Überspannungsschutz wird vernachlässigt

Mainz · Blitzeinschläge können sämtliche Elektrogeräte im Haus zerstören, Kurzschlüsse und sogar Brände auslösen.

 Ein Blitz entlädt sich während eines Gewitters über der historischen Altstadt von Dresden.Foto: Hirschberger

Ein Blitz entlädt sich während eines Gewitters über der historischen Altstadt von Dresden.Foto: Hirschberger

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(dpa) Ein Blitzeinschlag im Haus macht Angst, ist aber vergleichsweise selten. Viel größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass während eines Gewitters Überspannungsschäden an elektrischen Geräten auftreten. Denn diese entstehen nicht nur durch direkte Einschläge, sondern durch Blitze, die weit entfernt einschlagen. "Dabei fließen große Blitzströme durch die Erde, verzweigen sich und gelangen durch die elektrischen Leitungen ins Haus", erklärt Wilhelmina Katzschmann von der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz. Das verursacht Überspannungsschäden, die Fernseher und Co. außer Gefecht setzen und Kurzschlüsse und Brände im Haus auslösen können.

Ein Blitzableiter, wie er bis in die 90er Jahre üblich war, ist gegen Überspannung machtlos. Und da in älteren Ein- und Zweifamilienhäusern weder Blitz- noch Überspannungsschutz vorgeschrieben ist, sind die meisten Gebäude auch nicht damit ausgestattet. "Hausbesitzer müssen nur dann einen Blitzschutz haben, wenn die Blitze schnell Brände auslösen können oder Personen und schützenswerte Güter in besonderer Gefahr sind", erklärt Thomas Raphael vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE). Das gilt zum Beispiel zwingend für hohe Gebäude mit feuergefährdeten Bereichen, wie etwa Dacheindeckungen aus Holz oder Reet. "Neu ist, dass seit Oktober 2016 in allen Neubauten ein Überspannungsschutz Pflicht ist.", so Raphael.

Es gibt drei Möglichkeiten zum Nachrüsten. Wer Angst vor einem direkten Blitzeinschlag hat und Feuer sowie Personengefährdung soweit wie möglich ausschließen möchte, kann auf ein äußeres Blitzschutzsystem zusammen mit einem minimalen inneren Blitzschutz zurückgreifen, der auch einfache Überspannungsschutzgeräte beinhaltet.

Manche Hausbesitzer möchten sich nur gegen Überspannungen schützen, die über die Leitungen in das Haus eindringen, da diese häufiger auftreten. In diesem Fall installiert ein Fachmann einen umfassenden Überspannungsschutz. Die dritte Gruppe wünscht sich einen Rundum-Schutz sowohl bei direkten oder nahen Blitzeinschlägen als auch bei fernen. Dann kommt die Kombination aus den beiden vorher genannten Varianten zum Zuge.

Ob die Nachrüstung mit Blitzschutzsystem oder mit Überspannungsschutz ratsam ist, hängt stark von der Ausstattung des Hauses mit elektronischen Geräten ab. "Hausbesitzer sollten sich fragen, welche Technik sie im Haus haben und welche Anschaffungen sie für die Zukunft planen", rät Andre Witzel vom Verband Deutscher Blitzschutzfirmen. Gibt es empfindliche Geräte in der Wohnung? Sind die technischen Geräte vernetzt? "Je mehr Technik vorhanden ist, desto eher wird ein Überspannungsschutz gebraucht", rät der Experte.

Ein wirksamer Überspannungsschutz besteht aus mehreren Geräten. Die erste Stufe ist ein Schutzgerät direkt am Hausanschlusskasten oder an der Hauptverteilung. Dieser Typ 1 leitet Blitzströme in die Erdungsanlage, sodass die Hausinstallation nur noch mit Überspannungen belastet wird.

In der Praxis kommt oft ein erweitertes Schutzgerät (Typ 1+2) zum Einsatz, das gleichzeitig auch die Überspannungen auf ein niedriges Niveau reduziert. Alternativ kann das zweite Schutzgerät in der Unterverteilung installiert werden, erklärt Raphael.

Bei langen Leitungen für Strom oder Telefon werden weitere Schutzgeräte benötigt, die unmittelbar am Gerät in die Leitung eingebaut werden. Diese Geräte des Typ 3 sollen empfindliche elektronische Geräte besonders schützen. Sie werden meist direkt in die Steckdose eingesetzt.

"Einen umfassenden Schutz bieten diese allein aber nicht", warnt Katzschmann. "Ohne die Stufen 1 und 2 machen solche Überspannungsschutzgeräte wenig Sinn." Auch die oft angepriesenen Mehrfach-Steckdosen mit Überspannungsschutz haben ihrer Erfahrung nach kaum Wirkung, "wenn die Überspannung erst einmal im Haus ist".

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