeld als unschlagbar, weil es beim Bezahlen keine Spuren hinterlässt. Beim Smartphone soll die Anonymität immerhin gegenüber dem Händler gewahrt bleiben. Er erfährt nur, dass der Betrag freigegeben wurde und ist nicht in der Lage, die Daten für eine Profilbildung auszuwerten. Voll im Bild ist dagegen die Kreditkartengesellschaft oder die jeweilige Bank.

Apple gibt an, gar keine Details zu sehen, sondern Daten nur verschlüsselt weiterzuleiten. „Wenn du mit einer Bankkarte bezahlst, speichert Apple Pay keine Daten zu deiner Transaktion, die auf dich zurückzuführen sind“, heißt es vonseiten des Konzerns. Google weist seine Kunden dagegen darauf hin, dass bei jeder Transaktion über Google Pay etliche Daten erfasst werden können. Wer sich daran stört, sollte den Dienst besser nicht einsetzen.

Und wie sieht es mit den Kosten aus? Für die Verbraucher ist die Nutzung von Apple Pay oder ­Google Pay kostenlos. Und auch bei den Händlern fallen keine Zusatzkosten an. Der iPhone-Hersteller verlangt jedoch von den Banken Geld. Wie viel Apple kassiert, ist ein Branchengeheimnis. Für die USA gehen Experten von 0,15 Prozent der Transaktionssumme aus, in Europa dürfte der Wert niedriger sein, weil der zu verteilende Gebührenkuchen insgesamt deutlich kleiner ausfällt.

(dpa)
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