Wenn nach dem Update nichts mehr geht Aktueller ist nicht immer besser

Koblenz/Hannover · In aller Regel ist es sinnvoll, Programme und Geräte auf dem neuesten Stand zu halten. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen nach dem Update wichtige Funktionen wegfallen. Für Verbraucher ist das im Vorfeld meist schwer abzusehen.

 Nutzer von iOS-Geräten konnten nach dem Update des Betriebssystems auf Version 11 viele ältere Apps nicht mehr verwenden.

Nutzer von iOS-Geräten konnten nach dem Update des Betriebssystems auf Version 11 viele ältere Apps nicht mehr verwenden.

Foto: dpa-tmn/Alexander Heinl

(dpa) Wer sich eine Waage mit Pulswellenmessung kauft, möchte diese Funktion in aller Regel auch nutzen. Was passiert aber, wenn der Hersteller plötzlich ein Software-Update veröffentlicht, das genau diese Funktion abschaltet? Genau das geschah im Januar 2018 den Käufern einer vernetzten Pulswellen-Waage mit zahlreichen Zusatzfunktionen. Ein Software-Update degradierte das Gerät zu einer ganz gewöhnlichen Waage.

Ein Phänomen, das immer wieder auftritt, sagt Christian Gollner von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Zum Beispiel bei der Spielekonsole Playstation 3. Dem Gerät wurde 2010 per Update die Möglichkeit zum Installieren des Betriebssystems Linux genommen. In jüngerer Zeit erlebten auch Nutzer von Apples iOS-Geräten eine böse Überraschung. Nach dem Update auf das neue Betriebssystem iOS 11 funktionierten viele ältere Apps nicht mehr. Und das Programm Wordpad von Windows 10 öffnet keine alten Word-Dateien. Bei Computern, Smartphones, vernetzten Geräten und der darauf installierten Software gibt es keine Garantie, dass Funktionen immer zur Verfügung stehen.

Wirklich neu ist das nicht. „Seitdem es Technik und Standards gibt, haben wir das Problem“, sagt Gollner. Gerade die Frühkäufer, in der Marketing-Sprache Early Adop­t­er genannt, trifft es häufig. Etwa wenn eine neue Technik auf den Markt kommt und zwei Standards in Konkurrenz zueinander stehen – so wie einst VHS und Betamax beim Heimvideo. Heute ist die Anzahl der Geräte, Einsatzzwecke, Hersteller und Standards noch viel größer – und damit das Risiko, dass die Geräte irgendwann nicht mehr nutzbar sind.

Einen sicheren Weg, sich vor solchen Funktionsverlusten zu schützen, gebe es nicht, sagt Christof Windeck vom Fachmagazin c’t. Rein rechtlich haben Verbraucher hier nämlich wenig Chancen. Auch die Gewährleistung hilft fast nie. Sie beziehe sich grundsätzlich nur auf das Material und nicht auf Dienstleistungen, die durch Software abgedeckt würden, erklärt Christian Gollner. „Da greifen bisherige Rechtsinstrumente nicht gut.“ In seltenen Fällen gibt es eine Entschädigung – die Funktion wird dadurch aber nicht wiederhergestellt. Bei der um Linux erleichterten Playstation 3 erhielten klagende Käufer nach langem Prozess rund 50 Euro zurück – ein Bruchteil des ursprünglichen Kaufpreises.

Kann man solche „Risikogeräte“ überhaupt verlässlich erkennen und meiden? Für Christof Windeck eine Abwägungssache. Ein gewisses Risiko gebe es immer. Wenn etwa ein wenig bedeutender Hersteller im Alleingang eine neue Funktion einführe, könne das ein Warnzeichen sein.

Um das sicher zu wissen, müsste man aber streng genommen ständig auf dem neuesten Stand sein, was die technische Entwicklung und Herstellerentscheidungen angeht. „Es ist schwer für Laien, da den Überblick zu behalten“, sagt Windeck. Selbst Experten könnten nicht immer sagen, welcher Standard die längste Lebensdauer garantiere.

Grundsätzlich lohne es sich aber, auf etablierte Standards zu setzen. USB, Bluetooth und WLAN hätten sich beispielsweise bislang als recht langlebig und auch größtenteils abwärtskompatibel erwiesen. Windeck rät, neue Geräte in den ersten 14 Tagen nach dem Kauf bis ins kleinste Detail auszuprobieren. Funktioniere etwas nicht, könnten Nutzer die Geräte während dieser Zeit in der Regel problemlos zurückgeben. Besondere Vorsicht gelte außerdem bei Produkten, bei denen Funktionen versprochen würden, die erst später per Software-Update nachgeliefert werden sollten, warnt Windeck. Solchen Absichtserklärungen kämen die Hersteller in vielen Fällen nicht nach.

Christian Gollner rät zudem, auf die Anschlüsse zu achten. „Gerade bei Musikanlagen oder anderen technischen Geräten ist es wichtig, so viele Schnittstellen wie möglich zu haben“, sagt er. So könnten Nutzer im Zweifel ausweichen, wenn eine Funktion wegfalle. Verliert etwa ein Soundsystem aus Lizenzgründen seine Internetradio-Funktion, hat aber Bluetooth, kann man den Radiostream auch noch vom Handy drahtlos zur Anlage schicken.

„Grundsätzlich ist man beim Marktführer am sichersten“, so Gollners Einschätzung. Doch selbst Riesen wie Microsoft haben schon Geräteunterstützung eingestellt, etwa für den MP3-Player Zune oder bei Skype für einige Smart-TVs. Ansonsten sollte man auf Standards setzen, die möglichst viele Anbieter unterstützen. Das gilt besonders dann, wenn es um Langlebiges geht, etwa ein System für ein vernetztes Eigenheim (Smart Home). „Man sollte beim Hersteller anfragen, ob es Anzeichen für eine Umstellung oder eine Einstellung eines Produktes gibt“, so der Rat des Verbraucherschützers.

(dpa)
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