Ab Juni wird das Internet grenzenlos

Brüssel · Die sogenannten Roaming-Gebühren sollen in der EU endgültig entfallen. Telefonieren und Surfen wird günstiger.

 Auch im Urlaub ist das Handy für viele unverzichtbar. Ab Juni können Reisende im EU-Ausland so günstig im Internet surfen wie zu Hause. Foto: Sauer/dpa

Auch im Urlaub ist das Handy für viele unverzichtbar. Ab Juni können Reisende im EU-Ausland so günstig im Internet surfen wie zu Hause. Foto: Sauer/dpa

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Reisende können ab Mitte Juni ohne Zusatzkosten im EU-Ausland mobil telefonieren und im Internet surfen. Vertreter des Europaparlaments und der Mitgliedstaaten haben gestern in Brüssel die letzte wichtige Hürde dafür aus dem Weg geräumt. Sie verständigten sich auf die Roaming-Großhandelspreise. Das sind jene Kosten, die sich die Telekommunikationsanbieter untereinander für die Vermittlung von Anrufen und den Datenaustausch in Rechnung stellen. Beide Seiten müssen die Einigung noch offiziell billigen. Die neuen Regeln gelten für die 28 EU-Staaten sowie für Island, Norwegen und Liechtenstein.

Telefonieren Urlauber im Ausland, zahlt der heimische Anbieter dem Auslandsanbieter dafür, dass sein Kunde zeitweise dessen Netz nutzt. Dafür etabliert die EU nun Obergrenzen von 3,2 Cent pro Minute für Anrufe und 1 Cent für SMS. Für Datenvolumina sinken die Obergrenzen schrittweise von zunächst 7,70 Euro pro Gigabyte ab dem 15. Juni auf schließlich 2,50 Euro pro Gigabyte ab dem 1. Januar 2022. Diese Kostendeckel liegen nach EU-Angaben um etwa 90 Prozent unter den aktuellen Begrenzungen.

"Die vereinbarten Obergrenzen sorgen dafür, dass die Anbieter überall in Europa ihre Kosten abdecken können, sind aber niedrig genug, um den Wettbewerb auf den europäischen Telekom-Märkten zu sichern", sagte die finnische Europaabgeordnete Miapetra Kumpula-Natri, die das Thema im Europaparlament federführend betreute. Kleine Anbieter seien damit besser vor saftigen Rechnungen größerer Firmen geschützt.

Von der EU-Kommission wie auch von Verbraucherschützern kommt seit vielen Jahren massive Kritik an den Roaminggebühren. Unübersichtliche Preise, die stark von einander abwichen, führten dazu, dass Urlauber die Kosten aus dem Blick verloren und am Ende hohe Rechnungen präsentiert bekamen. Mit den Gebühren haben die Anbieter Summen in Milliardenhöhe erzielt

Für die Handynutzer bleiben die Preise nun im Prinzip stabil. Ab Juni können gebuchte Tarife, wie bisher, aber ohne weitere Aufschläge im europäischen Ausland genutzt werden. Es gelten die gleichen Bedingungen wie im Inland. Nicht ganz klar sind die Auswirkungen des Roaming-Wegfalls auf gebuchte Datenpakete. Diese sind zwar auch im Ausland gültig, könnten dort aber je nach Nutzung schneller erschöpft sein.

"Die Abschaffung der Roamingaufschläge für Endkunden ist zu begrüßen", sagt Christine Steffenvon der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie äußerst jedoch auch Bedenken. Wie sich die neue Situation ohne Roaminggebühren im europäischen Ausland in Zukunft darstelle und welche Marktreaktionen und Tarifoffensiven die Regelung auslöse, sei noch nicht zu erkennen. Die Anbieter könnten ihre Preise im Inland anpassen und damit am Ende doch noch die Kunden zur Kasse bitten.

Alle Regelungen gelten künftig für den Standardtarif. Kunden können auf Wunsch allerdings auch andere Verträge abschließen, beispielsweise weil sie günstiger außerhalb Europas telefonieren wollen. Die Kommission der Europäischen Union hatte im Herbst ursprüngliche Pläne aufgegeben, die Roaming-Freiheit für Verbraucher auf 90 Tage pro Jahr zu beschränken. Stattdessen sollen Anbieter einen Missbrauch wie beispielsweise das dauerhafte Telefonieren mit billigen ausländischen Sim-Karten unterbinden können. Die europäische Regulierungsstelle Berec fand die Regelung dazu allerdings schwammig und warnte, die Telekom-Firmen könnten als Reaktion auf die Roaming-Abschaffung die Inlands-Tarife anheben.

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