Jahrelanger Rechtsstreit spitzt sich zu Verkaufsverbot für iPhones in Deutschland

München · Apple darf mehrere Modelle seines Smartphones bis auf Weiteres nicht mehr verkaufen. Das ist das Ergebnis eines Patentstreits mit dem US-amerikanischen Chiphersteller Qualcomm in München. Betroffen sind die iPhones 7, 8 und X.

 Viele iPhones dürfen hierzulande nicht mehr angeboten werden, weil Hersteller Apple nach Ansicht des Gerichts Patente verletzt hat.

Viele iPhones dürfen hierzulande nicht mehr angeboten werden, weil Hersteller Apple nach Ansicht des Gerichts Patente verletzt hat.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Der Chipkonzern Qualcomm hat in einem Patentstreit mit Apple ein Verkaufsverbot für mehrere iPhone-Modelle in Deutschland erstritten. Das Landgericht München stellte die Verletzung eines Qualcomm-Patents durch ­Apple fest. Qualcomm kann das Urteil gegen eine Sicherheitsleistung von insgesamt 1,3 Milliarden Euro für zwei Verfahren, in denen es um das Patent ging, vorläufig vollstrecken lassen. Es geht um die Modellreihen iPhone 7 und 8 sowie das iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Die neueren Modelle iPhone XS und XR sind nicht betroffen. Zudem soll Apple Schadenersatz an Qualcomm zahlen. Apple erklärte, dass die Geräte über Mobilfunk-Betreiber und andere Händler weiterhin verfügbar bleiben sollen. Lediglich in den 15 deutschen Apple Stores sollen das iPhone 7 und das iPhone 8 nicht mehr verkauft werden. Zudem kündigte der Konzern an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Qualcomm erzielte damit einen ersten spürbaren Erfolg in einem weltweit ausgetragenen Streit mit Apple. Der iPhone-Konzern hatte bis zuletzt betont, dass er sich nicht auf einen Vergleich einlassen wolle.

Qualcomm hatte im Vorfeld berichtet, dass der Konzern ein eventuelles Verkaufsverbot schnell umsetzen werde. Zwar war da noch nicht die erhebliche Sicherheitsleistung bekannt. In Branchenkreisen wird aber davon ausgegangen, dass der Konzern die erforderliche Summe zügig aufbringen wird, um das Verkaufsverbot auszulösen.

Bei dem Patent geht es um eine Technologie, die den Stromverbrauch von Chips anpasst, damit der Akku länger hält. Der Hersteller des entsprechenden Bauteils in den in Deutschland verkauften ­iPhones, die US-Firma Qorvo, verweist darauf, dass man eine eigene Lösung verwende, die Qualcomms Patent nicht verletze. Aus Sicht von Qualcomm ist es nicht möglich, dieses Patent durch eine solche Software-Änderung zu umgehen.

„Die Kammer hat nicht aufgeklärt, wie genau die technische Ausgestaltung dieses Chips ist“, räumte der Vorsitzende Richter Matthias Zigann ein. Dass Apple die verwendete Technolgie nicht offenlegt, wurde aber zu Ungusten des iPhone-Herstellers ausgelegt. Das Gericht entschied entsprechend anhand von Qualcomms Darstellung der Umsetzung der Technologie in den Apple-­Geräten. In weiteren Verfahren zu einem Software-Patent für Details der Suchfunktion auf dem iPhone traf das Gericht zunächst keine Entscheidung. Qualcomm klagt gegen Apple in Deutschland in mehr als einem Dutzend Verfahren in München und Mannheim. Bisher wurde ein Verfahren ausgesetzt und in einem wurde die Qualcomm-Klage abgewiesen.

Der Streit begann, als Apple Qualcomm mit dem Vorwurf verklagte, der Chipkonzern verlange zu hohe Gebühren für die Nutzung seiner Patente. Apple argumentiert, da der Chipkonzern keinen Festpreis, sondern einen Anteil vom Verkaufspreis der Geräte haben wolle, versuche er auf ungerechtfertigte Weise von Apples eigenen Innovationen zu profitieren. Qualcomm bekommt seitdem kein Geld mehr von den iPhone-Auftragsfertigern und wirft Apple vor Gericht die Verletzung diverser Patente vor. Qualcomm ist vor allem bekannt als Anbieter von Prozessoren und Funkchips, beansprucht aber auch die Erfindung vieler anderer Technologien in Smartphones für sich.

Die Unternehmen streiten unter anderem auch in den USA und China. Apple und mehrere iPhone-Auftragsfertiger werfen Qualcomm vor, durch zwielichtige Wettbewerbspraktiken überhöhte Lizenzgebühren kassiert zu haben. Die Hersteller wie unter anderem Foxconn wollen in den USA neun Milliarden Dollar bei Qualcomm einklagen, der Prozess soll Mitte April beginnen, so ihr Anwalt Theodore Boutrous. Bei dem Betrag handele es sich hauptsächlich um die Lizenzgebühren in Höhe von fünf Prozent des Gerätepreises für mehrere Jahre. Die Hersteller müssten doppelt bezahlen, einmal für die Chips und dann für die Technologie darin, kritisierte Boutrous. Es sei eine „Steuer auf Innovationen“. Der Chipkonzern versuche, mit „trivialen Klagen auf der Peripherie“ davon abzulenken, dass sein Geschäftsmodell unter Druck stehe, um Apple und die Fertiger zu einem Vergleich zu zwingen.

In China erreichte Qualcomm auf Basis von zwei Software-Patenten vor einigen Wochen ein Verkaufsverbot für mehrere Modelle vom iPhone 6 bis zum iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Apple setzt den Verkauf jedoch fort und verweist darauf, dass durch eine Software-Aktualisierung das Patent nicht verletzt werde. Qualcomm pocht darauf, dass in der einstweiligen Verfügung ausdrücklich bestimmte Modelle aufgeführt worden seien, die deshalb nicht mehr angeboten werden dürften.

In den USA soll im Januar auch ein Prozess zu einer Klage der US-Handelsbehörde FTC gegen die Qualcomm-Praktiken beginnen. Qualcomm hat zudem mit finanziellen Einbußen zu kämpfen, weil große iPhone-Fertiger bereits 2017 die Lizenzzahlungen einstellten.

(dpa)
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