Immobilien Wehe, wenn die Wut sich ihren Weg bahnt

Berlin · Beleidigungen muss sich niemand gefallen lassen. Doch die Gerichte wägen ab, ob jemand zu weit geht oder die Sache noch tolerabel ist.

 Wer seinen Vermieter beleidigt, muss unter Umständen mit einer fristlosen Kündigung und mit einer Klage rechnen.

Wer seinen Vermieter beleidigt, muss unter Umständen mit einer fristlosen Kündigung und mit einer Klage rechnen.

Foto: Bundesgeschäftsstelle LBS

Das Verhälnis zwischen Mieter und Vermieter ist nicht immer harmonisch. Wenn ein Streit ausartet, kann das zu Konsequenzen führen. Einiges landet dann auch vor Gericht, wie aus dieser Urteilssammlung hervorgeht.

Ein Mieter suchte sich für seine Verbalinjurien nicht den Eigentümer des von ihm bewohnten Objekts aus, sondern dessen Mitarbeiterin. Diese Beschäftigte bezeichnete er zunächst als „faul“ und dann auf Facebook als „talentlose Abrissbirne“. Daraufhin wurde ihm gekündigt. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg (Az.: 216 C 461/14) entsprach dem nicht. Hier liege, wenn überhaupt, eine „eher weniger schwerwiegend(e)“ Beleidigung vor. Das gebotene Mittel des Eigentümers wäre zunächst eine Abmahnung gewesen. Mildernd berücksichtigte das Gericht die Tatsache, dass der Mieter aus gegebenem Grund – wegen störenden Lärms aus der Gartenanlage – sehr aufgebracht gewesen war.

Besonders unschön ist es, wenn Beleidigungen nicht nur im persönlichen Gespräch zwischen Mieter und Eigentümer ausgetauscht werden, sondern in aller Öffentlichkeit. Wenn also eine unbestimmte Zahl von Menschen zuhören kann. Das war der Fall, als ein Eigentümer seinen Mieter vor dem Anwesen als „Arschloch“, „Wichser“ und „Hausbesetzer“ titulierte. Das Landgericht Bonn (Az.: 6 T 17/10) betrachtete die beiden erstgenannten Ausrücke als unflätig und kritisierte insbesondere am Begriff „Hausbesetzer“, dass der Beleidigte damit in die Nähe strafrechtlich relevanten Verhaltens gerückt werde. Ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 Euro betrachtete das Landgericht als angemessen.

Eine Mieterin aus Brandenburg wählte einen ganz anderen, höchst ungewöhnlichen Weg, um ihrem Vermieter zu schaden. Sie wandte sich an dessen Baufinanzierer und wies diesen darauf hin, dass es zu „unglaublichen Vorkommnissen“ gekommen sei und der Vermieter ständig grundlose Kündigungen ausspreche. Eine Beschwerde an das Bundesaufsichtsamt für das Banken- und Kreditwesen werde folgen. Dies betrachtete das Landgericht Potsdam (Az.: 4 S 193/10) als üble Nachrede und damit als Vertragsverletzung, die zur Kündigung berechtige. Dieses Verhalten sei auch nicht dadurch zu rechtfertigen, dass sich die Mieterin über eine lange andauernde Baustelle im Garten geärgert habe.

Den Eigentümer beziehungsweise Verwalter einer Mietwohnung als „Terrorist(en)“ zu bezeichnen – das stellt eine gravierende Beleidigung dar. In einem Streit in München „argumentierte“ ein Mieter folgendermaßen: „terroristen landen mindestens im knast! und ihr seid sehr feindselige und sehr gefährliche terroristen nazi ähnliche braune mist haufen auf eigener art!!!“ Das schien dem Landgericht München (Az.: 14 S 16950/15) dann doch jedes erträgliche Maß zu überschreiten. Man müsse hier von einer „schwerwiegende(n) Vertragsverletzung“ sprechen, die „ein Festhalten am Mietvertrag unzumutbar macht“. Da helfe auch das Jahrzehnte währende Mietverhältnis nicht mehr.

Manchmal ist es die Mischung aus unzumutbaren Verhaltensweisen und Verbalinjurien, die eine Kündigung rechtfertigt. So bewarf eine Mieterin in Köln die Nachbarn auf der unter ihr liegenden Terrasse mit Abfällen, ließ nächtens ihren Rollkoffer durch das Treppenhaus in den Keller klackern, bezeichnete einen Nachbarn, der sich beschwerte, als „blöden Sack“. Bereits in der Vergangenheit war es zu Zwischenfällen wie etwa nächtlichem Staubsaugen gekommen. Dem Landgericht Köln (Az.: 10 S 139/15) reichte das in der Summe aus, um eine Kündigung für berechtigt zu halten. Selbst wenn man bei einzelnen Vorfällen, wie etwa der Angelegenheit mit dem Koffer, zu Gunsten der Betroffenen noch von Fahrlässigkeit ausgehe, komme man im Gesamtbild zu einer unzumutbaren Fortsetzung des Mietverhältnisses.

Wenn Eigentümer sich gegenüber ihren Mietern im Tonfall vergreifen, dann kommt, wie bei Beleidigungen im sonstigen Leben, eine Schmerzensgeldklage in Frage. Mit einem solchen Fall war in letzter Instanz der Bundesgerichtshof (Az.: VI ZR 496/15) befasst. Der Vermieter hatte per SMS an einen Mieter diesen als „Schweinebacke“, „asozialer Abschaum“ und „kleiner Bastard“ bezeichnet. Der BGH lehnte, wie die beiden Vorinstanzen, eine Schmerzensgeldzahlung ab. Es seien zwar grobe Beleidigungen gewesen, aber diese hätten (siehe SMS) ohne Breitenwirkung in der Öffentlichkeit stattgefunden. Der Betroffene wäre zudem in der Lage gewesen, sich mit Hilfe eines straftbewehrten Unterlassungstitels in Zukunft Ruhe zu verschaffen. Eine weitere Genugtuung in Form einer Geldentschädigung sei hier nicht nötig gewesen.

Besonders fatal wirkt es sich in der Regel vor Gericht aus, wenn der Beleidigende seine Äußerungen auch noch mit Drohungen untermalt. Ein Mieter hob im Zuge einer Auseinandersetzung seine Faust in Richtung des Vermieters und ließ diesen wissen, wenn er sich nicht schleunigst entferne, bekomme er diese zu spüren. Das Landgericht Frankfurt/Main (Az.: 2/17 S 90/11) hielt angesichts eines solchen Verhaltens eine fristlose Kündigung für angemessen, zumal man auch noch davon ausgehen müsse, dass die Familie des Mieters die Wohnung habe verwahrlosen lassen.

Die Stimmung zwischen Mietern und Vermietern war schon lange nicht gut, es hatte bereits zahlreiche Zivilverfahren und Strafanzeigen gegeben. Im Zusammenhang mit einem konkreten Disput über die (angeblich zu niedrige) Wassertemperatur in der Wohnung begehrten die Vermieter Einlass, um sich über die Situation zu vergewissern. Das verwehrte der Mieter und titulierte den Eigentümer dabei „Sie promovierter Arsch“. Solch eine Formulierung, beschied das Amtsgericht München (Az.: 474 C 18543/14), gehe über (erlaubte) bloße Unhöflichkeiten hinaus und stelle eine grobe Beleidigung dar. Erschwerend komme hinzu, dass beide Parteien im selben Haus wohnten und sich deswegen im Falle der Fortsetzung des Mietverhältnisses gar nicht aus dem Weg gehen könnten.

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