Marmormöbel sind im Kommen

Berlin/Rotterdam · Badewannen, Küchenaccessoires und sogar Sofas: Sie alle tragen aktuell fein gemasertes Gestein: Marmor. Der Rohstoff ist zwar mühsam abzubauen, aber leicht in die verschiedensten Formen zu bringen.

 Den Marmortisch „M“ zeichnet eine ausgefeilte Konstruktion aus. Foto: Agapecasa/dpa

Den Marmortisch „M“ zeichnet eine ausgefeilte Konstruktion aus. Foto: Agapecasa/dpa

Foto: Agapecasa/dpa

Marmor hatte lange ein Imageproblem. Der Stein galt als protzig, angestaubt und wenig zeitgemäß. Dass sich ausgerechnet das feine Gestein nun zu einem der Lieblingsmaterialien der Designer wandelt, hat etwas mit dem technischen Fortschritt zu tun. Neue Technologien machen Entwürfe realisierbar, die so bis vor ein paar Jahren undenkbar waren. "Das Material ist faszinierend", findet der Designer Richard Hutten aus Rotterdam. "Die Oberfläche ist zugleich massiv und doch weich, sie fühlt sich niemals kalt an, obwohl es sich ja um Stein handelt", beschreibt Hutten das Trendmaterial. "Man kann Marmor ausgesprochen gut bearbeiten und in Form bringen. Das eröffnet uns viele Möglichkeiten."

Hutten hat sich jüngst gemeinsam mit seinen Kollegen Michael Young und Jerszy Seymour für das Ausstellungsprojekt "Friends + Design" im sächsischen Kunstgewerbemuseum Schloss Pillnitz dem Marmor gewidmet. Sie entwarfen einen besonderen Tisch. Dieser setzt sich aus zwei Unterteilen: dem von Seymour mit rau-gebrochenen Kanten und dem elegant-symmetrischen von Young sowie einer Deckplatte zusammen. Letztere stammt von Hutten. Er verzierte die Platte mit verschiedenen Ornamenten, darunter das stark vergrößerte Muster einer Samenkapsel.

Warum wird das Material gerade jetzt so beliebt? Marmor wirkt archaisch und echt, er ist schwer und massiv. Außerdem befriedigt er den Wunsch der Verbraucher nach Originalität und Natürlichkeit. Aber die Arbeit mit Marmor ist steinalt: Auf der griechischen Insel Paros wird das Material schon seit dem 7. Jahrhundert vor Christus abgebaut, das italienische Marmor-Mekka Carrara liefert das Gestein seit dem 2. Jahrhundert vor Christus. Dort ist es in der reinsten Qualität zu finden, weiß mit feinen grauen Adern.

Die Maserung zeichnet das sogenannte weiße Gold aus, denn niemals gleicht ein Stück dem anderen. So entsteht aus jedem Block und jeder Platte stets ein Unikat. Das gilt ebenso für Marmor in Rosa, Grün, Schwarz, Braun oder Orange.

Auch die Designerin Nadine Schaub aus Basel widmet sich nun dem Rohstoff - für ein ungewöhnliches Produkt. Sie hat eine mechanische Küchenwaage entworfen, die auf einer Marmorplatte fußt. "Ich habe Marmor aus dem Tessin wegen seiner Langlebigkeit ausgesucht", erklärt sie. In den vergangenen Jahren sind analoge Produkte in der Küche in großer Zahl durch digitale ersetzt worden. Das Bedürfnis nach Individualität, vor allem aber nach dem Ursprünglichen, bringt nun eine Flut von solchen marmornen Objekten mit sich.

Das Gleiche gilt fürs Wohnen. Piero Lissoni lässt die wollweißen Polster seines Sofasystems namens Avio für Knoll optisch über einer Marmorplatte schweben. Sie fungiert sowohl als seitlicher Couchtisch als auch als rückwärtige Konsole. Und Lissoni bringt Marmor mit Holz und farbigem Glas in seinem Sideboard Matrioska zusammen.

Ebenfalls den bildhauerischen Qualitäten von Marmor widmet sich Paul Cocksedge. Für Moooi designte er das Compression Sofa, dessen voluminöse Form aus Polsterschaum gefertigt ist - mit einem marmornen Kissen in der Sitzmulde. Eine fast zerbrechlich wirkende Badewanne aus einem Marmorblock hat Enzo Berti entworfen, Kora heißt das Modell für Kreoo. Das Gebilde ruht in einem filigranen Eisengestell.

Und sogar Leuchten werden inzwischen aus dem Stein geformt. Ferruccio Lavianis Modell namens Totem für Citco ist in drei farbigen und zwei gold-adrigen weißen und schwarzen Marmorvarianten erhältlich. Der Kreative aus Mailand sagt: "Jedes Mal, wenn ich mit Marmor arbeite, ist das sehr spannend, denn es ist eine Herausforderung, dieses Material immer wieder anders aussehen zu lassen."

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