Stichproben nähren Zweifel Fragwürdige Empfehlungen

DÜSSELDORF · Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kritisiert nach Stichproben das Gütesiegel „Amazon’s Choice“.

 Mit „Amazon’s Choice“ hat der größte Online-Händler sein eigenes Gütesiegel eingeführt. Stichproben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen werfen ein schlechtes Licht auf die Empfehlungen.

Mit „Amazon’s Choice“ hat der größte Online-Händler sein eigenes Gütesiegel eingeführt. Stichproben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen werfen ein schlechtes Licht auf die Empfehlungen.

Foto: Verbraucherzentrale NRW

Das riesige Angebot von Amazon überfordert viele Kunden. Deswegen verlassen sie sich bei der Kaufentscheidung auf das Empfehlungssiegel „Amazon’s Choice“, mit dem das Unternehmen nach eigenen Angaben „hoch bewertete Produkte mit guten Preisen hervorhebt, die zum sofortigen Versand bereitstehen“. Verbraucherschützer warnen aber davor, Amazons Produktempfehlungen zu vertrauen.

„Es gibt massiven Klärungsbedarf“, schreibt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und mahnt zur Vorsicht in Bezug auf das Gütesiegel. Bei einer kürzlich durchgeführten Stichprobe wurden 50 Artikel gefunden, deren Auszeichnung mit dem Qualitätslabel nicht nachvollziehbar ist. Beispielsweise waren 34 der empfohlenen Produkte auf anderen Webseiten zu einem günstigeren Preis erhältlich, sieben wurden mit weniger als vier von fünf möglichen Sternen bewertet und bei fünf Produkten fehlte das Etikett „Prime“, das eine schnelle Lieferung garantiert – meist schon einen Tag nach der Bestellung.

Stellt sich also die Frage, nach welchen Kriterien Amazon das Gütesiegel vergibt. Auf Anfrage unserer Zeitung schreibt eine Sprecherin des Unternehmens: „Wir berücksichtigen eine Vielzahl von Faktoren einschließlich Beliebtheit des Produktes, Verfügbarkeit, Kundenrezensionen und Sternebewertungen, Preis, Kundenservice-Anfragen, Rücksenderaten sowie Produktqualität, wenn wir die Bezeichnung anzeigen.“ Weiter schreibt sie: „‚Amazon’s Choice‘ ist unsere Empfehlung für ein Produkt, von dem wir denken, dass es Kunden gefallen kann. Kunden können jederzeit nach allen Marken oder Produkten suchen, die sie kaufen wollen.“ Sprich: Wer mit Amazons Empfehlungen nicht einverstanden ist, muss es ja nicht kaufen. Weiter geht die Sprecherin auf das Ergebnis der Stichprobe in ihrer schriftlichen Stellungnahme nicht ein.

Eine Erklärung für den mitunter irreführenden schwarzen Balken liefert dafür der E-Commerce-Experte Mark Steier aus der Nähe von Homburg: Das Gütesiegel sei ursprünglich für Käufe über den intelligenten Sprachassistenten Alexa entwickelt worden. Im Gegensatz zur Produktsuche im Browser könne Alexa nur ein einziges Produkt empfehlen. Deswegen habe Amazon einen Weg finden müssen, eine Vorauswahl zu treffen – „Amazon’s Choice“.

„Amazons Algorithmus ist aber nicht ausgereift und die Faktoren, nach denen das Siegel vergeben wird, sind manipulierbar“, sagt der Betreiber des Blogs Wortfilter. Was natürlich sehr schlecht sei im Hinblick auf die große Auswirkung auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher. Schlecht auch aus Sicht der Händler. Denn ein fairer Wettbewerb könne so unter Umständen nicht stattfinden, sagt Steier. In den USA habe Amazon im vergangenen Jahr Herstellern das Siegel sogar zum Kauf angeboten. Nach scharfer Kritik sei das Programm aber eingestellt worden.

Der sicherste Weg, das gesuchte Produkt auch wirklich zum günstigsten Preis zu finden, führt laut Steier über Preissuchmaschinen. Artikelnummer eintippen und los geht’s – zu finden ist die Nummer meistens in der Artikelbeschreibung. Wenn keine Nummern oder Modellbezeichnungen bekannt seien, sei es sinnvoll, den Suchschlitz der jeweiligen Suchmaschine mit Schlüsselwörtern zu füttern. Dort sollten auch bestimmte Einschränkungen mit angegeben werden, wie beispielsweise „Toaster rot“. Händler und Plattformbetreiber hätten in der Regel die relevanten Suchwörter den Produkten zugeordnet, sodass diese dann in den Ergebnissen angezeigt würden.

Eine der größten Preissuchmaschinen ist idealo.de. „Idealo greift auf Milliarden an Produkten aus den unterschiedlichsten Quellen zurück und zeigt diese gut sortiert und strukturiert an. So erhalten Verbraucher einen guten Überblick und können Preise, Extra-Leistungen der Händler und Versandkosten miteinander vergleichen“, so Steier. Im direkten Vergleich zu Amazon ergebe es aber auch Sinn, eBay zu besuchen. Von den Plattformen Wish und Shine rät der Experte ausdrücklich ab. Dort würden minderwertige und oft gefährliche Produkte und Fälschungen aus China angeboten.

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