Wohnen der Zukunft Mini-Häuser könnten künftig Raumnot lindern

Berlin · Bei steigenden Immobilienpreisen und Platznot in den Innenstädten müssen neue Wohnkonzepte ausgebaut werden. 

 Die Treppe führt hinauf zum Bett. Um im Mini-Haus Platz zu sparen, wird auch der Raum in der Höhe genutzt.

Die Treppe führt hinauf zum Bett. Um im Mini-Haus Platz zu sparen, wird auch der Raum in der Höhe genutzt.

Foto: dpa-tmn/Alexander Heinl

(dpa) Schlafen, kochen, duschen und bis zu zwei Übernachtungsgäste empfangen: Das ist in einem sogenannten Tiny-House möglich. Und das auf im Schnitt 6,4 Quadratmetern Fläche. „Tiny“ heißt winzig, und das englische Wort „house“ ist in diesem Fall fast zu weit gegriffen. Mit Tiny-Houses werden Gebäude in der Machart kleiner Hütten bezeichnet. Sie bieten dennoch gut ausgestattete Wohnbereiche.

Auf kleinster Fläche nutzen die Häuschen jeden Kubikmeter durchdacht aus, um möglichst viel Wohnraum zu schaffen. Vor allem in den USA sind die Häuser beliebt. Dort gibt es kaum Vorgaben zum Standort und Baugenehmigungen. In Deutschland dagegen darf beispielsweise ein Wohnwagen maximal zwei Wochen auf öffentlichen Plätzen und Straßen parken, und auch das dauerhafte Wohnen in so einem Häuschen ist nicht an jedem Fleck möglich.

Hierzulande existieren bisher nur wenige Tiny-Houses, und viele sind von Architekten als Projekte initiiert, die gerechteres Wohnen illustrieren sollen. Denn der Bau und Unterhalt solch kleiner Wohnräume spart natürlich Geld. Zum Beispiel werben das Berliner Kollektiv „Tinyhouse University“ sowie die wohnungspolitische Initiative „Co–Being House“ mit dem Konzept der 100-Euro-Wohnung. Das Tiny-House sei die kleinste Wohnung Deutschlands auf einer Fläche von zwei Mal 3,20 Metern, könnte aufgrund ihrer Größe 100 Euro Monatsmiete kosten und soll alle Grundbedürfnisse einer Person abdecken. Es gibt einen Wohnbereich mit Sessel, Küche, Schlafbereich und sogar einen Arbeitsplatz. Möglich machen das schnell verwandelbare Multifunktionselemente, aber auch eine Deckenhöhe von 3,60 Metern. So kommt etwa das Bett auf eine Galerie unter dem Dach.

Und wie lebt es sich in einem Tiny-House? Jan Fritsche verbringt als Betreuer des Ausstellungsbereichs auf dem Bauhaus-Campus in Berlin viel Zeit in dem kleinen Häuschen. „Man hat hier alles, was man braucht“, lautet sein Fazit. Sogar Platz für Besuch von Freunden im multifunktionalen Wohnzimmer gibt es.

Das Zukunftsinstitut in Frankfurt hat sich mit der Frage beschäftigt, wie viele Quadratmeter ein Mensch heute und morgen braucht. In einer aktuellen Wohnstudie kommen die Experten zum Schluss: Wohnfläche alleine bedeutet nicht automatisch Lebensqualität. „Entscheidend sind vielmehr die Qualität der Nachbarschaft und das Angebot der Gemeinschaftsräume wie Küche, Bibliothek, Garten oder Fitnessraum für alle Bewohner eines Hauses.“

Diese Idee steht auch hinter dem Berliner Tiny-House. Geplant ist der Kauf und Ausbau eines Gebäudes für 100-Euro-Appartments neben normal großen Wohnungen für Menschen mit höherem Einkommen. Hier sollen sich alle Parteien Gemeinschaftsräume teilen. Ein Konzept für modernes Wohnen, sagt Fritsche. „Es soll ein Haus für die ganze Gesellschaft werden. Auch für alle, die zentral leben wollen, es sich aber eigentlich nicht leisten können.“

Nicht nur die Baubranche interessiert sich für diese Möglichkeiten der Stadtentwicklung. Auch die Möbelindustrie hat den Trend längst erkannt und beschäftigt sich mit der Idee vom Wohnen auf immer kleineren Grundflächen. Die weltgrößte Messe der Zulieferer der Möbelindustrie und des Innenausbaus, die „Interzum“, widmete dem kleinen und beweglichen Wohnraum 2017 eine Sonderausstellungsfläche. Hier ging es zum Beispiel um Innovationen für Beschläge. Die kleinen, vom Möbelkäufer meist wenig beachteten Teile können dabei helfen, das Platzangebot eines Zimmers besser auszunutzen. Etwa, indem Ecken oder Nischen besser zugänglich für Regalauszüge werden. Nur so lassen sich 6,4 Quadratmeter Wohnfläche auch vollständig und optimal ausnutzen.

(dpa)
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